Montagsfrage: Anspruchsvoll oder anspruchslos?

Hallo ihr Lieben 😊

Endlich Urlaub! Die letzte Woche war wie erwartet extrem anstrengend, daher freue ich mich, jetzt eine Woche lang die Füße hochzulegen und mich zu erholen. Aber so erschöpft ich mich jetzt fühle – das war es wert. Solltet ihr je die Möglichkeit haben, die re:publica zu besuchen, macht das auf jeden Fall. Es waren drei super inspirierende, motivierende und aufregende Tage, die ich sehr genossen habe. Es ist wirklich eine ganz besondere Konferenz mit einer tollen Atmosphäre und höchst spannenden Themen sowie Veranstaltungen.

Ich habe in den drei Tagen insgesamt 27 Sessions besucht, habe nebenbei aber auch Vorträge und Diskussionen mitbekommen, an denen ich nicht aktiv teilgenommen habe, zum Beispiel, während ich auf den Beginn meiner nächsten Veranstaltung gewartet habe. Da es so viele waren, ist es natürlich schwer für mich, mich auf ein Highlight festzulegen, aber eins war auf jeden Fall der Vortrag / die Buchvorstellung des Autors Cory Doctorow. Ich verfolge sein Schaffen schon lange, hatte über die Jahre allerdings vergessen, wie großartig er ist.

Auf der re:publica hat er sein neues Buch „Chokepoint Capitalism“ präsentiert, das er gemeinsam mit der australischen Professorin Rebecca Giblin geschrieben hat. Es handelt sich um ein gesellschaftskritisches Sachbuch, in dem die beiden der Frage nachgehen, wie es passieren konnte, dass das Internet heutzutage gefühlt von nur fünf großen Unternehmen gesteuert wird, die viele Bereiche unseres Alltags monopolisieren.

Sie erklären, was das mit dem Urheberrecht zu tun hat, inwiefern Kunstschaffende darunter leiden und wie schädlich das vor allem für unsere Kultur ist. Falls ihr am Wochenende die neue Folge ZDF Magazin Royale gesehen habt – es geht um genau solche Geschäftsmodelle, wie Eventim es betreibt. Im zweiten Part des Buches zeigen sie dann auf, was wir dagegen tun könnten, denn wir sind als Gesellschaft keineswegs machtlos. Wir können uns wehren.

Doctorows Leidenschaft war ansteckend. Er brennt wirklich für Themen wie Netzpolitik und Netzgerechtigkeit und setzt sich voller Elan für ein freies Internet ein. Ich hatte im Voraus zu Beginn des Tages bereits am Stand von Dussmann seinen Roman „Walkaway“ gekauft, der schon lange auf meiner Wunschliste stand – nach seinem Vortrag bin sofort wieder zu Dussmann marschiert und habe auch „Chokepoint Capitalism“ gekauft. Und das Beste: Er hat beide Bücher für mich signiert. 😄 „Chokepoint Capitalism“ werde ich direkt als nächstes lesen, das habe ich schon beschlossen, denn jetzt ist meine Erinnerung an seinen Vortrag noch frisch und ich denke, mit diesem Gefühl in die Lektüre zu gehen, macht sie gleich noch ein bisschen besser.

Insgesamt war die re:publica für mich also ein voller Erfolg. Ich konnte viele private und berufliche Impulse mitnehmen und würde jederzeit wieder hingehen. Völlig anders, aber genauso erfüllend war am Freitag auch das Ruhrpott Rodeo On the Road. Ich habe es so gefeiert, die großen Bands meiner Jugend alle an einem Abend zu sehen, das war wirklich toll. Ich habe mich köstlich darüber amüsiert, wie alt wir alle geworden sind – die Bandmitglieder ebenso wie das Publikum. Es tat mir gut, zu erleben, dass wir immer noch dieselben Lieder singen und dieselben Ideale teilen. Es ist einfach schön, dass bestimmte Dinge mit dem Alter nicht verschwinden.

Trotzdem bin ich nun mal keine 18 mehr und muss nach dieser turbulenten letzten Woche wirklich erst mal meine Akkus aufladen. In diesem Sinne beantworte ich jetzt die aktuelle Montagsfrage von Sophia von Wordworld – und mache danach heute gar nichts mehr. 😄

Wie wichtig ist es für Euch, dass ein Buch auch inhaltliche oder sprachliche Herausforderungen bietet?

