Kapitel 4

Kapitel 4

Lebensziel Epos – Die Entstehung von „Das verlorene Paradies“

In den letzten Kapiteln haben wir jede Menge Kontextwissen aufgebaut. Ihr wart sehr geduldig, dafür danke ich euch. Da wir durch das dritte Kapitel nun auch John Miltons Glaubenssätze kennen und wissen, welche Ideale er vertrat, können wir uns im vierten Kapitel endlich mit „Das verlorene Paradies“ befassen. Was ist das für ein Buch, worum geht es und warum hielt ich es für notwendig, euch zuerst so umfangreich über England im 17. Jahrhundert, John Miltons Biografie und seine Weltsicht aufzuklären?

„Das verlorene Paradies“ ist ein episches Gedicht in über 10.000 Blankversen, in dem John Milton Luzifers gescheiterte Rebellion im Himmel, den anschließenden Sündenfall im Paradies und die daraus resultierende Verbannung der Menschen aus dem Garten Eden schildert.

In den letzten Kapiteln haben wir jede Menge Kontextwissen aufgebaut. Ihr wart sehr geduldig, dafür danke ich euch. Da wir durch das dritte Kapitel nun auch John Miltons Glaubenssätze kennen und wissen, welche Ideale er vertrat, können wir uns im vierten Kapitel endlich mit „Das verlorene Paradies“ befassen. Was ist das für ein Buch, worum geht es und warum hielt ich es für notwendig, euch zuerst so umfangreich über England im 17. Jahrhundert, John Miltons Biografie und seine Weltsicht aufzuklären?

„Das verlorene Paradies“ ist ein episches Gedicht in über 10.000 Blankversen, in dem John Milton Luzifers gescheiterte Rebellion im Himmel, den anschließenden Sündenfall im Paradies und die daraus resultierende Verbannung der Menschen aus dem Garten Eden schildert.

Ölgemälde aus dem 19. Jahrhundert, auf dem Eva Adam einen Apfel vom Baum der Erkenntnis reicht

Gemälde von Adam und Eva im Garten Eden

Gustave-Claude-Étienne Courtois artist QS:P170,Q2061725 Gustave-Claude-Étienne Courtois creator QS:P170,Q2061725, Adam et Eve - Gustave Courtois, CC BY-SA 3.0

Meine Rezensionen enthalten normalerweise eine richtige Zusammenfassung des Inhalts, da dies jedoch keine normale Rezension ist, möchte ich in diesem Fall darauf verzichten, weil die Handlung weniger entscheidend ist als die Art und Weise, wie Milton die biblische Geschichte erzählt.

Ich gehe außerdem davon aus, dass euch zumindest die Eckdaten der Erzählungen geläufig sind, selbst, wenn ihr keine Christ_innen seid. Beide Geschichten haben eine lange kulturelle Tradition, wurden über die Jahrhunderte unzählige Male reproduziert und sind nicht zuletzt in die Popkultur eingegangen (denkt nur an die Serie „Lucifer“). Ich denke, ich kann darauf vertrauen, dass ihr sie kennt.

John Milton schrieb den Großteil von „Das verlorene Paradies“ zwischen 1658 und 1663/1664. Wie wir wissen, war er damals bereits vollständig erblindet; genau genommen schrieb er das Manuskript also nicht selbst, sondern diktierte es unter anderem seiner Familie. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass er einige Passagen durchaus noch persönlich zu Papier gebracht hatte.

Der Experte John Leonard geht davon aus, dass viele der Ideen für das Epos deutlich älter sind und vielleicht sogar aus seiner Kindheit stammen. Religion war von Kindesbeinen an ein fundamentaler Bestandteil seiner Bildung und christliche Themen und Motive finden sich in seinen frühen Gedichten zuhauf. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Milton jahrzehntelang davon träumte, eines Tages ein großes Epos in der Tradition antiker Dichter wie Homer und Vergil zu schreiben – obwohl er eigentlich nicht plante, darin ein biblisches Thema zu behandeln.

Epos oder Tragödie – warum nicht beides?

