Cover des Buches "Genesis" von Bernard Beckett

Titel: „Genesis“

Autor_in: Bernard Beckett

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 185 Seiten

Verlag: Quercus

Sprache: Englisch

ISBN-10: 1847249302

Genre: Science-Fiction

Ausgelesen: 20.08.2020

Bewertung: ★★★★☆

Manchmal schockiert es mich, wie stark mein Bücherregal vom deutschen, britischen und US-amerikanischen Buchmarkt beeinflusst ist. Das fiel mir wieder einmal auf, als ich mich mit Bernard Beckett auseinandersetzte, der in meiner Bibliothek eindeutig als Exot durchgeht: Bisher ist er darin der erste und einzige Autor aus Neuseeland.

Exotisch wirkt Beckett auch dadurch, dass die Schriftstellerei nicht seine Berufung darstellt. Primär ist Beckett High School – Lehrer mit Leib und Seele. Daher dürfte es nicht überraschen, dass er seine literarische Heimat im Young Adult – Bereich fand. „Genesis“ ist ein schmaler, futuristischer Roman, mit dem er Jugendlichen philosophische Ideen näherbringen möchte.

Die Republik wurde als Utopie geschaffen. Sie war ein Ort, der die Schrecken des Letzten Krieges – Biowaffen, Seuchen, Gewalt – einfach aussperrte. Totale Isolation und die Rückbesinnung auf fast vergessene Normen sicherten das Überleben der Bevölkerung. Während die Welt in Krankheit, Tod und Feuer versank, erblühte die Republik als Paradies. Bis ein Mann das Paradies für immer veränderte: Adam Forde.

Viele Jahre später steht die junge Anaximander kurz davor, sich ihren Traum zu erfüllen und in die Akademie aufgenommen zu werden. In einer vierstündigen mündlichen Prüfung muss sie vor einem Gremium über ein Thema ihrer Wahl referieren. Anax fiel die Wahl leicht. Nur ein Thema beschäftigt sie wie kein zweites: Das Leben und Werken von Adam Forde, der als Revolutionär in die Historie der Republik einging. Zuversichtlich, dass ihre gewagte Argumentation die Prüfer_innen überzeugen wird, stellt sie sich der Befragung. Sie verkennt, dass Adam Fordes Geschichte mehr als ein faszinierender Mythos ist. Zu spät begreift Anax, was sich darin verbirgt: Eine Warnung.

Die Republik wurde als Utopie geschaffen. Sie war ein Ort, der die Schrecken des Letzten Krieges – Biowaffen, Seuchen, Gewalt – einfach aussperrte. Totale Isolation und die Rückbesinnung auf fast vergessene Normen sicherten das Überleben der Bevölkerung. Während die Welt in Krankheit, Tod und Feuer versank, erblühte die Republik als Paradies. Bis ein Mann das Paradies für immer veränderte: Adam Forde.

Viele Jahre später steht die junge Anaximander kurz davor, sich ihren Traum zu erfüllen und in die Akademie aufgenommen zu werden. In einer vierstündigen mündlichen Prüfung muss sie vor einem Gremium über ein Thema ihrer Wahl referieren. Anax fiel die Wahl leicht. Nur ein Thema beschäftigt sie wie kein zweites: Das Leben und Werken von Adam Forde, der als Revolutionär in die Historie der Republik einging. Zuversichtlich, dass ihre gewagte Argumentation die Prüfer_innen überzeugen wird, stellt sie sich der Befragung. Sie verkennt, dass Adam Fordes Geschichte mehr als ein faszinierender Mythos ist. Zu spät begreift Anax, was sich darin verbirgt: Eine Warnung.

„Genesis“: Philosophie für junge Geister

Als ich herausfand, dass „Genesis“ offiziell als Jugendroman kategorisiert wird, war ich gelinde gesagt überrascht. Ich bin beim Lesen nicht ein einziges Mal auf die Idee gekommen, dass sich das Buch an ein jüngeres Publikum richten könnte, denn es teilt sich meiner Ansicht nach in zwei anspruchsvolle philosophische Diskussionen.

