Cover des Buches "The Grace of Kings" von Ken Liu

Titel: „The Grace of Kings“

Reihe: The Dandelion Dynasty #1

Autor_in: Ken Liu

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 618 Seiten

Verlag: Saga Press

Sprache: Englisch

ISBN-10: 1481424289

Genre: Fantasy > High Fantasy

Ausgelesen: 01.05.2022

Bewertung: ★★★★★

Ken Lius Karriere als Autor begann mit Kurzgeschichten. Das ist nicht ungewöhnlich, viele Schriftsteller_innen versuchen sich zuerst an dieser Gattung, bevor sie sich an Romane heranwagen. Der Erfolg, den der US-Amerikaner mit chinesischen Wurzeln hatte, ist allerdings durchaus außergewöhnlich. Seine Geschichte „The Paper Menagerie“ war die erste Fiktion, die den Nebula, Hugo und World Fantasy Award im selben Jahr gewann. Als sein Debütroman „The Grace of Kings“ 2015 erschien, hatte er bereits hunderte Kurzgeschichten an verschiedene Science-Fiction-Magazine verkauft und konnte von den Erlösen leben.

Die Entscheidung, zu Romanen zu wechseln, traf Ken Liu ganz bewusst. Die Inspiration für die „Dandelion Dynasty“ fand er dank eines Hinweises seiner Ehefrau in der chinesischen Historie. Er beschloss, sich am Chu-Han-Konflikt zu orientieren, der zwischen 206 bis 202 vor Christus den Sturz der Qin-Dynastie und die Gründung der Han-Dynastie einläutete. Mithilfe dieses Ausgangspunktes macht er sich daran, abseits der konventionellen westlichen Narrative die Ausbildung der Moderne zu hinterfragen. Und wie wird die Moderne traditionell geboren? In den Feuern der Revolution.

Einst träumte König Réon von Xana davon, die sieben Staaten des Archipels Dara zu vereinen. Er wollte die ständigen Kriege beenden und eine großartige Nation schaffen, verbunden durch eine Sprache, eine Kultur und ein Recht. Sein Traum wurde wahr: Er eroberte alle sechs Nachbarstaaten und wurde zum Regenten gekrönt. Seitdem herrscht er als Kaiser Mapidéré über ganz Dara.

Aber an Mapidérés Traum klebt Blut. Er bringt Leid und Elend über die Bevölkerung. Seine harschen Gesetze säen Armut, Hunger und Verzweiflung. Kaum eine Generation nach Mapidérés Machtübernahme formiert sich Widerstand. Was als kleine Revolte unter Zwangsarbeitern beginnt, breitet sich rasend schnell aus, greift um sich und gerät völlig außer Kontrolle, bis das vereinte Dara erneut zersplittert.

Inmitten der Unruhen steigen zwei sehr unterschiedliche Männer als Anführer auf, die erst zu Verbündeten und dann zu Freunden werden: Kuni Garu und Mata Zyndu. Doch als die Revolution an Momentum gewinnt, müssen sie feststellen, dass sie nicht dieselbe Vision teilen. Aus Freunden werden erbitterte Feinde. Wem steht es zu, die Zukunft Daras zu gestalten?

Einst träumte König Réon von Xana davon, die sieben Staaten des Archipels Dara zu vereinen. Er wollte die ständigen Kriege beenden und eine großartige Nation schaffen, verbunden durch eine Sprache, eine Kultur und ein Recht. Sein Traum wurde wahr: Er eroberte alle sechs Nachbarstaaten und wurde zum Regenten gekrönt. Seitdem herrscht er als Kaiser Mapidéré über ganz Dara.

Aber an Mapidérés Traum klebt Blut. Er bringt Leid und Elend über die Bevölkerung. Seine harschen Gesetze säen Armut, Hunger und Verzweiflung. Kaum eine Generation nach Mapidérés Machtübernahme formiert sich Widerstand. Was als kleine Revolte unter Zwangsarbeitern beginnt, breitet sich rasend schnell aus, greift um sich und gerät völlig außer Kontrolle, bis das vereinte Dara erneut zersplittert.

Inmitten der Unruhen steigen zwei sehr unterschiedliche Männer als Anführer auf, die erst zu Verbündeten und dann zu Freunden werden: Kuni Garu und Mata Zyndu. Doch als die Revolution an Momentum gewinnt, müssen sie feststellen, dass sie nicht dieselbe Vision teilen. Aus Freunden werden erbitterte Feinde. Wem steht es zu, die Zukunft Daras zu gestalten?

„The Grace of Kings“: Ken Lius Ehrgeiz lässt mich erzittern

Ahhh, es ist doch immer wieder schön, wenn mein Bauchgefühl bestätigt wird. „The Grace of Kings“ fiel mir 2019 in einer Buchhandlung in die Hände. Ich hatte zuvor weder von der „Dandelion Dynasty“ noch von Ken Liu gehört, der Reihenauftakt stand also nicht auf meiner Wunschliste. Beim Lesen des Klappentextes entwickelte ich jedoch sofort die felsenfeste Überzeugung, dass es genau die richtige Lektüre für mich sein würde. Anhand der Bewertung seht ihr, dass ich damit Recht hatte. Ich bin sonst ja nicht so leicht davon zu überzeugen, einem ersten Band direkt fünf Sterne zu verleihen, aber bei „The Grace of Kings“ konnte und wollte ich nicht anders.

