Einige Sagen, die im Verlauf der Historie auftauchten, muten gleichermaßen fantastisch wie merkwürdig an. Im 9. Jahrhundert glaubte man rund um Lyon, dass wetterbedingte Ernteverluste die Schuld eines Volkes von Himmelsfahrer_innen sind. Diese lebten angeblich in einem mysteriösen Land namens Magonia, von dem aus sie mit Schiffen durch den Himmel segelten und die Ernte im Schutz von magisch erzeugten Stürmen stahlen.
Dokumentiert ist diese Sage, weil sich der karolingische Bischof Agobard von Lyon 815 genötigt sah, sie in einer Abhandlung scharf als dummen Aberglauben zu verurteilen, da ja allseits bekannt sei, dass nicht Magie, sondern Gott Stürme verursachte. Aber was, wenn die einfachen Leute Recht gehabt hätten? Was, wenn es Magonia wirklich gäbe? Mit dieser Idee spielt die Autorin Maria Dahvana Headley in ihrem Jugendroman „Magonia“.
Ein. Aus. Für Aza Ray Boyle ist jeder Atemzug eine Qual. Die fast 16-Jährige leidet seit ihrer Kindheit unter einer rätselhaften Lungenkrankheit, für die es keine Heilung gibt. Ihr Körper wehrt sich gegen den Sauerstoffgehalt der Luft – beinahe, als wäre sie nicht für das Leben auf der Erde geschaffen.
Als sie nach einem schweren Anfall nicht im Krankenhaus, sondern auf einem Schiff erwacht, das durch den Himmel segelt, muss Aza sich eingestehen, dass sie wirklich nicht auf die Erde gehört. Sie gehört in das sagenumwobene Magonia.
Hier oben kann sie frei atmen. Hier oben ist sie nicht krank, nicht schwach, nicht dem Tode nah – sondern die lang verschollene Tochter einer lebenden Legende und die Hoffnung eines ganzen Volkes. Denn Aza soll Magonia retten. Doch die Rettung für das Reich der Lüfte könnte einen Krieg auslösen und das Reich der Erde zerstören – und mit ihm alle, die Aza liebt.
Ein. Aus. Für Aza Ray Boyle ist jeder Atemzug eine Qual. Die fast 16-Jährige leidet seit ihrer Kindheit unter einer rätselhaften Lungenkrankheit, für die es keine Heilung gibt. Ihr Körper wehrt sich gegen den Sauerstoffgehalt der Luft – beinahe, als wäre sie nicht für das Leben auf der Erde geschaffen.
Als sie nach einem schweren Anfall nicht im Krankenhaus, sondern auf einem Schiff erwacht, das durch den Himmel segelt, muss Aza sich eingestehen, dass sie wirklich nicht auf die Erde gehört. Sie gehört in das sagenumwobene Magonia.
Hier oben kann sie frei atmen. Hier oben ist sie nicht krank, nicht schwach, nicht dem Tode nah – sondern die lang verschollene Tochter einer lebenden Legende und die Hoffnung eines ganzen Volkes. Denn Aza soll Magonia retten. Doch die Rettung für das Reich der Lüfte könnte einen Krieg auslösen und das Reich der Erde zerstören – und mit ihm alle, die Aza liebt.
„Magonia“: Zwei Leseerfahrungen mit nur einem Buch
Manchmal bin ich selbst überrascht davon, dass ich ein Buch als einzelne Person gleichzeitig aus zwei verschiedenen Blickwinkeln lesen kann. Ich habe schon häufiger in Rezensionen davon berichtet, dass sich mein emotionales und mein analytisches Ich nicht immer einig sind. Bei „Magonia“ von Maria Dahvana Headley war die Diskrepanz zwischen meiner gefühlten und sachlichen Wahrnehmung so gravierend, dass ich beinahe den Eindruck habe, mich beim Lesen einmal in der Mitte geteilt zu haben.
Emotional liebe ich dieses Buch. Es nahm mich total mit, ich war gefesselt und hochgradig involviert, sodass ich einige Male sogar fast geheult hätte. Das hängt sicher damit zusammen, dass Trauer ein wichtiges Motiv in „Magonia“ ist und ich seit dem Tod meiner Hündin Chilli sensibler als früher auf Trauerbeschreibungen reagiere. Es hat aber auch damit zu tun, dass mich die Eckpunkte der Sage des mystischen Magonia, die Headley in ihrer Geschichte aufgreift und weiterentwickelt, ungemein faszinieren. Segelschiffe im Himmel, magische Stürme und Vögel, die gar keine Vögel sind – das ist wirklich der Stoff, aus dem Legenden gemacht sind.