Im 17. Jahrhundert erwarteten die Gesellschaft und vor allem akademische Kreise von einem Epos, den Geist einer Nation widerzuspiegeln. John Milton wollte ein Epos für England schreiben, eine Geschichte, die die Identität seiner Heimat erfasste und der bewegten Historie Englands stolz Rechnung trug. Schon in den frühen 1640er Jahren, nach seiner Rückkehr von seiner Grand Tour nach London, begann er, gezielt nach einem passenden Thema zu suchen, mit dem ihm beides gelingen konnte.

Er spielte lange ernsthaft mit dem Gedanken, die Artussage in den Mittelpunkt seines Epos zu stellen. Dieser Plan änderte sich jedoch durch den Ausbruch des englischen Bürgerkriegs 1642. Ein Heldenepos über König Artus oder andere prominente Figuren der britischen Geschichte bzw. Mythologie hätte aus Miltons Sicht zu diesem heiklen Zeitpunkt einen fragwürdigen Patriotismus suggeriert, der seinen antimonarchistischen Überzeugungen widersprochen hätte. Er brauchte ein neues Thema.

Wir können davon ausgehen, dass John Milton etwa zur selben Zeit an einer Tragödie arbeitete, die die Verbannung aus dem Paradies auf die Bühne bringen sollte. Wann genau er damit begonnen hatte, ist leider nicht bekannt, aber sein Neffe und späterer Biograf Edward Phillips berichtete, dass er erste Zeilen aus der Perspektive Luzifers bereits 1642 las. Die Umsetzung als Bühnenstück stellte Milton allerdings schnell vor ein Problem, das im 17. Jahrhundert nicht zu unterschätzen war.

Wollte er Adam und Eva authentisch im Garten Eden vor dem Sündenfall zeigen, mussten sie nackt sein. Das war damals vollkommen indiskutabel, undenkbar und schlicht unmöglich. Er konnte keine nackten Menschen auf die Bühne stellen und schon gar kein Paar, das Zärtlichkeiten austauschte. Es hätte für ihn sicher Optionen gegeben, den garantierten Skandal zu umgehen. Zum Beispiel hätten die Schauspieler_innen fleischfarbene Kostüme tragen können oder er hätte Adam und Eva erst nach dem Sündenfall zeigen können, immerhin notdürftig bedeckt mit Feigenblättern. Milton wollte beides nicht.

Adams und Evas Nacktheit, ihre Unschuld, war wichtig. Also musste er eine andere Lösung finden. Er erkannte, dass er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte. Er konnte Adam und Eva ungeachtet ihres Bekleidungsstatus vor, während und nach dem Sündenfall zeigen und gleichzeitig endlich das Epos schreiben, von dem er schon so lange träumte – wenn er die Verbannung aus dem Paradies als Thema seines Epos wählte. Das Konzept für „Das verlorene Paradies“ war geboren.

Erste Seite des Originalmanuskrips von „Das verlorene Paradies“ in der Handschrift eines Sekretärs

Erste Seite des Originalmanuskrips von „Das verlorene Paradies“ in der Handschrift eines Sekretärs

John Milton, Paradise Lost Manuscript 02, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Der lange Schreibprozess des Epos

Wann John Milton die Entscheidung für dieses Konzept fällte, ist ebenso unklar wie die Frage, wann er zuerst begann, überhaupt über das Thema zu schreiben. Eine exaktere zeitliche Einordnung als „irgendwann zwischen 1640 und 1658“ ist leider nicht möglich. Wir wissen hingegen, dass Milton in diesen Jahren insgesamt vergleichsweise wenig Lyrik produzierte. John Leonard vermutet, dass ihm seine politischen Pamphlete damals angesichts der politischen Situation vor und nach dem Bürgerkrieg einfach wichtiger waren, diese ihm drängender erschienen. Ich halte das für plausibel. Er liebte seine politische Arbeit und wir dürfen nicht vergessen, dass er eigentlich nie vorhatte, Dichter zu werden.

