Cover des Buches "The Ninth Rain" von Jen Williams

Titel: „The Ninth Rain“

Reihe: The Winnowing Flame Trilogy #1

Autor_in: Jen Williams

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 532 Seiten

Verlag: Headline

Sprache: Englisch

ISBN-10: 1472235185

Genre: Fantasy > High Fantasy

Ausgelesen: 12.10.2020

Bewertung: ★★★★☆

Wenn ich Fantasy-Autor_innen bespreche, berichte ich oft, dass ihre Karrieren maßgeblich von bestimmten Einflüssen geprägt wurden. Namen wie Tolkien fallen in hübscher Regelmäßigkeit, ebenso wie diverse Rollenspiele, vor allem natürlich Dungeons & Dragons. Jen Williams hingegen verdankt ihren Eintritt in die literarische Fantasy einem Videospiel. „Dragon Age“ von EA erneuerte ihre Liebe für das Genre und inspirierte sie, es als schriftstellerische Heimat in Betracht zu ziehen. Ihren Durchbruch feierte sie mit der Sword & Sorcery – Trilogie „Copper Cat“. Mit ihrer zweiten Trilogie „The Winnowing Flame“ und deren Auftakt „The Ninth Rain“ wagt sie sich noch tiefer in das Genre und erobert die epische Fantasy.

Einst galten die edlen Eborianer_innen als Beschützer_innen der Menschheit. Generation um Generation bewahrten sie die Bevölkerung von Sarn vor der Invasion der Jure’lia, des Wurmvolks. In acht Kriegen wehrten sie ihre Angriffe gemeinsam mit den Kriegsbestien ab, die ihnen ihr Baumgott Ygersil schenkte. Doch nach der letzten Schlacht verschwanden die Jure’lia und Ygersil begann zu sterben.

Viele Jahre später erträgt es Tormalin der Eidlose nicht länger, sein Volk dahinsiechen zu sehen. Er verlässt Ebora und schließt sich Lady Vincenza „Vintage“ de Grazon an, die in der irreversibel vergifteten Wildnis von Sarn die Überreste der Jure’lia erforscht. Dort begegnen sie der jungen Flammenhexe Noon, deren Kräfte ihnen kurz darauf das Leben retten. Sie sind auf ein Geheimnis gestoßen, das Ebora heilen könnte. Sie müssen so schnell wie möglich in Tors Heimat reisen – denn die Jure’lia sind noch nicht besiegt …

Einst galten die edlen Eborianer_innen als Beschützer_innen der Menschheit. Generation um Generation bewahrten sie die Bevölkerung von Sarn vor der Invasion der Jure’lia, des Wurmvolks. In acht Kriegen wehrten sie ihre Angriffe gemeinsam mit den Kriegsbestien ab, die ihnen ihr Baumgott Ygersil schenkte. Doch nach der letzten Schlacht verschwanden die Jure’lia und Ygersil begann zu sterben.

Viele Jahre später erträgt es Tormalin der Eidlose nicht länger, sein Volk dahinsiechen zu sehen. Er verlässt Ebora und schließt sich Lady Vincenza „Vintage“ de Grazon an, die in der irreversibel vergifteten Wildnis von Sarn die Überreste der Jure’lia erforscht. Dort begegnen sie der jungen Flammenhexe Noon, deren Kräfte ihnen kurz darauf das Leben retten. Sie sind auf ein Geheimnis gestoßen, das Ebora heilen könnte. Sie müssen so schnell wie möglich in Tors Heimat reisen – denn die Jure’lia sind noch nicht besiegt …

„The Ninth Rain“: Jen Williams lässt die weibliche High Fantasy strahlen

Was für ein Glück, dass Jen Williams Begeisterung für Fantasy-Videospiele empfindet. Andernfalls wäre uns eine großartige Genre-Autorin entgangen. Sie ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass die High Fantasy von weiblichen Stimmen enorm profitiert. „The Ninth Rain“ ist ein sensationeller Trilogieauftakt voller kreativer, origineller Ideen. Er ist frisch, neu und anders als alles, was ich bisher kennenlernen durfte, vor allem hinsichtlich des Worldbuildings.

Angriffe einer feindlichen Spezies sind in der High Fantasy keine Seltenheit – Angriffe einer außerirdischen Spezies hingegen schon. Jahrhundertelang wurden Sarn und Ebora periodisch von den Jure’lia attackiert. Im Gegensatz zu dem, was die umgangssprachliche Bezeichnung „Wurmvolk“ vermuten lässt, gruben sie sich jedoch nicht aus dem Boden. Sie kamen von oben. Die Jure’lia stammen nicht vom selben Planeten.

Demnach betreten wir in „The Ninth Rain“ eine Fantasy-Welt, die ein Science-Fiction-Problem hat: Eine drohende Alien-Invasion. Genau genommen ist „The Winnowing Flame“ daher ein Hybrid beider Genres. Ich liebe es, wenn sich Autor_innen diese Freiheit gestatten, weil es altbekannte Archetypen um aufregende Dynamiken und Konflikte erweitert. Konventionellen Motiven einen neuen Twist zu verleihen, scheint allerdings Williams‘ Spezialität zu sein.