Ebenfalls einen großen Anteil an meiner intensiven Erfahrung mit „Magonia“ hatte die Protagonistin Aza. Paradoxerweise, weil sie mir anfangs nicht besonders sympathisch war. Ich fand sie verbittert und passiv-aggressiv. Doch dann wurde mir klar, dass Aza jedes Recht dazu hat, sich so zu verhalten. Sie weigert sich zurecht, die würdevolle, professionelle Patientin voller Optimismus und Sonnenschein zu mimen. Ihre Charakterisierung ist dadurch deutlich realistischer und führte dazu, dass ich sie mit und nicht trotz ihren Ecken und Kanten zu mögen lernte. Ohnehin müssen wir aufhören, von weiblichen Figuren zu erwarten, dass sie sich Leser_innen sofort anbiedern.
Während mein emotionales Ich „Magonia“ aus diesen Gründen feierte und die Lektüre genoss, schüttelte mein analytisches Ich in seiner Ecke enttäuscht den Kopf. Ich würde gern weiterhin in der dritten Person von diesem Teil meiner Wahrnehmung schreiben, aber seien wir ehrlich: Das bin auch ich. Ich war enttäuscht. Der Aufbau der Handlung und das Worldbuilding sind ziemlich schwach. Es trieb mich schier in den Wahnsinn, wie wenig Maria Dahvana Headley erklärt, in einen nachvollziehbaren Kontext setzt und zufriedenstellend auflöst.
Viel zu oft lässt sich Aza mit kryptischen Andeutungen abspeisen. Ihr ganzes Leben wird auf links gedreht, es scheint sie jedoch nicht weiter zu stören, dass sich niemand erbarmt, sie über die grundlegendsten Fakten aufzuklären. Sie fragt natürlich, erhält dabei allerdings völlig willkürliche Informationsbröckchen, die mir nicht reichten, um ein Gesamtbild zu erstellen. Das war ärgerlich, weil ich es offensichtlich fand, dass Headley damit versuchte, den Spannungsbogen von „Magonia“ künstlich aufrechtzuerhalten. Solche Tricks sind plump und zeugen nicht davon, dass die Geschichte intrinsisch Spannung erzeugen kann.
Deshalb möchte ich gar nicht wissen, wie die Lektüre, meine Bewertung und diese Rezension ausgefallen wären, hätte Maria Dahvana Headley es nicht irgendwie hinbekommen, mein Herz zu berühren. Wahrscheinlich hätte ich „Magonia“ schmollend in eine Ecke gepfeffert und geschworen, die Geschichte nie wieder anzurühren. Ich bin daher sehr dankbar, dass es diese Zweiteilung in mir gibt, dass ich fähig bin, ein Buch parallel mit zwei verschiedenen Augenpaaren zu lesen.
Die Kombination beider Leseansätze ermöglicht mir ein ausgeglichenes Urteil. Meiner Meinung nach ist „Magonia“ von Maria Dahvana Headley ein strukturell mangelhafter Roman, dem das Kunststück gelingt, jegliche Defizite emotional zu überbrücken. Die Autorin verpflichtet ihre Leser_innen sehr erfolgreich zu emotionalem Engagement, wodurch deutlich weniger ins Gewicht fällt, dass Worldbuilding und Handlungsaufbau krude, rätselhaft und unvollständig wirken.
Positive Gefühle während einer Lektüre sind immer wichtiger als schriftstellerische Finesse, darum erhält „Magonia“ von mir drei Sterne – knapp, aber es reicht. Es reicht sogar, um bei mir Neugier auf die Fortsetzung „Aerie“ auszulösen. Vielleicht kommen sich mein emotionales und analytisches Ich darin auch wieder näher.
Sei gegrüßt Elli !
Deine zweifach-Erfahrung kommt mir sehr bekannt vor. Genau so ging es mir bei der Lektüre von „Der Hof der Wunder“ von Kester Grant (hier meine Rezi von damals: https://darkfairyssenf.de/2020/01/30/mein-senf-zu-der-hof-der-wunder/).
Ich finde es spannend, dass es solche Erfahrungen gibt, lässt es mich doch irgendwie meine Ansicht darüber, was ein*e gute*r Autor*in ist, überdenken. Man würde doch meinen, dass ein Buch handwerklich, also eher auf der analytischen Seite gut sein muss um… Naja gut zu sein. Ich denke, diese Erfahrungen zeigen einfach deutlich, dass wir nunmal emotionale Wesen sind und das auch nicht vergessen sollten.
Liebe Grüße
Marina
Hey Marina,
ich habe früher auch gedacht, gute Autor_innen müssten vor allem ihr schriftstellerisches, technisches Handwerkszeug beherrschen. Mittlerweile sehe ich das anders. Ich messe den emotionalen Aspekten einer Lektüre viel größere Bedeutung bei. Die Gefühlserfahrung ist meiner Meinung nach nicht alles, aber sie hat doch großen Anteil daran, ob ein Buch Spaß macht oder nicht. Und darauf kommt es am Ende an.
Liebe Grüße,
Elli