„The Grace of Kings“ ist so, so gut, ich bin immer noch völlig geflasht. Hochgradig politisch und komplex erzählt der Autor im Auftakt eine Geschichte gesellschaftlichen Wandels im ganz großen Stil. Vom ersten Flüstern einer Rebellion gegen ein unterdrückerisches, ungerechtes System bis zur Verwandlung dieser Rebellion in ein eigenes System, das möglicherweise gerechter als sein Vorgänger ist, erleben Leser_innen jede Phase mit, dürfen Zeug_innen von Schlachten, Intrigen, Verhandlungen, Freundschaft und Feindschaft werden. Parallel schildert Ken Liu auch die Geschichte zweier völlig unterschiedlicher Philosophien und Visionen der Zukunft, die nicht vereinbar sind und die beiden Hauptfiguren Kuni Garu und Mata Zyndu unwiderruflich spalten.

Abgesehen von Steven Eriksons „Malazan Book of the Fallen“ habe ich lange keine High Fantasy mehr gelesen, die so ambitioniert ist wie „The Grace of Kings“. Das Alleinstellungsmerkmal besteht meiner Meinung nicht darin, dass dieses Buch hochpolitisch, hochkomplex und hochintelligent ist, denn das sind viele andere Romane des Genres ebenfalls. Nein, für mich zeichnet sich „The Grace of Kings“ vor allem durch die Erzählweise aus, die mir so noch nicht begegnet ist.

Die Lektüre strahlt eine unvergleichliche Würde aus, weil sie an eine Lektion in Historie erinnert: Jahrhunderte später analysiert Ken Liu für uns als Publikum die Ereignisse, die zu Machtverschiebungen in Dara führten. Dafür nimmt er abwechselnd Vogel- und Froschperspektive ein, erhält jedoch permanent eine professionelle, seriöse Distanz aufrecht, die es ihm erlaubt, das Gesamtbild im Blick zu behalten und die Objektivität des Historikers zu wahren. Dadurch fühlte ich mich beim Lesen sehr unabhängig und niemals manipuliert, obwohl er meine Sympathien natürlich definitiv subtil steuerte.

Tempo, Taktung und Spannungsbogen profitieren ebenfalls von der immersiven, elaborierten Illusion einer Geschichtsstunde. Meinem Empfinden nach bewegt sich „The Grace of Kings“ entlang der perfekten Balance aus Vorhersehbarkeit und Unberechenbarkeit. Während Ken Liu mit den Details seiner Handlung regelmäßig überrascht, schockiert und verblüfft, befähigt er seine Leser_innen gezielt, die generelle Richtung der politischen Schachzüge der involvierten Parteien vorausahnen zu können. Er sät ein tiefes Verständnis für ihre Motivationen, wodurch jede_r, der_die ein bisschen von Politik versteht, ein zuverlässiges Gespür dafür entwickelt, was sie tun werden. Ich habe mich beim Lesen des Reihenauftakts intelligent und gebildet gefühlt, was meine positive Leseerfahrung wahnsinnig verstärkte.

Lui arbeitet methodisch mit Archetypen, um spezifische Aspekte von „The Grace of Kings“ zu betonen und hervorzuheben. Allein der scharfe Kontrast zwischen Kuni und Mata, ihre beinahe überzeichnete Gegensätzlichkeit, ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie er ihre identitären Grundpfeiler nutzt, um die Dynamik ihres Konfliktes und dessen Folgen zu verdeutlichen. Zudem belässt er es selbstverständlich nicht bei scherenschnittartigen Archetypen, sondern charakterisiert jede Figur gewissenhaft, glaubwürdig und lebendig. Es gibt keine einzige Person im umfangreichen Cast von „The Grace of Kings“, die mich nicht überzeugte.

All das spielt sich vor einer Kulisse ab, die viele High Fantasy – Fans erleichtert aufatmen lassen wird. Endlich mal kein europäisches Mittelalter. Ken Liu ist es sehr wichtig, dass „The Dandelion Dynasty“ nicht als „chinesische Fantasy“ verstanden wird und ich habe nie in Zweifel gezogen, dass er mit dem Archipel Dara eine eigenständige, kreative und originelle Welt erschaffen hat. Dennoch sind die Einflüsse der chinesischen Historie kaum zu übersehen – und ich bin dankbar dafür. Sein Worldbuilding orientiert sich unterschwellig an vielen Aspekten des antiken Chinas, von kulturellen und religiösen Eigenheiten über Moralvorstellungen bis zur Ernährung. Ein Highlight ist sein Einsatz technischer und wissenschaftlicher Innovationen, die mich wirklich in Staunen versetzten.

„The Grace of Kings“ ist der schillernde Beweis dafür, wie viel wir und die High Fantasy gewinnen können, wenn Autor_innen westliche Narrative hinterfragen und sich von den Geschichten anderer Kulturen inspirieren lassen. Ich bin hellauf begeistert und zutiefst beeindruckt vom Auftakt der „Dandelion Dynasty“. Dass mich Ken Liu einlud, ihn auf dieser sehr persönlichen Reise zu seinen Wurzeln zu begleiten; zu beobachten, wie er aus den Geschichten, die ihn sein Leben lang prägten, sein eigenes, atemberaubendes Epos konzipierte, flößt mir Ehrfurcht und Respekt ein. Ich erzitterte vor seinem Ehrgeiz.

Für mich ist „The Grace of Kings“ ein Meisterwerk und einer der besten ersten Bände, die ich seit langem gelesen habe. Das Buch hat einfach alles: Liebe, Hass, Freundschaft, Rache, Verrat, Loyalität, Intelligenz, Dummheit und so viel mehr. Und dabei ist es nur der Anfang einer insgesamt vierbändigen Geschichte! Ich kann es kaum erwarten, die Folgebände zu lesen.

Wenn ihr Steven Erikson liebt, wenn ihr Patrick Rothfuss, Scott Lynch und George R. R. Martin am liebsten zwingen würdet, endlich weiterzuschreiben, müsst ihr Ken Liu und der „Dandelion Dynasty“ eine Chance geben. Dieses Epos wird euch strahlen lassen.

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