Über die drei Hauptcharaktere Vintage, Tor und Noon erfahren Leser_innen beiläufig, dass die Historie von Sarn und Ebora hochgradig kompliziert und spannungsgeladen ist. Obwohl die elbenhaften Eborianer_innen die Menschheit wieder und wieder vor den Jure’lia retteten, ist die Beziehung der Völker in der Gegenwart von „The Ninth Rain“ alles andere als harmonisch.

Williams erläutert früh, warum sich das Verhältnis beinahe irreparabel verschlechterte – glaubt mir, diese Facette der Geschichte räumt jeden Zweifel aus, dass Ebora nicht von stereotypen Elben bevölkert wird. Ich fand dieses Detail äußerst faszinierend und konnte dadurch sehr schnell eine intensive Bindung zu Tor aufbauen, dessen tragische Biografie untrennbar mit dem Niedergang seiner Heimat verknüpft ist.

Er verbirgt seinen Schmerz hinter Nonchalance und offensiver Oberflächlichkeit, doch da Jen Williams in der personalen Erzählperspektive sehr nah an ihren Figuren bleibt, durchschaute ich seine Maskerade. Ich denke, dass auch Vintage – offiziell seine Arbeitgeberin, inoffiziell seine engste Freundin – sie als solche erkennt. Sie ist zu klug, um sich täuschen und an der Nase herumführen zu lassen.

Über die drei Hauptcharaktere Vintage, Tor und Noon erfahren Leser_innen beiläufig, dass die Historie von Sarn und Ebora hochgradig kompliziert und spannungsgeladen ist. Obwohl die elbenhaften Eborianer_innen die Menschheit wieder und wieder vor den Jure’lia retteten, ist die Beziehung der Völker in der Gegenwart von „The Ninth Rain“ alles andere als harmonisch.

Williams erläutert früh, warum sich das Verhältnis beinahe irreparabel verschlechterte – glaubt mir, diese Facette der Geschichte räumt jeden Zweifel aus, dass Ebora nicht von stereotypen Elben bevölkert wird. Ich fand dieses Detail äußerst faszinierend und konnte dadurch sehr schnell eine intensive Bindung zu Tor aufbauen, dessen tragische Biografie untrennbar mit dem Niedergang seiner Heimat verknüpft ist.

Er verbirgt seinen Schmerz hinter Nonchalance und offensiver Oberflächlichkeit, doch da Jen Williams in der personalen Erzählperspektive sehr nah an ihren Figuren bleibt, durchschaute ich seine Maskerade. Ich denke, dass auch Vintage – offiziell seine Arbeitgeberin, inoffiziell seine engste Freundin – sie als solche erkennt. Sie ist zu klug, um sich täuschen und an der Nase herumführen zu lassen.

Ich feiere Vintage. Frauen wie sie treten in High Fantasy – Geschichten noch immer zu selten in zentralen Positionen auf: Unabhängige, ehrgeizige, selbstbewusste Frauen jenseits der 40. Daher bin ich Jen Williams dankbar für ihre Konzeption und dafür, dass sie Vintage nicht auf ihre Rolle als Forscherin reduziert. Sie ist weder verschüchtert noch weltfremd. Als erfolgreiche Unternehmerin mit einem rentablen Weingut kann sie sich das auch nicht erlauben.

Ebenso starke Sympathie empfand ich für die junge Flammenhexe Noon. Ich glaube, dass sie für den weiteren Handlungsverlauf entscheidend sein wird, denn das magische grüne Feuer, das sie erzeugen kann, wird „winnowfire“ genannt – die Brücke zum Titel der Trilogie „The Winnowing Flame“ ist fix gebaut.

Ich fand „The Ninth Rain” spektakulär. Ich hätte gern fünf Sterne vergeben, musste aber einsehen, dass es für die Höchstwertung (noch) nicht reichte. Trotz mitreißender Actionspitzen braucht dieser erste Band eine ganze Weile, bis er in die Gänge kommt. Das sorgfältige Worldbuilding, das mich später befähigte, eigenständig Zusammenhänge herzustellen und Mutmaßungen zu formulieren, frisst zu Beginn eine Menge Zeit. Es dauerte, bis ich in der Handlung ankam – auch, wenn es das letztendlich wert war.

Jen Williams lässt die weibliche High Fantasy strahlen. Mir gefällt, dass sie als Schriftstellerin einen überzeugenden Trilogieauftakt abliefert, aber es freut mich besonders, dass „The Ninth Rain“ nicht ausgesprochen feminin ist. Für mich ist es ein Zeichen des Fortschritts, dass eine Autorin in der High Fantasy erfolgreich sein kann, ohne ihre Weiblichkeit demonstrativ zur Schau zu tragen. Williams schreibt keine „Fantasy für Frauen“. Sie schreibt Fantasy, Punkt. Und das macht sie verdammt gut.

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