Cover des Buches "Senlin Ascends" von Josiah Bancroft

Titel: „Senlin Ascends“

Reihe: The Books of Babel #1

Autor_in: Josiah Bancroft

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 389 Seiten

Verlag: Orbit

Sprache: Englisch

ISBN-10: 0356510816

Genre: Science-Fiction > Steampunk

Ausgelesen: 12.08.2020

Bewertung: ★★★☆☆

Josiah Bancroft verdankt den Erfolg seines Debütromans „Senlin Ascends“ Mark Lawrence. Wie ihr durch meine Rezensionen sicher wisst, gilt Lawrence als einer der Stars der modernen Fantasy. Da er aber auch ein begeisterter Leser ist, nutzt er seine Popularität seit 2015, um jährlich den Literaturwettbewerb Self-Published Fantasy Blog-Off zu veranstalten. Autor_innen, die im Selbstverlag veröffentlicht haben, dürfen ihm ihre Werke zuschicken. Etwa 300 leitet er an 10 Fantasy-Blogger_innen weiter, die die Bücher lesen und rezensieren. Jede_r Blogger_in wählt einen Favoriten aus, der dann von allen gelesen und beurteilt wird. Das Buch mit der besten Durchschnittsbewertung siegt.

„Senlin Ascends“ schied im Halbfinale 2016 zwar aus, erhielt allerdings so große positive Aufmerksamkeit, dass es Bancroft gelang, einen Vertrag mit Orbit ans Land zu ziehen.

Der Turm von Babel gilt als Nabel der Welt. Er ist das vertikale Zentrum von Wissenschaft, Kultur und Fortschritt. Niemand weiß, aus wie vielen Etagen er besteht. Niemand weiß, wer ihn erbaute. Was in seinem Inneren geschieht, kann man nicht erklären. Man muss es erleben. Er ist ein Mysterium, ein Wunder – und ein beliebtes Urlaubsziel. Thomas Senlin wollte die Flitterwochen mit seiner frisch angetrauten Frau Marya im Turm verbringen. Ein letzter Ausflug, bevor sie ihr gemeinsames Leben in ihrem kleinen Dorf beginnen, in dem Senlin als Schulleiter arbeitet.

Doch noch bevor sie den Turm betraten, geschah das Undenkbare. Nur eine Sekunde verlor Senlin Marya aus den Augen – und schon war sie verschwunden. Nun muss er seine Frau im Turm suchen. Im Scherz sagte Marya, dass sie sich an der Spitze träfen, falls sie einander verlören. Auf seiner Reise durch die Etagen lernt er, zu verstehen: Der Turm nimmt mehr als er gibt, und was – oder wen – er einmal in seinen Fängen hat, lässt er nicht wieder gehen.

Der Turm von Babel gilt als Nabel der Welt. Er ist das vertikale Zentrum von Wissenschaft, Kultur und Fortschritt. Niemand weiß, aus wie vielen Etagen er besteht. Niemand weiß, wer ihn erbaute. Was in seinem Inneren geschieht, kann man nicht erklären. Man muss es erleben. Er ist ein Mysterium, ein Wunder – und ein beliebtes Urlaubsziel. Thomas Senlin wollte die Flitterwochen mit seiner frisch angetrauten Frau Marya im Turm verbringen. Ein letzter Ausflug, bevor sie ihr gemeinsames Leben in ihrem kleinen Dorf beginnen, in dem Senlin als Schulleiter arbeitet.

Doch noch bevor sie den Turm betraten, geschah das Undenkbare. Nur eine Sekunde verlor Senlin Marya aus den Augen – und schon war sie verschwunden. Nun muss er seine Frau im Turm suchen. Im Scherz sagte Marya, dass sie sich an der Spitze träfen, falls sie einander verlören. Auf seiner Reise durch die Etagen lernt er, zu verstehen: Der Turm nimmt mehr als er gibt, und was – oder wen – er einmal in seinen Fängen hat, lässt er nicht wieder gehen.

„Senlin Ascends“: Wen der Turm einmal hat, lässt er nicht mehr gehen

Laut Josiah Bancroft handelt es sich bei seinem Turm von Babel nicht um das biblische Bauprojekt des Alten Testaments, das Gott mit der babylonischen Sprachverwirrung strafte. Seiner Intention nach spielt „Senlin Ascends“ weder in unserer Realität noch in unserer Zeitlinie, sondern in einem alternativen Universum. Tatsächlich habe ich das während der Lektüre auch so interpretiert.