Ölgemälde von Eugène Delacroix, das John Milton zeigt, während er seinen Töchtern das Epos „Das verlorene Paradies“ diktiert

John Milton diktiert seinen Töchtern „Das verlorene Paradies“

Eugène Delacroix artist QS:P170,Q33477, Milton diktiert seinen Töchtern das »Paradise Lost« (Eugène Ferdinand Victor Delacroix), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Nachdem er ca. 1658 angefangen hatte, ernsthaft daran zu arbeiten, brauchte John Milton zwischen fünf und sechs Jahre, bis „Das verlorene Paradies“ fertig war. Warum so lange, fragt ihr euch? Das habe ich mich auch gefragt, habe im Zuge meiner Recherchen aber leider keine Antwort gefunden. Darum habe ich mir selbst eine Erklärung aus mehreren Gründen zusammengebastelt, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Erst einmal: Das Gedicht umfasst über 10.000 Verse und behandelt wirklich schwere, sensible Kost. Glaubensfragen waren damals wie heute ja alles andere als trivial. Milton musste jede Menge Fingerspitzengefühl einsetzen. Die Qualität seiner Arbeit war ihm natürlich ebenfalls wichtig, denn er wollte mit seinem Epos in die Geschichte eingehen. Außerdem konnte er wahrscheinlich nicht einfach drauf los schreiben, wann immer es ihm passte. Erinnert euch, er war blind und darauf angewiesen, neue Passagen jemandem zu diktieren. Selbst seine Töchter werden vermutlich nicht immer verfügbar gewesen sein und sei es nur, weil sie schliefen.

Bis 1660 war er zudem noch immer „Secretary of Foreign Tongues“ und hatte sicherlich nur begrenzt Gelegenheit, an seinem Epos zu arbeiten, weil er parallel weiterhin politische Schriften verfasste und übersetzte. 1660 wurde dann die Monarchie wieder eingeführt und Milton musste fliehen, sich verstecken und wäre beinahe mindestens für lange Zeit im Gefängnis gelandet, wenn nicht Schlimmeres. „Das verlorene Paradies“ stand in dieser Phase garantiert nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste.

Nachdem er ca. 1658 angefangen hatte, ernsthaft daran zu arbeiten, brauchte John Milton zwischen fünf und sechs Jahre, bis „Das verlorene Paradies“ fertig war. Warum so lange, fragt ihr euch? Das habe ich mich auch gefragt, habe im Zuge meiner Recherchen aber leider keine Antwort gefunden. Darum habe ich mir selbst eine Erklärung aus mehreren Gründen zusammengebastelt, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Erst einmal: Das Gedicht umfasst über 10.000 Verse und behandelt wirklich schwere, sensible Kost. Glaubensfragen waren damals wie heute ja alles andere als trivial. Milton musste jede Menge Fingerspitzengefühl einsetzen. Die Qualität seiner Arbeit war ihm natürlich ebenfalls wichtig, denn er wollte mit seinem Epos in die Geschichte eingehen. Außerdem konnte er wahrscheinlich nicht einfach drauf los schreiben, wann immer es ihm passte. Erinnert euch, er war blind und darauf angewiesen, neue Passagen jemandem zu diktieren. Selbst seine Töchter werden vermutlich nicht immer verfügbar gewesen sein und sei es nur, weil sie schliefen.

Ölgemälde von Eugène Delacroix, das John Milton zeigt, während er seinen Töchtern das Epos „Das verlorene Paradies“ diktiert

John Milton diktiert seinen Töchtern „Das verlorene Paradies“

Eugène Delacroix artist QS:P170,Q33477, Milton diktiert seinen Töchtern das »Paradise Lost« (Eugène Ferdinand Victor Delacroix), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Bis 1660 war er zudem noch immer „Secretary of Foreign Tongues“ und hatte sicherlich nur begrenzt Gelegenheit, an seinem Epos zu arbeiten, weil er parallel weiterhin politische Schriften verfasste und übersetzte. 1660 wurde dann die Monarchie wieder eingeführt und Milton musste fliehen, sich verstecken und wäre beinahe mindestens für lange Zeit im Gefängnis gelandet, wenn nicht Schlimmeres. „Das verlorene Paradies“ stand in dieser Phase garantiert nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste.

Danach musste er sich bestimmt erst mal erholen und verarbeiten, was geschehen war, bevor er wirklich weiterarbeiten konnte. Unter all diesen Umständen erscheinen mir fünf, sechs Jahre für dieses Epos gar nicht mehr so lang.

Veröffentlichung mit Verzögerung

Was ich mir hingegen nicht ganz schlüssig erklären kann, sind die drei bis vier Jahre, die vergingen, bis er sein Manuskript verkaufte. Die englische Wikipedia gibt als Verkaufsdatum den 27. April 1667 an. Käufer war der Verleger Samuel Simmons. Hm. Warum wurde John Milton „Das verlorene Paradies“ nicht sofort aus den Händen gerissen? Schließlich war er ein bekannter Autor, der sich in den vergangenen Jahrzehnten durchaus einen Namen gemacht hatte. Wieder kann ich nur spekulieren.

