Cover des Buches "The Vagrant" von Peter Newman

Titel: „The Vagrant“

Reihe: The Vagrant #1

Autor_in: Peter Newman

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 404 Seiten

Verlag: Harper Voyager

Sprache: Englisch

ISBN-10: 0007593139

Genre: Fantasy > High Fantasy

Ausgelesen: 02.07.2022

Bewertung: ★★★★★

Als Peter Newman in seinen 20ern seine ersten Gehversuche als Schriftsteller unternahm, traf er eine Entscheidung, die seinen Traum einer literarischen Karriere für ca. zehn Jahre ins Wanken brachte. Er zeigte sein Manuskript viel zu früh seinem Freundeskreis. Er hoffte auf ihren Zuspruch – was er bekam, war scharfe, vernichtende Kritik, die sein Selbstbewusstsein so stark beschädigte, dass er sich ein Jahrzehnt lang nicht traute, wieder einen Stift in die Hand zu nehmen.

Glücklicherweise rettete ihn seine Ehefrau Emma Newman, die selbst eine erfolgreiche Schriftstellerin ist, vor einem Dasein als frustrierter Autor. Sie ermutigte ihn, es noch einmal zu wagen. Direkt am nächsten Tag begann Peter Newman erneut zu schreiben. Bis sein Debüt „The Vagrant“ erschien, vergingen jedoch abermals mehrere Jahre, denn er hatte es sich selbst richtig schwer gemacht: Sein Protagonist ist stumm.

Die Welt ist krank. Acht Jahre ist es her, dass der Bruch die infernalen Horden ausspie. Die Sieben und ihre Seraphritter konnten sie nicht aufhalten. Sie versagten in ihrer Pflicht, die Menschheit zu schützen. Seitdem vergiften die Kreaturen der Hölle das Land und verderben jede Seele, die ihren Weg kreuzt. Grauen und Verzweiflung breiten sich aus. Doch noch ist nicht alles verloren.

Tief in der Ödnis trägt der Vagant den letzten Funken Hoffnung der Menschen mit sich. Einen anderen Namen hat er nicht, denn er ist stumm. Unter seinem Mantel versteckt er ein Schwert und ein Baby. An seiner Seite reist eine Ziege durch die geschändete Welt. Ihr Ziel ist die Glänzende Stadt. Nur, wenn er seine kostbare Fracht dorthin bringt, kann sie die Waagschale des Krieges zugunsten der Menschheit verschieben. Aber der Weg ist weit und voller Gefahren. Kann der Vagant die Glänzende Stadt erreichen, bevor die Dämonen ihn stoppen?

Die Welt ist krank. Acht Jahre ist es her, dass der Bruch die infernalen Horden ausspie. Die Sieben und ihre Seraphritter konnten sie nicht aufhalten. Sie versagten in ihrer Pflicht, die Menschheit zu schützen. Seitdem vergiften die Kreaturen der Hölle das Land und verderben jede Seele, die ihren Weg kreuzt. Grauen und Verzweiflung breiten sich aus. Doch noch ist nicht alles verloren.

Tief in der Ödnis trägt der Vagant den letzten Funken Hoffnung der Menschen mit sich. Einen anderen Namen hat er nicht, denn er ist stumm. Unter seinem Mantel versteckt er ein Schwert und ein Baby. An seiner Seite reist eine Ziege durch die geschändete Welt. Ihr Ziel ist die Glänzende Stadt. Nur, wenn er seine kostbare Fracht dorthin bringt, kann sie die Waagschale des Krieges zugunsten der Menschheit verschieben. Aber der Weg ist weit und voller Gefahren. Kann der Vagant die Glänzende Stadt erreichen, bevor die Dämonen ihn stoppen?

„The Vagrant“: Mein Jahreshighlight 2022

Ein stummer Mann, eine Ziege und ein Baby. Als mir „The Vagrant“ zum ersten Mal begegnete, reagierte ich zuerst ungläubig, dann amüsiert auf diese sogar für die High Fantasy ungewöhnliche Figurenkonstellation. Ich konnte nicht widerstehen; ich musste einfach herausfinden, was es damit auf sich hat, welche Geschichte Peter Newman erzählt und ob mein Bauch mit seiner nachdrücklichen Prophezeiung, dass mich mit diesem Buch eine spektakuläre Leseerfahrung erwartete, richtig lag.

Was soll ich sagen? Mein Bauch ist ein wahrer Hellseher. Ich fand „The Vagrant“ von vorne bis hinten großartig! Peter Newman bereichert die High Fantasy um genau die Art neuer Stimme, der ich die ganze Zeit nachjage. Die Basis des sensationellen Trilogieauftakts bildet das klassische Quest-Motiv, aber Newmans Umsetzung ist dermaßen originell und unkonventionell, dass es überhaupt nicht altbacken oder eingestaubt wirkt. Vom Setting über den Erzähl- und Schreibstil bis zur Figurenkonzeption ist dieses Buch frisch, modern und schlicht phänomenal.

Lasst uns direkt zum Elefanten im Raum kommen: Der Protagonist von „The Vagrant“ ist stumm. Diese eine Eigenschaft ändert einfach alles. Dass er keine physische Stimme hat, hat Auswirkungen auf das Worldbuilding, die Dynamiken der Figuren, den Szenenaufbau und ganz generell auf die Art, wie Newman seine Geschichte erzählt, weil er der Versuchung widerstand, die fehlende Sprachfähigkeit des Vaganten über die Erkundung seines Innenlebens zu kompensieren. Das heißt, auch mir als Leserin standen lediglich seine nonverbalen Signale zur Verfügung, um ihn kennenzulernen und eine Ahnung seiner Gedanken sowie Gefühle zu entwickeln. Darüber hinaus konnte ich ausschließlich auf die Beobachtungen anderer Figuren zurückgreifen.