Im ersten Part von „Genesis“ untersucht Bernard Beckett am Beispiel der Stellung der fiktiven Republik im Letzten Krieg, der wohl mit einem Dritten Weltkrieg gleichgesetzt werden kann, welche Konsequenzen eine Atmosphäre von Angst und Misstrauen auf das Zusammenleben der Menschheit haben könnte. Er zeigt, wie real das Risiko ist, dass wir uns gegenseitig auslöschen, weil wir einander nicht vertrauen und deshalb nicht zusammenarbeiten, um globale Probleme zu lösen. Gerade im Schatten der Corona-Pandemie fand ich sein Szenario beängstigend realistisch und treffend.

Durch die Einführung der Republik erörtert er darüber hinaus, wie diese fatalen Umstände das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft verändern. Die Republik verlangte von ihrer Bevölkerung nicht weniger, als zugunsten von Sicherheit und Überlebenskampf jegliche Individualität aufzugeben. Es herrschte brutaler, blutleerer Pragmatismus, der von den Bewohner_innen zuerst durchaus mitgetragen wurde, seine Berechtigung jedoch langsam verlor je seltener sie mit den Bedrohungen des Krieges konfrontiert wurden. Sie verspürten keine Angst mehr – ohne Angst lassen sich Individualität, Moral und Freiheitsdrang nicht ewig unterdrücken.

Um der Unzufriedenheit zu begegnen, wurde die Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz forciert, womit sich der zweite Part von „Genesis“ beschäftigt. Beckett wirft ein furchteinflößendes Dilemma auf: Ist es vertretbar, eine Lebensform zu erschaffen, die das Potential besitzt, die Menschheit von der Spitze der evolutionären Nahrungskette zu verdrängen? Er hinterfragt, was „Menschlichkeit“ bedeutet, was uns als Spezies einzigartig macht und welche ethische Verantwortung wir uns selbst gegenüber tragen.

Die Verbindung beider Thematiken gelingt ihm durch die Binnenerzählung des Schicksals von Adam Forde, über den seine Protagonistin Anaximander in ihrer Prüfung referiert. Dieser mehrstufige Ansatz war für den Autor zwingend notwendig, um eine Wertung sowie Einordnung der Ereignisse vornehmen zu können. Ohne die Distanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart, die Anax‘ Perspektive automatisch herstellt, wäre es ihm nicht möglich gewesen, Adam Fordes Biografie noch im Verlauf der Geschichte zu interpretieren. Er hätte sich darauf verlassen müssen, dass seine Leser_innen die richtigen Schlussfolgerungen ziehen.

Leider ist das der Grund, warum ich den Roman trotz faszinierender gedanklicher Impulse als zu gekünstelt und inszeniert wahrnahm. Ich konnte erkennen, wie jedes Zahnrad in „Genesis“ dazu diente, mich zu bestimmten Überlegungen zu motivieren. Es war, als ließe mich Beckett hinter die Fassade sehen, worunter die Eindringlichkeit der Geschichte litt. Das ist sicher Geschmackssache, doch ich bevorzuge eine subtilere Hinleitung zu philosophischen Ideen.

Die Information, dass „Genesis“ an Jugendliche gerichtet ist, erklärt rückblickend, warum Bernard Beckett einen konkreten Rahmen für die Gedanken seiner Leser_innen vorgibt. Ich denke, er wollte eine spezifische mentale Architektur festlegen, damit philosophisch ungeübte Geister Landmarken erhalten, an denen sie sich bei der Auseinandersetzung mit diesem Buch orientieren können. Ich bin allerdings nicht überzeugt, ob die Ideen, die er bespricht, nicht ein wenig zu abstrakt sind, um bei jungen Leser_innen den gewünschten Effekt zu erzielen. Obwohl ich durchschaute, wie er vorging, musste mich teilweise anstrengen, um die Bedeutung seiner Ausführungen zu erfassen, die in einigen Fällen auch eine Weile sacken müssen.

Trotzdem fand ich „Genesis“ beeindruckend und fühlte mich von der Lektüre intellektuell inspiriert. Mit spannenden Gedankenexperimenten rennt man bei mir meist offene Türen ein – wenn es euch genauso ergeht, solltet ihr „Genesis“ eine Chance geben.

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