Titelseite der Originalausgabe von „Das verlorene Paradies“ von 1667

Titelseite der Originalausgabe von „Das verlorene Paradies“ von 1667

John Milton creator QS:P170,Q79759, Houghton EC65.M6427P.1667aa - Paradise Lost, 1667, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Wir wissen nicht, ob Milton tatsächlich sofort versuchte, „Das verlorene Paradies“ zu veröffentlichen. Vielleicht lag es auch erst eine gewisse Zeit in einer Schublade, bevor er entschied, dass er die Welt an seinem Epos teilhaben lassen wollte. Ich kann mir außerdem vorstellen, dass es für ihn gar nicht so einfach war, „Das verlorene Paradies“ zu verkaufen.

Er hatte viele Jahre kaum Lyrik verfasst. Seine letzte poetische Veröffentlichung vor „Das verlorene Paradies“ war 1655 das Sonett „On the Late Massacre of Piedmont“. Möglicherweise hatte er seinen guten Ruf als Dichter zum Teil seiner politischen Karriere geopfert. Verleger_innen hatten vielleicht einfach kein Vertrauen darin, dass sich „Das verlorene Paradies“ gut verkaufen würde.

Seine Suche nach einem Verlag könnte durch die Verschärfung der Gesetze zu Zensur und Lizensierung nach der Restauration der Monarchie zusätzlich erschwert worden sein. „Das verlorene Paradies“ enthält aufgrund Miltons teilweise ziemlich heterodoxen religiösen und politisch radikalen Ansichten einige Passagen und Elemente, die Verleger_innen eventuell fürchten ließen, dass sie der neuen Regierung unter Charles II. ein Dorn im Auge wären.

Damals trugen Verleger_innen die volle Verantwortung für ihre Veröffentlichungen. Das heißt, sie hätten diese Passagen entweder im Voraus zensieren oder im Nachhinein empfindliche Strafen in Kauf nehmen müssen. Soweit ich weiß, ist „Das verlorene Paradies“ nie zensiert worden. Dennoch könnte das Risiko allein potenzielle Verleger_innen abgeschreckt haben. Das Manuskript war ihnen vielleicht einfach zu heiß.

Mir ist noch ein weiterer Grund eingefallen, warum sich Verlage eventuell nicht darum rissen, „Das verlorene Paradies“ zu veröffentlichen. John Milton war ein öffentlicher Befürworter der Republik, der als „Secretary of Foreign Tongues“ ein sehr öffentliches Amt ausgeübt hatte.

Titelseite der Originalausgabe von „Das verlorene Paradies“ von 1667

Titelseite der Originalausgabe von „Das verlorene Paradies“ von 1667

John Milton creator QS:P170,Q79759, Houghton EC65.M6427P.1667aa - Paradise Lost, 1667, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Selbst, als schon abzusehen war, dass die Republik den Tod von Oliver Cromwell nicht überstehen würde, verteidigte er die Staatsform noch und machte deutlich, dass er nicht zur Monarchie zurückkehren wollte. Später wurden seine Schriften öffentlich verbrannt, er selbst wurde verfolgt und verhaftet. Das könnte dazu geführt haben, dass sein Ruf vergiftet wurde und Verleger_innen nach der Wiedereinführung der Monarchie nicht in Verbindung mit ihm gebracht werden wollten.

Vielleicht war es eine Mischung aus all diesen Gründen, vielleicht hatten die drei bis vier Jahre, die zwischen der Fertigstellung und der Veröffentlichung von „Das verlorene Paradies“ lagen, auch gänzlich andere Ursachen. Ich weiß es nicht. Für mich spricht jedenfalls vieles dafür, dass John Milton damals nicht von Verleger_innen hofiert wurde. Dennoch verdiente Milton mit „Das verlorene Paradies“ nicht schlecht.

