Cover des Buches "Ancillary Justice" von Ann Leckie

Titel: „Ancillary Justice“

Reihe: Imperial Radch #1

Autor_in: Ann Leckie

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 384 Seiten

Verlag: Orbit

Sprache: Englisch

ISBN-10: 0356502406

Genre: Science-Fiction

Ausgelesen: 30.07.2021

Bewertung: ★★★★☆

„Ancillary Justice“ von Ann Leckie hat so ziemlich jeden bedeutenden literarischen Award der spekulativen Fiktion gewonnen. Zwischen 2013 und 2014 räumte der Auftakt der Trilogie „Imperial Radch“ unter anderem beim Nebula, Locus, Hugo und Arthur C. Clarke Award ab. Für mich gibt es kein Buch, das mehr „Science-Fiction!“ schreit als dieses.

Deshalb entwickelte ich bereits im Vorfeld meiner Lektüre eine interessante Beziehung zu „Ancillary Justice“. Für mich war es ein Meilenstein. Ich hatte das Gefühl, würde mir dieses Buch gefallen, wäre mein Knoten mit der Science-Fiction endgültig geplatzt. Rational betrachtet ist das natürlich Unsinn, denn meine Schwierigkeiten mit dem Genre sind längst nicht mehr aktuell. Ich habe sie überwunden.

Trotzdem empfand ich „Ancillary Justice“ als einen letzten großen Test, als finale Bestätigung, dass ich nun wirklich in der Science-Fiction angekommen bin und bei der Lektüreauswahl keine Vorsicht mehr walten lassen muss. Es wurde Zeit, mich selbst auf die Probe zu stellen.

Beine. Arme. Torso. Augen. Stimme. Äußerlich wirkt Breq wie ein Mensch. Im Inneren von Breqs Körper lebt jedoch ein Bewusstsein, das viel älter und weiter ist, als es sich ein Mensch je vorstellen könnte. Über Jahrhunderte war Breq das Raumschiff Justice of Toren – die künstliche Intelligenz eines interstellaren Truppentransporters, die tausende menschliche Körper kontrollierte. Mithilfe der sogenannten Ancillaries überwachte Justice of Toren im Auftrag des Imperiums Radch die Annexion hunderter Planeten. Doch die letzte Annexion endete in einer schrecklichen Tragödie. Justice of Toren wurde zerstört. Nur Breq überlebte als Fragment.

19 Jahre lang versteckte sich Breq an entlegenen Orten, fern vom Einfluss des Imperiums. Geduldig entwarf die KI einen Plan, der nun kurz vor der Vollendung steht. Endlich wird Breq diejenigen zur Rechenschaft ziehen, deren Geheimnisse für die Zerstörung der Justice of Toren verantwortlich waren, und Gerechtigkeit walten lassen. Nicht für sich selbst. Für das gesamte Imperium.

Beine. Arme. Torso. Augen. Stimme. Äußerlich wirkt Breq wie ein Mensch. Im Inneren von Breqs Körper lebt jedoch ein Bewusstsein, das viel älter und weiter ist, als es sich ein Mensch je vorstellen könnte. Über Jahrhunderte war Breq das Raumschiff Justice of Toren – die künstliche Intelligenz eines interstellaren Truppentransporters, die tausende menschliche Körper kontrollierte. Mithilfe der sogenannten Ancillaries überwachte Justice of Toren im Auftrag des Imperiums Radch die Annexion hunderter Planeten. Doch die letzte Annexion endete in einer schrecklichen Tragödie. Justice of Toren wurde zerstört. Nur Breq überlebte als Fragment.

19 Jahre lang versteckte sich Breq an entlegenen Orten, fern vom Einfluss des Imperiums. Geduldig entwarf die KI einen Plan, der nun kurz vor der Vollendung steht. Endlich wird Breq diejenigen zur Rechenschaft ziehen, deren Geheimnisse für die Zerstörung der Justice of Toren verantwortlich waren, und Gerechtigkeit walten lassen. Nicht für sich selbst. Für das gesamte Imperium.

„Ancillary Justice“: Ein Selbsttest mit bestmöglichem Ergebnis

Ich habe meinen Selbsttest bestanden. Ich fand „Ancillary Justice“ sensationell und wahnsinnig spannend! Ich fühlte mich wohl während der Lektüre und hatte mit dem ausgeprägten Science-Fiction-Rahmen überhaupt keine Probleme. Ich denke, ich bin jetzt wirklich in diesem Genre zuhause und ich danke Ann Leckie dafür, dass sie mir half, das zu erkennen.

