Montagsfrage: Im richtigen Alter?
Hallo ihr Lieben 😊
Was wir befürchtet hatten, ist eingetreten: Krümel, der Hund meiner Schwester, wurde am vergangenen Montag gegen 13 Uhr eingeschläfert. Es ging alles sehr schnell. Ich bin dankbar, dass ich es noch rechtzeitig geschafft habe, mich verabschieden und ihn in seinen letzten Minuten begleiten konnte. Das war wichtig für mich, um zu realisieren, dass sein Licht erloschen ist. Meine Schwester muss nun einige Entscheidungen treffen, bei denen ich sie natürlich so gut wie möglich unterstütze. Ich denke, es hilft ihr, dass ich das alles schon einmal erlebt habe und ihr mit meinen Erfahrungen zur Seite stehen kann. Zusammen stehen wir das durch.
Wie ihr seht, habe ich den wortmagieblog dennoch nicht in eine Trauerpause geschickt. Es ist seltsam, wie anders sich dieser Verlust anfühlt. Nach Chillis Tod war für mich nicht mal daran zu denken, Rezensionen zu schreiben und einfach weiterzumachen wie bisher. Jetzt beruhigt mich die Routine hingegen, sie gibt mir etwas, an dem ich mich festhalten kann. Ich bemühe mich trotzdem, mich mit meinen Emotionen auseinanderzusetzen, sie anzuerkennen und nicht zu verdrängen, was ich empfinde. Ich nehme mir Zeit. Nur gestalte ich diese Zeit dieses Mal völlig anders.
Die Montagsfrage der letzten Woche war dabei überraschend hilfreich. Wir sollten unsere häufigsten Rereads auflisten – dadurch wurde ich daran erinnert, wie viel mir „Lycidas“ von Christoph Marzi bedeutet. Mir wurde klar, dass das Buch in meiner aktuellen Situation perfekt ist. Also lese ich es jetzt noch einmal. Es tut mir unheimlich gut, mich in diese wundervolle Geschichte fallen zu lassen, die mich einfach nicht enttäuschen kann und die sich wie Balsam für meine Seele anfühlt. Ich kann mich darin emotional einwickeln wie in eine warme, weiche Decke: Sicher, vertraut und beruhigend. Die pure Magie von Herzensgeschichten. Sophia, ich danke dir für diesen Stubs, für diese Inspiration, durch die die Trauer ein wenig erträglicher ist. ❤️
Heute gibt es natürlich wieder eine neue Montagsfrage auf Wordworld – vielleicht ist ja auch diese eine Bereicherung.
Habt Ihr ein Lieblingsalter bezüglich Protagonist_innen, oder ist Euch deren Alter egal?
Habt Ihr ein Lieblingsalter bezüglich Protagonist_innen, oder ist Euch deren Alter egal?
Ja, tatsächlich gibt es ein Alter, das ich bevorzuge. Da es sich dabei allerdings um spezifische Umstände handelt, möchte ich erst einmal darlegen, wie ich generell zum Alter von literarischen Figuren stehe und dann den konkreten Fall erklären.
Das Alter von Protagonist_innen ist für mich kein kaufentscheidender Faktor. Ich wähle Bücher für meine Wunschliste nicht danach aus, wie alt die Figuren sind. Häufig erfährt man das ja auch gar nicht durch den Klappentext. Es kann aber durchaus ein leseentscheidender Faktor sein. Sicher haben wir alle schon mal Augenblicke erlebt, in denen wir dachten „Och nö, auf Teenagerdrama habe ich jetzt keine Lust“. Heißt, das Alter der Hauptcharaktere kann meine Lektüreauswahl durchaus beeinflussen. Eine prinzipielle Tendenz gibt es da nicht, es sind immer Momentaufnahmen. Heute möchte ich vielleicht nicht von Personen im letzten Abschnitt ihres Lebens lesen; eine Woche später dann vielleicht nicht von Kindern.
Das liegt daran, dass das Alter der Figuren die Handlung grundsätzlich prägt. Ein völlig normaler Umstand, denn die Lebenserfahrung schleicht sich immer in Wahrnehmungen, Perspektiven und Ansichten. Eine 16-Jährige erfährt Liebe ja zum Beispiel komplett anders als ein 55-jähriger Mann. Je nachdem, wonach mir der Sinn steht, passiert es deshalb oft, dass ich ein Buch auf dem SuB liegen lasse und lieber zu einem anderen greife, in dem das Alter der Figuren eher meiner Stimmung entspricht.
Hinzu kommt, dass das Alter der handlungsbestimmenden Personen regelmäßig Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nimmt. Meiner Erfahrung nach ist das stark genreabhängig und tritt besonders häufig in der Jugendliteratur, aber zum Beispiel auch in Krimis und Thrillern auf. Ich spreche von den berühmt-berüchtigten Stereotypen, die wir in einer anderen Montagsfrage schon mal diskutiert haben. Bestimmte Lebensabschnitte führen zu bestimmten Verhaltensweisen, die wiederum zu bestimmten Handlungsstrukturen führen.