Für das Manuskript erhielt er fünf Pfund. 2015 entsprach das einer Kaufkraft von 770 Pfund, was umgerechnet etwa 1.000 Euro waren. Angesichts dessen, dass das Konzept der Berufsschriftstellerei im 17. Jahrhundert gerade erst entstand, viele Autor_innen damals noch nicht von ihrer Kunst leben konnten und mit Peanuts abgespeist wurden, erscheint mir das gar nicht so wenig. Sein Vertrag mit Samuel Simmons sah außerdem eine Art verkaufsabhängige Prämie vor. Für jede Ausgabe, die bei einer Stückzahl von 1.300 bis 1.500 ausverkauft wurde, erhielt Milton zusätzlich fünf Pfund.

Die erste Auflage von „Das verlorene Paradies“ erblickte im August 1667 das Licht der Welt. Es handelte sich um eine handgebundene Ausgabe, die drei Schillinge kostete (ca. 23 Pfund in 2015) und innerhalb von 18 Monaten ausverkauft war. Ein echter Kassenschlager war „Das verlorene Paradies“ nach heutigen Maßstäben dementsprechend nicht, aber wir dürfen nicht vergessen, dass damals nur die oberen Gesellschaftsschichten Zugang zu Literatur hatten. Einfache Leute konnten sich „Das verlorene Paradies“ vermutlich schlicht nicht leisten – wenn sie denn überhaupt lesen konnten.

Doppeltitelseite der zweiten Auflage von „Das verlorene Paradies“ von 1674, links ist ein Porträt von John Milton abgebildet, rechts Informationen zum Buch

Titelseiten der zweiten Auflage von „Das verlorene Paradies“ von 1674

John Milton, ParadiseLost1674CopyB, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

1674, wenige Monate vor seinem Tod, veröffentlichte John Milton eine zweite, überarbeitete Ausgabe von „Das verlorene Paradies“. Inhaltlich nahm er nur kleine Anpassungen vor, strukturell organisierte er das Gedicht hingegen gänzlich neu.

In der ersten Auflage waren die über 10.000 Blankverse in 10 Gesänge (Kapitel oder Bücher) aufgeteilt. Die zweite Auflage enthält stattdessen 12 Gesänge. Diese Neustrukturierung könnte damit zusammenhängen, dass es Milton wichtig war, dass „Das verlorene Paradies“ als Epos wahrgenommen wurde, nicht als Tragödie. Traditionell ordnen sich Tragödien in 10er-Einheiten, Epen in 12er-Einheiten.

Es kann also sein, dass Milton sicherstellen wollte, dass „Das verlorene Paradies“ unmissverständlich als Epos in die Geschichte einging. Sollte das den Tatsachen entsprechen, war er erfolgreich. Die zweite Ausgabe setzte sich durch und ist heute der Standard für Neuauflagen und Übersetzungen. Auch ich habe ein Exemplar mit 12 Gesängen gelesen.

Ausblick

Ich glaube, wir haben jetzt einen Punkt in diesem Blogprojekt erreicht, der sich gut dazu eignet, euch zu erzählen, wie ich überhaupt mit „Das verlorene Paradies“ in Kontakt kam und wie sich meine Beziehung zu dem Gedicht vor meiner Lektüre gestaltete. Schließlich ist John Miltons Meisterwerk keine typische Literaturauswahl für eine Buchbloggerin des 21. Jahrhunderts. Das Epos ist zwar nicht unbekannt oder unpopulär, aber es zählt auch nicht zu den typischen Klassikern, die immer wieder mit magischen Worten „muss man gelesen haben“ geadelt werden.

Es steht auf keiner der Bestenlisten, die ich vor vielen Jahren im Rahmen eines Blogprojekts auseinandergenommen habe. John Milton wird nicht in einem Atemzug mit Dickens, Goethe oder Melville genannt. Wie also landete „Das verlorene Paradies“ auf meiner persönlichen literarischen Lebens-To-Do-Liste?

Dieses Geheimnis werde ich im nächsten Kapitel des Blogprojekts lüften. Schaut wieder vorbei, wenn ihr wissen möchtet, warum ich überzeugt war, nicht sterben zu können, ohne „Das verlorene Paradies“ gelesen zu haben!

Bildquellen

  • Wenn nicht anders angegeben, befinden sich die Bildquellen in den Bildunterschriften.

  • Adam und Eva: patrimonio designs ltd./Shutterstock.com

  • Pergament-Textur: Bild von boggus auf Freepik

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