Mich freut an diesem positiven Leseerlebnis besonders, dass mir „Ancillary Justice“ hervorragend gefiel, obwohl die Lektüre kein Spaziergang war. Ann Leckie verlangt von ihren Leser_innen definitiv eine Menge geistiger Flexibilität. Die Geschichte des Trilogieauftakts von „Imperial Radch“ ist komplex, anspruchsvoll und behandelt zahlreiche unübersichtliche Verwicklungen, die ich meist selbst in den größeren Kontext des Worldbuildings setzen musste, um ihre Signifikanz ableiten und deuten zu können.

Entscheidend für mein Verständnis der Ereignisse in der Gegenwart von „Ancillary Justice“ waren zwei Schlüsselmomente der weit zurückreichenden Vergangenheit des Imperiums Radch. Beide Zeitlinien schildert Ann Leckie aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur, die einst als Justice of Toren Zeug_in dieser Schlüsselmomente war und nun als Breq versucht, wieder in Ordnung zu bringen, was damals geschah.

Für mich war es nicht ganz einfach, Breq in meine Vorstellungkraft zu integrieren. Breq mag aussehen wie ein Mensch, ist es aber nicht. Im Kern ist Breq die letzte Instanz der haarsträubend leistungsfähigen künstlichen Intelligenz, die früher nicht nur das Raumschiff Justice of Toren kontrollierte, sondern auch tausende Ancillaries. Als Justice of Toren verstand sich Breq als einzelnes Bewusstsein vieler organischer und maschineller Körper.

Obwohl Ann Leckie sich alle Mühe gibt, dieses Identitätskonzept nachvollziehbar zu beschreiben, merkte ich, dass ich dabei an meine Grenzen stieß. Ich kann mir nicht vorstellen, mehrere Körper zu haben. Zudem fand ich die Idee der Ancillaries ausgesprochen abstoßend und gruselig, weshalb ich mich ihr auch nicht völlig öffnen wollte. Kennt ihr die Borg aus dem „Stark Trek“-Universum? Etwa so funktionieren Ancillaries.

Eine weitere Herausforderung war Ann Leckies Umgang mit dem Konzept von Gender. Das Imperium Radch kennt keine eindeutigen Gendermerkmale. Der Standard ist – im Gegensatz zu unserer Gesellschaft – das generische Femininum. Das heißt, Breq verwendet für alle Personen in „Ancillary Justice“ feminine Pronomen und hat darüber hinaus Schwierigkeiten, anhand äußerlicher Eigenschaften Genderkategorisierungen vorzunehmen.

Ich fand dieses Detail an sich großartig, wurde dadurch aber immer wieder mit den Beschränkungen meiner Konditionierung konfrontiert. Das war durchaus anstrengend – dennoch erschien es mir richtig, dass Leckie mich zwang, mich wieder und wieder zu korrigieren und durch Breq eine neue Perspektive einzunehmen, in der Gender einfach keine Rolle spielt.

Breqs Blickwinkel war jedoch noch aus einem anderen Grund hochgradig interessant und aufschlussreich: Als KI ist Breq kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft des Imperiums und existiert deshalb außerhalb des alles bestimmenden Kastensystems, das in seinem Aufbau stark an das antike Rom erinnert. An dessen Spitze steht eine cäsarische Führungsfigur, deren absolute Macht Ursprung und Treiber des Konflikts ist, der Breqs Handlungen in „Ancillary Justice“ motiviert.

Ihre Rollen wirken somit auf den ersten Blick diametral, in Wahrheit sind sie sich allerdings verblüffend ähnlich. Ihre Gemeinsamkeiten warfen für mich unzählige hochgradig faszinierende Fragen auf, die Ann Leckie im ersten Band ihrer Trilogie nicht lückenlos beantwortet. Dafür muss ich wohl auf die Folgebände hoffen.

Meiner Meinung nach ist „Ancillary Justice“ ein äußerst intelligenter, innovativer und origineller Science-Fiction-Roman. Die Lektüre forderte mich, denn Ann Leckie setzt voraus, dass sich ihre Leser_innen wirklich mit den Konzepten, die sie verarbeitet, beschäftigen. Sie erwartet Aufmerksamkeit und geistige Beweglichkeit – meine Leseerfahrung trübte das nicht, denn ich mochte es, dass sie mich animierte, meine mentalen Muskeln anzuspannen.

Als Selbsttest führte meine Lektüre von „Ancillary Justice“ zum bestmöglichen Ergebnis. Ich habe mich endlich davon überzeugt, dass ich der Science-Fiction gewachsen bin. Meilenstein bezwungen. Jetzt freue ich mich darauf, mein neu gewonnenes Selbstvertrauen dem Genre gegenüber für die beiden Folgebände von „Imperial Radch“ einzusetzen.

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