Meine Geduld und Toleranz für solche altersabhängigen Erzählmuster sind zugegeben begrenzt. Ich suche immer nach originellen Geschichten, nicht nach der hundersten Variante desselben Schemas. Habe ich den Eindruck, dass das Alter der Figuren gewisse Stereotypen impliziert, kann es gut sein, dass ich das Buch gar nicht erst auf die Wunschliste setze. Dann ist das aber eine Folge des Handlungsaufbaus, nicht des Alters per se.
Mit dieser Überleitung komme ich nun auch zu meinem bevorzugten Alter von Protagonist_innen. Dies ist nämlich auch eine Vorliebe, die durch zu viele immer gleiche Romane entstanden ist und dazu noch mit Repräsentation zu tun hat. Frauen kommen in meinem Lieblingsgenre, der High Fantasy, seit Jahrzehnten zu kurz. Noch immer treten sie zu oft lediglich in nebensächlichen oder unterstützenden Rollen auf. Und wenn sie eine Hauptrolle bekommen, sind sie meistens eines: Jung. Das nervt mich tierisch, weil es nicht die Realität abbildet. Zu selten sind es reife Frauen, die die Handlung von High Fantasy – Epen bestimmen.
Darum feiere ich High Fantasy – Bücher, in denen die Hauptfigur eine Frau jenseits des 40. oder 50. Lebensjahrs ist. Das ist mein bevorzugtes Alter in diesem Genre. Ich mag es, von taffen Frauen zu lesen, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen und im besten Fall die Welt retten. Glücklicherweise gibt es mittlerweile einige Autor_innen, die den Reiz solcher Protagonistinnen erkannt haben. Dazu zählen zum Beispiel Robert Jackson Bennett, Alex Marshall und Jen Williams. Ihre Bücher haben mich alle stark beeindruckt, weil sie Spaß daran hatten, ihre fiktive Welt durch die Augen einer reifen Frau zu erkunden.
Wahrscheinlich hat meine Tendenz auch damit zu tun, dass ich mittlerweile selbst Ü30 bin und mich mit älteren Frauen besser identifizieren kann als mit jungen Frauen im Teenager-Alter. Das heißt nicht, dass ich Coming-of-Age – Geschichten nicht mögen würde. Ich lese sie immer noch gern. Aber den pragmatischen, geerdeten, selbstbewussten Perspektiven von Frauen „in den mittleren Jahren“ kann ich heutzutage oft einfach mehr abgewinnen.
Bevorzugt ihr ein bestimmtes Alter bei Hauptfiguren?
Ich freue mich wie immer sehr auf eure Beiträge und Kommentare und wünsche euch allen einen sanften Start in die neue Woche.
Alles Liebe,
Elli ❤️
Hallo Elli,
mein Beileid zu Chillis Tod.
Ich muss gestehen, ich konnte mich schon als Teenie auch nicht mit Teenies identifizieren…
Alles Gute
Ariane
Hey Ariane,
danke für dein Mitgefühl. ❤️
Ach doch, früher ging das schon besser, das muss ich schon zugeben. 😅
Liebe Grüße,
Elli
Ich denke, meine Antwort fällt ähnlich aus wie deine: Ich will nur noch begrenzt Geschichten über Frauen um die 20 lesen, die sich erst noch finden müssen, die die erste große Liebe erleben oder vom Bad Boy gerettet werden müssen. Oder diesen retten müssen. :-) Ich schätze schon mehr Geschichten von gestandenen Männern und Frauen, die neue Herausforderungen bewältigen.
Lieblingsalter der ProtagonistInnen?
Liebe Grüße
Aequitas et Veritas
Geht es dir mittlerweile auch so, dass dir mittlerweile für einige Spielarten von Teenager-Drama einfach die Geduld fehlt? Ich ertrage es oft nicht mehr, wenn die immer selben Konflikte zu den immer selben berechenbaren Reaktionen führen, aus denen ich schon sehr lange herausgewachsen bin.
Liebe Grüße,
Elli
Liebe Elli,
es freut mich natürlich riesig, dass dich die Montagsfrage von letzter Woche inspirieren konnte und deine schwierige Woche dadurch ein kleines bisschen einfacher wurde, das ist das schönste Feedback, das man bekommen kann! 😍
Deine Feststellung, dass eine gewisse Altersspanne auch häufig Erzählstereotypen mit sich bringt, ist natürlich berechtigt. Werden in Geschichten die drei typischsten Themen des aktuellen Entwicklungsabschnitts einfach wahllos zusammengeworfen und zu einer wenig originellen Mischung verbunden, kann mich das natürlich auch nicht überzeugen. Da verstehe ich deine Vorliebe für ungewöhlichere Alterskombinationen und wo ich so darüber nachdenke fällt mir auf, dass ich tatsächlich noch NIE einen High Fantasy Roman gelesen habe, in der eine Frau über 40 die Hauptrolle gespielt hätte. Ziemlich traurig!