Konnte ein Buch jemals beweisen, wie überbewertet Sprache ist, dann „The Vagrant“. Nicht nur zeigt Peter Newman eindrucksvoll, wie mächtig Mimik und Gestik innerhalb der menschlichen Kommunikation sind, er demonstriert auch, dass Dialoge für die Konstruktion eines Charakters und seiner Beziehungen nicht zwingend notwendig sind. Obwohl Newman mir nicht erlaubte, in den Vaganten hineinzuhorchen, hatte ich nicht die geringsten Schwierigkeiten, eine stabile emotionale Verbindung zum ihm aufzubauen und mich in ihn hineinzuversetzen. Das ist extrem beeindruckend.

Ein paar Ankerpunkte musste Peter Newman allerdings trotzdem liefern, sonst hätte seine einzigartige Herangehensweise an „The Vagrant“ vermutlich nicht funktioniert. Deshalb entschied er einerseits, parallel zum beiläufigen Worldbuilding der Gegenwart Kapitel zu integrieren, die die Vergangenheit und Vorgeschichte der infernalen Invasion schildern. Ich fand diese Abschnitte sehr hilfreich, um zu erkennen, dass der Vagant durch eine technisch einst recht weit entwickelte High Fantasy-Welt wandert, die eine übernatürliche Apokalypse erlitt.

Anfangs war ich nämlich unschlüssig, ob es sich um ein fiktives oder reales Setting handelt, weil mich die Parallelen zur Science-Fiction und christlichen Mythologie verwirrten. Da Newman jedoch ein ungemein kontrollierter, disziplinierter Autor ist, der sein Handwerk versteht, versorgte er mich stets rechtzeitig mit den Informationen, die ich brauchte, um die aktuellen Ereignisse einordnen und daraus das Gesamtbild und den Kontext von „The Vagrant“ zusammensetzen zu können. Ich fühlte mich gut aufgehoben und vertraute seinen Fähigkeiten als Schriftsteller schnell.

Andererseits beleuchtet er die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren, die den Vaganten begleiten, sehr gewissenhaft und ausführlich. Dabei erschien es mir bemerkenswert, dass er sie alle konsequent gleichwertig behandelt. Es gibt in „The Vagrant“ keine „minderen“ Figuren. Ob er nun Einblicke in die Emotionen eines erwachsenen Mannes, der Ziege oder des Säuglings gewährt – sie alle erhalten denselben Raum für ihre Perspektive.

Ich durfte miterleben, wie sehr es das Baby frustriert, sich (noch) nicht allein umdrehen zu können und wurde Zeugin der genervten Verständnislosigkeit der Ziege für den Quatsch, den Menschen von ihr verlangen. Die Ernsthaftigkeit, mit der Peter Newman ihre Wahrnehmungen beschreibt, entlockte mir das eine oder andere Schmunzeln – vor allem empfand ich sie aber als außergewöhnlich respektvoll.

Zudem muss ich ihm für sein feministisches Verständnis von Männlichkeit applaudieren. Gerade in der High Fantasy sind männliche Figuren selten so offensiv sanft, warmherzig und frei von Gewaltbereitschaft. Keiner der Männer in dieser Geschichte wirkt schwach oder verweichlicht, weil er seine Gefühle offen kommuniziert, ungern kämpft und innige, liebevolle Freundschaften zu anderen Männern pflegt, die nichts mit Homoerotik zu tun haben. Meiner Meinung nach trägt „The Vagrant“ mit dieser entgifteten Darstellung von Maskulinität aktiv dazu bei, überholte gesellschaftliche Rollenbilder und Stereotype zu überwinden. Denn die betreffen eben nicht nur Frauen.

„The Vagrant“ war mein Jahreshighlight 2022. Allein dieser Fakt sollte euch viel darüber verraten, wie unglaublich gut mir der Trilogieauftakt gefallen hat. Durch die Stummheit seines Protagonisten war Peter Newman gezwungen, altbekannte Muster völlig neu zu gestalten und Lösungen für Fragen zu finden, mit denen seine Kolleg_innen gar nicht erst konfrontiert werden. Er musste kreativ werden, ihm blieb nichts anderes übrig.

Das Ergebnis ist ein grandioser Roman, der all meine Erwartungen übertraf. „The Vagrant“ erzählt eine nervenaufreibend spannende Geschichte, die dank vieler ungewöhnlicher Elemente und Wendungen niemals berechenbar ausfällt und darüber hinaus eine wundervolle Botschaft von Hoffnung und dem Wert von Familie vermittelt. Ich bewundere Peter Newman dafür, dass er sich so erfolgreich gegen den leichten Weg und ganz bewusst für die Herausforderung entschied.

Darum konnte sich sein Debüt mühelos gegen über 60 andere Bücher durchsetzen und den Platz ganz oben auf meinem persönlichen Treppchen ergattern. Ich freue mich, dass ich mit dieser Rezension dazu beitragen kann, „The Vagrant“ und den Folgebänden der gleichnamigen Trilogie etwas mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Wenn mich ein Autor und sein Buch so nachhaltig begeistern, gebe ich liebend gern etwas zurück.

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