Aber Bancroft kann mir nicht weismachen, dass die Erzählung vom Turmbau zu Babel keinen Einfluss auf „Senlin Ascends“ hatte. Sobald sich der Protagonist Thomas Senlin zum ersten Mal in den Kosmos des Turms begibt, waren die Parallelen zum Alten Testament für mich eindeutig. Das wilde Chaos, das ihn sogleich am Fuße überwältigt, die schiere Masse von Menschen, die ihn von seiner Frau Marya trennt, schienen mir eine Szenerie abzubilden, die sich problemlos im Kontext des Turmbaus hätte darstellen können.

Das beinahe mythische Renommee des Turms trägt ebenfalls zu diesem Eindruck bei. Es besteht eine gewaltige Diskrepanz zwischen Außen- und Innenwahrnehmung: Aus der Ferne gilt er als Symbol aller zivilisatorischen Errungenschaften; aus der Nähe entpuppt er sich hingegen als Sündenpfuhl sondergleichen, in dem sich die Menschheit von ihrer hässlichsten Seite zeigt. Ich mochte die leichte Steampunk-Atmosphäre, die Bancroft mit seinen Beschreibungen des Interieurs heraufbeschwört. Wasserdampf und viktorianisch angehauchte Elemente begegnen Senlin an jeder Ecke.

Betrachte ich Senlins Reise, kann Bancroft meiner Meinung nach nicht leugnen, dass weitere mythologische Legenden ebenfalls ihre Spuren in „Senlin Ascends“ hinterließen. Sein Aufstieg, der im ersten Band der „Books of Babel“ sowohl auf physischer als auch auf ideologisch-emotionaler Ebene stattfindet, erinnerte mich stark an die „Odyssee“. Zahlreiche Hindernisse fordern ihn heraus und stellen sein Selbstverständnis in Frage. Paradoxerweise glaube ich, dass Senlin es gerade deshalb mit dem Turm aufnehmen kann, weil er so gar nicht in den Turm passt.

Seine sture Weigerung, sich anzupassen, der große Wert, den er trotz seiner bizarren Erlebnisse mit einer faszinierenden Mischung aus Persönlichkeiten auf Integrität, Rechtschaffenheit und Anstand legt, schützen ihn bis zu einem gewissen Grad vor dem verderblichen Atem des Turms. Er wächst über sich hinaus und entdeckt Eigenschaften, die er sich niemals zugetraut hätte. Ob seine Veränderung positiv oder negativ zu bewerten ist, lässt Bancroft allerdings offen. Wir erfahren (noch) nicht, ob sich Senlin zu einer Version seiner selbst entwickelt, mit der er nicht leben kann. Aus dieser Überlegung leite ich die Kernfrage von „Senlin Ascends“ ab: Kann ein Mann gegen eine korrupte, unmoralische Gesellschaft bestehen, ohne sich selbst zu verlieren? Herzliche Grüße an Robert E. Howard.

Intellektuell bewundere ich Josiah Bancroft für die einzigartige Geschichte, die er in „Senlin Ascends“ beginnt. Thematik, Struktur, Metaphorik und Symbolik beeindruckten mich sehr, weil der Roman philosophisches Gewicht vermittelt, ohne allzu künstlich oder abstrakt daherzukommen. Und doch kann ich nicht abstreiten, dass mein Lesespaß eher begrenzt war.

Ich beobachtete, dass ich eine ganz seltsame Beziehung zu diesem Buch entwickelte. Ich brauchte unheimlich lange, um mit Senlins Abenteuern warmzuwerden, hineinzufinden und empfand die meisten Handlungsabschnitte als zäh und langsam. Dieses Verhältnis besserte sich erst, als ich nicht mehr vorhersagen konnte, was als nächstes passiert und wie Senlin reagieren würde. Ich vermute daher, dass Unberechenbarkeit für mich der Schlüssel zur Lektüre der „Books of Babel“ ist.

Darum möchte ich die Fortsetzung „Arm of the Sphinx“ unbedingt lesen. Obwohl es Bancroft in „Senlin Ascends“ zuerst nicht gelang, mich zu fesseln, möchte ich erfahren, wie es weitergeht. Ich bin furchtbar neugierig, möchte Marya kennenlernen und hoffe, dass Senlin mich erneut überraschen wird. Möglicherweise bin auch ich dem Turm erlegen: Eine weitere Seele, die er nicht wieder gehen lässt.

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