Liebe Grüße
Sophia
Hey Sophia,
ganz genau, es IST traurig. In der High Fantasy existieren zu wenige Romane, die reifere Frauen fokussieren. Dabei bietet ihre Sichtweise so viele spannende Ansätze, weil sie mit anderen Konflikten und ganz allgemein mit anderen Themen hadern als ihre jungen Kolleginnen. Darüber hinaus finde ich es einfach großartig, dass diese Protagonistinnen oft eine eindeutige No-Bullshit-Attitüde vertreten, sich nichts gefallen lassen und meist auch äußerst intelligent sind. Wir brauchen mehr dieser bemerkenswerten Hauptcharaktere. Dringend.
Wenn du Lust hast, mal High Fantasy mit älteren Protagonistinnen zu lesen, kann ich dir die genannten Autor_innen übrigens sehr ans Herz legen. Sie verstehen was von Repräsentation. 😉
Liebe Grüße,
Elli
Liebe Sophia,
ich hab mir heute auch mal ein paar Gedanken über deine spannende Montagsfrage gemacht, denn das Thema beschäftigt mich öfter. Ich gehöre nämlich zu der Spezies, die eigentlich übers Jugendbuch hinausgewachsen sein müsste, es aber trotzdem gern liest. Was läuft da falsch bei mir? :-)
https://wortlicht.blog/2022/05/16/was-ist-das-beste-alter-fur-die-figuren-in-buchern/
LG, Tala
Hey Tala,
da läuft gar nichts falsch bei dir, das ist doch völlig okay! Wenn du dich weiterhin mit jugendlichen Protagonist_innen identifizieren kannst, ist alles bestens. Ich kann das auch, aber eben nur, wenn sie realistisch charakterisiert sind und nicht ein Stereotyp nach dem anderen verkörpern.
P.S.: Mein Name ist übrigens Elli, nicht Sophia.😉
Liebe Grüße,
Elli
Hi Elli,
jede Trauer ist anders und jeder Trauerfall wird anders verarbeitet. Ich denke, dass das vollkommen normal ist. Mein Beileid unbekannterweise an euch beide.
Ich denke schon, dass das eigene Alter auch eine Rolle spielt (oder spielen kann), wenn es darum geht, die Handlungen der Figuren nachzuvollziehen. Im High Fantasy ist es aber auch nicht selten, dass oftmals ein längerer Zeitraum der Hauptfiguren betrachtet werden.
Viele Grüße
Frank
Hey Frank,
danke für dein Beileid, ich weiß es zu schätzen. ❤️
Das stimmt, häufig lernt man die Figuren in der HF ja als Kinder kennen und sieht ihnen dann beim Aufwachsen zu. Möglicherweise ist das tatsächlich eine gute Taktik, um Identifikation zu erreichen, weil zumindest ich dadurch oft das Gefühl habe, sie sehr gut zu kennen.
Liebe Grüße,
Elli
Hallo Elli^^
Stimmt, das Alter steht wirklich eher selten auf dem Klappentext drauf, mir würden jetzt spontan auch nicht so viele Beispiele einfallen. In den meisten Geschichten spielt das Alter aber auch keine große Rolle.
Lg,
Kira
Hey Kira,
das sehe ich tatsächlich anders, denn wie gesagt, das Alter hat ja doch recht großen Einfluss auf die Wahrnehmungen und Ansichten der Figuren.
Liebe Grüße,
Elli
Hi Elli,
Trauere so, wie es dich überkommt. Ich wünsche dir aber von ganzem Herzen, dass dich der Tod von Krümel nicht so sehr aus der Bahn wirft, wie das bei deiner Chilli der Fall war.
Mich öden diese ewig gleichen Teenager-Dramen richtig an. Vielleicht bin ich davon altersmäßig einfach viel zu weit weg. Teenager sind nun mal nervig – auch im realen Leben… Ausnahmen bilden die Fälle, wenn ich als Leserin der Figur beim Aufwachsen zuschaue.
Ansonsten bin ich ganz deiner Meinung: Zu Protagonisten, die über eine starke Persönlichkeit verfügen, kann ich eine beim Lesen intensivere Beziehung herstellen. Glücklicherweise bin ich auch schon einigen richtig gestandenen Frauen der HF begegnet, auch wenn ich mir da noch mehr wünschen würde. Das Problem ist wohl auch, dass ich meist männliche HF-Autoren lese. Als Frau in den sogenannten besten Jahren kann ich mir vorstellen, dass es für Männer nicht gerade leicht ist, eine gereifte Frau als Hauptfigur treffend zu charakterisieren.
LG