Kommt drauf an. Ich weiß, ich weiß, das ist so eine richtig schön unkonkrete Antwort, aber das trifft es nun mal. Ich gehe davon aus, dass Sophia mit dieser Frage meint, wie viel Wert wir auf literarischen Anspruch in unserer Lektüreauswahl legen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie „Herausforderungen“ sonst meinen könnte. Und worauf kommt es dabei für mich nun an?

Wie bei allen Lektüreentscheidungen hängt die Frage, ob mir literarischer Anspruch in meinem aktuellen Buch wichtig ist, von meiner Stimmung, Laune und meinen mentalen Ressourcen ab. Manchmal habe ich Lust darauf, gefordert zu werden und mich beim Lesen anzustrengen und manchmal nicht. Diesen Aspekt beziehe ich bei meiner Auswahl durchaus ein. Wenn ich geistig erschöpft und/oder sehr gestresst bin, bevorzuge ich leichte, unterhaltsame Romane, die mir nicht viel abverlangen, sich schnell weglesen und einfach Spaß machen. Unter solchen Umständen möchte ich mich nicht auch noch mit schwerer Kost belasten.

Habe ich hingegen mehr Kapazitäten zur Verfügung, lasse ich mein Hirn beim Lesen gern arbeiten. Ich mag es, wenn ich aufmerksam sein und mitdenken muss. Ich lasse mich gern auf ungewohnte Konzepte, große Dimensionen, viele Figuren oder Sprache als Stilmittel ein. Ob der Anspruch inhaltlicher oder sprachlicher Natur ist, ist mir dabei relativ egal, obwohl eins natürlich immer gegeben sein muss: Zugänglichkeit. Es bringt mir ja nichts, wenn ich ein Buch lese, das sprachlich experimentell und unkonventionell ist, ich dadurch aber die Geschichte nicht verstehe. Generell denke ich allerdings, dass ich mental ziemlich beweglich bin und mich auf die meisten Facetten von Anspruch einlassen kann.

In dem vielfältigen Spektrum zwischen anspruchsvoll und anspruchslos gibt es für mich zwei Extreme, die ich nicht ausstehen kann. Einerseits möchte ich mich beim Lesen niemals zu dumm für meine Lektüre fühlen – andererseits möchte ich von Autor_innen nicht für dumm gehalten werden.

Sind Bücher zu verkopft, zu kompliziert oder zu abstrakt, als dass ich den Gedanken des Schriftstellers oder der Schriftstellerin folgen könnte; wenn ich nicht begreife, was sie mir sagen wollen, selbst wenn ich ausgeruht, wach und aufmerksam bin, gibt mir die Lektüre das Gefühl, nicht clever genug für sie zu sein. Das ist ein furchtbares Gefühl und liegt meiner Meinung nach selten daran, dass ich als Leserin dem Anspruch des Buches nicht gewachsen bin. In der Mehrheit der Fälle versagte dann der_die Schöpfer_in, weil er_sie mir nicht nachvollziehbar vermitteln konnte, worum es in dem Werk geht.

Ich erwarte jedoch durchaus ein gewisses Grundniveau in meinen Büchern. Ich möchte keine Geschichten lesen, die von einem Kind in der 6. Klasse geschrieben sein könnten und ich möchte nicht mit Handlungsmustern konfrontiert werden, die haarsträubend unlogisch, unplausibel und unglaubwürdig sind. Ich hasse es, wenn Autor_innen glauben, sie könnten mit sowas durchkommen, weil ich dann immer den Verdacht entwickle, dass sie dachten, die fehlende Logik, Plausibilität oder Glaubwürdigkeit würde ihren dummen Leser_innen schon nicht auffallen. Das ist respektlos und beleidigend. Einen Anspruch sollte auch reine Unterhaltungsliteratur erfüllen: Eine gute Geschichte zu erzählen.

Insgesamt ist mir literarischer Anspruch bis zu einem gewissen Grad also schon wichtig. Ich muss nicht den lieben langen Tag einen Klassiker nach dem anderen lesen und mag brain candy bzw. seichte Popcornliteratur, wenn sie gut gemacht ist. Aber ich will meine Zeit weder mit den diffusen, halbgaren Geschichten talentloser Schmierenfinken noch mit den pseudotiefgründigen Konzepten selbstverliebter Möchtegernintellektueller vergeuden. Für beides ist meine Lesezeit zu kostbar.

Welchen Wert legt ihr auf literarischen Anspruch?

Ich freue mich wie immer sehr auf eure Beiträge und Kommentare und wünsche euch allen einen sommerlichen Start in die neue Woche!
Alles Liebe,
Elli ❤️

Bewerte diesen Beitrag!