Ally Condie – Reached

Cover des Buches "Reached" von Ally Condie

Reihe: Matched #3

Autor_in: Ally Condie

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 512 Seiten

Verlag: RazorBill

Sprache: Englisch

ISBN-10: 014133309X

Genre: Science-Fiction > Dystopie > Young Adult

Ausgelesen: 12.12.2014

Bewertung: ★★★☆☆

Seit ich die erste Seite von „Reached“ aufschlug, bin ich mir sicher, dass die „Matched“ – Trilogie von Anfang an als solche gedacht war. Woher ich diese Überzeugung nehme? Im Vorwort schreibt Ally Condie, dass sie seit Beginn an diesem Band schrieb. Das heißt, parallel zu „Matched“ und „Crossed“ entstanden bereits Szenen für „Reached“. Vielleicht steht es mir nicht zu, ihren Arbeitsprozess zu kritisieren, doch ich muss sagen, ich halte das nicht für die beste Strategie. Ich glaube nämlich, dass es genau daran liegt, dass „Crossed“ inhaltlich so flach geraten ist. Umso höher waren dadurch auch meine Erwartungen an das Finale, denn schließlich arbeitete Ally Condie vier Jahre an diesem Buch.

Erneut sind Cassia und Ky voneinander getrennt. Doch dieses Mal nehmen sie die Trennung widerwillig in Kauf, denn sie glauben, das Richtige zu tun: sie haben sich „The Rising“ angeschlossen. Als der große Tag gekommen ist und die Rebellen die Society angreifen, scheint die Freiheit zum Greifen nah. Doch nicht einmal „The Rising“ konnten im Voraus alle Konsequenzen ihres Handelns abschätzen. Die Übernahme der Society läuft nicht wie geplant; Panik breitet sich aus. Während Menschen sterben, werden Cassia und Ky unerwartet wieder vereint. Allerdings bringt „The Rising“ die beiden nicht uneigennützig wieder zusammen. Plötzlich liegt die Last der Verantwortung auf ihren Schultern. Gemeinsam mit Cassias bestem Freund Xander sollen sie einen Ausweg aus dem Chaos finden, das „The Rising“ verursacht hat. Können sie die Menschen retten und ihren Traum von Freiheit wahr werden lassen?

Es hat drei Bände gedauert, aber endlich habe ich herausgefunden, was mich an der Protagonistin Cassia stört. Ich glaube, ich weiß nun, warum ich so wenig mit ihr anfangen kann: in all ihren Beziehungen herrscht ein massives Ungleichgewicht. Cassia bekommt grundsätzlich viel mehr, als sie gibt und in meinen Augen bemerkt sie das nicht einmal und weiß es daher nicht zu schätzen. Ky würde alles für sie tun, Xander ebenfalls – ich bin nicht sicher, dass es umgekehrt genauso ist. Ally Condie gibt sich große Mühe, ihre LeserInnen vom Gegenteil zu überzeugen, aber letztendlich behält Cassia meiner Meinung nach stets ihren „Nabel der Welt“ – Status. Würde sie diese Position zumindest verdienen, wäre ich vermutlich damit zurechtgekommen. Doch mal ehrlich, sie ist einfach eine Traumtänzerin, sie lebt in einer Art Blase. Während Ky als Pilot für „The Rising“ fliegt und Xander als Mediziner Kranke heilt, spielt sie mit Gedichten herum. Ich hatte das Gefühl, dass sie ständig ein paar Zentimeter über dem Boden schwebt, als hätte sie ein stückweit die Bindung an die Realität verloren. Umso überraschter war ich, als gegen Ende des Buches plötzlich wieder ihre analytische Seite zum Vorschein kommt. Ich weiß ehrlich nicht, woher sie dieses strategische Denken auf einmal hernimmt und fand es daher auch nicht plausibel. Es passt nicht zu ihrem Charakter.
Da wir schon beim Thema „plausibel“ sind – die Handlung von „Reached“ ist für mich nur gerade so überzeugend. Es gab einige Momente, in denen ich beide Augen fest zudrücken musste, um die logischen Fehler an mir vorbei gleiten zu lassen. Ich bin keine LeserIn, die nach solchen Fauxpas sucht; ich verzeihe sie gern, wenn alles andere stimmt. Doch im Fall dieses Romans musste ich mich schon sehr anstrengen, um die Stimme in mir verstummen zu lassen, die immer wieder laut „UNREALISTISCH!!!“ brüllte. Überhaupt gelang mir das nur, weil ich Xander (und auch Ky) wirklich mag. Xander ist eine tolle Figur; es ist schade, dass er erst so spät zu Wort kommt. Er ist aufopferungsvoll, verantwortungsbewusst, gütig und selbstlos, eben ein richtig guter Kerl. Deswegen fand ich die Art und Weise, wie Ally Condie ihn behandelt, absolut unbegreiflich. Sie bezeichnet ihn im Vorwort als Protagonisten – meiner Empfindung nach ist er das jedoch nicht, weil er im Vergleich zu Cassia und Ky keine gleichberechtigte Stellung einnimmt. Er ist stetig nur das dritte Rad am Fahrrad; leidet im dritten Band mehr als das Power-Pärchen zusammen. So viel Schmerz zu durchleben hat er nicht verdient. Ich hatte den Eindruck, dass Condie ihn nur integrierte, um Cassias Entwicklung zu stützen. Drastisch ausgedrückt ist er das Abfallprodukt der Beziehung zwischen Cassia und Ky. Das ist nicht fair.
Darüber hinaus spielt sich „Reached“ in einem ziemlich engen Rahmen ab, womit Ally Condie meiner Meinung nach reichlich Potential verschenkte. Alles außerhalb des Gebiets der Society und ihrer Peripherie ist und bleibt ein weißer Fleck. Ihre Dystopie ist für mich dementsprechend unvollständig.

So, das war also die „Matched“ – Trilogie. Es war keine Zeitverschwendung, aber es gibt eindeutig bessere Dystopie – Mehrteiler auf dem Markt. Was als interessante Idee begann, driftete für mich im Verlauf der Geschichte kontinuierlich ins Unlogische und Unrealistische ab. Mir ist „Matched“ nicht bodenständig genug. Das Finale „Reached“ erhält von mir drei Sterne, allerdings nur, weil ich Xander und Ky gern habe.
Ich denke, diese Trilogie ist etwas für LeserInnen, die es gefühlsbetont und emotional mögen. Ich kann nicht abstreiten, dass sie romantisch ist, meine Prioritäten liegen jedoch an anderer Stelle.

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