Cover des Buches 'Das Schicksal der Zwerge' von Markus Heitz

Titel: „Das Schicksal der Zwerge“

Reihe: Die Zwerge #4

Autor_in: Markus Heitz

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 621 Seiten

Verlag: Piper

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 9783492267700

Genre: Fantasy > High Fantasy

Ausgelesen: 17.02.2023

Bewertung: ★★☆☆☆

Trivia: Infos rund um Buch und Autor_in

  • Die ersten drei Bände der Reihe „Die Zwerge“ veröffentlichte Markus Heitz im Abstand von jeweils einem Jahr: 2003, 2004 und 2005.

  • Im Vorwort des dritten Bandes „Die Rache der Zwerge“ kündigte Heitz jedoch an, sich eine kreative Pause von der Reihe zu gönnen, vorerst nicht in das Geborgene Land zurückzukehren und sich anderen Projekten zu widmen. Der vierte Band „Das Schicksal der Zwerge“ erschien deshalb erst drei Jahre später 2008.

  • Für die Reihe markierte dieser vierten Band einen Wendepunkt. Nicht nur konfrontierte Markus Heitz sein Publikum mit einem enormen Zeitsprung von 250 Jahren, erstmals überließ er die zentrale Perspektive auch einer anderen Figur als Tungdil: Ingrimmsch.

  • Die meisten Fans waren begeistert, dass ein vierter Band erschien und zeigten sich offen für Heitz‘ Neuerungen. Wohlwollende Reaktionen überwiegten. Dennoch gab es auch kritische Stimmen, die die Neuausrichtung als nicht gelungen wahrnahmen.

  • Ich war ebenfalls gespannt, ob sich Markus Heitz‘ Kreativpause positiv auswirken würde, denn meine Leseerfahrung mit der Reihe hatte sich zuvor bei jedem weiteren Band verschlechtert. Ich setzte moderate Hoffnungen in „Das Schicksal der Zwerge“.

Deutsche Inhaltsangabe zu „Das Schicksal der Zwerge“

Seit vielen Zyklen liegt das Geborgene Land im Chaos: Drachen, mächtige Magier und die gnadenlosen Albae haben das Reich unter sich aufgeteilt. Die einst stolzen Zwergenstämme wurden vertrieben oder nahezu ausgelöscht. Doch dann, inmitten dieser düsteren Zeit, steigt ein Zwergenkrieger in schwarzer Rüstung aus der Schwarzen Schlucht empor. Mit beeindruckender Kampfkraft und Wissen über ihre Feinde wird er für Ingrimmsch und seine Gefährt_innen zur letzten Hoffnung in einer fast aussichtslosen Lage. Gemeinsam stellen sie sich alten Konflikten, gefährlichen Herausforderungen und einer ungewissen Zukunft. Der Kampf um das Überleben der Zwerge und die Rettung des Geborgenen Landes beginnt – mit ungeahnten Konsequenzen.

Seit vielen Zyklen liegt das Geborgene Land im Chaos: Drachen, mächtige Magier und die gnadenlosen Albae haben das Reich unter sich aufgeteilt. Die einst stolzen Zwergenstämme wurden vertrieben oder nahezu ausgelöscht. Doch dann, inmitten dieser düsteren Zeit, steigt ein Zwergenkrieger in schwarzer Rüstung aus der Schwarzen Schlucht empor. Mit beeindruckender Kampfkraft und Wissen über ihre Feinde wird er für Ingrimmsch und seine Gefährt_innen zur letzten Hoffnung in einer fast aussichtslosen Lage. Gemeinsam stellen sie sich alten Konflikten, gefährlichen Herausforderungen und einer ungewissen Zukunft. Der Kampf um das Überleben der Zwerge und die Rettung des Geborgenen Landes beginnt – mit ungeahnten Konsequenzen.

Buchnotizen: Stärken, Schwächen und Reflexionen

  • Durchfall für Markus Heitz:

    Für mich war „Das Schicksal der Zwerge“ leider kein Hoffnungsschimmer, sondern ein Fehlschlag. Dieser Ausgang der Lektüre war zwar nicht völlig überraschend, weil ich bereits den Vorgänger „Die Rache der Zwerge“ mit nur zwei Sternen bewertet hatte, aber der Hauptgrund für meine missglückte Erfahrung mit dem vierten „Die Zwerge“-Bands war durchaus ärgerlich.

    „Das Schicksal der Zwerge“ dreht sich im Kern um eine einzige zentrale Frage, die ich unbedingt beantwortet sehen wollte. Diese singuläre Motivation ermöglichte mir, die Lektüre durchzuziehen, denn ich war unumstößlich überzeugt, dass Markus Heitz mir irgendwann die Wahrheit verraten würde – schließlich spielt er im Verlauf der Geschichte mit Andeutungen und Spannungsmomenten, die genau das nahelegen. Die Seiten flogen dahin; 300 Seiten, 400 Seiten, 500 Seiten, 600 Seiten. Immer noch nichts. Ich stellte mich zähneknirschend darauf ein, dass Heitz sich die große Auflösung für die allerletzten Seiten aufheben würde.

    Ich lag falsch. Er beantwortet die Frage nicht. Das Buch endet ohne eine Auflösung. Er lässt das Rätsel offen. Ich dachte, ich raste aus. Ich war enttäuscht, entgeistert, empört. Da Heitz keine entsprechenden Hinweise streut, hatte ich nie eine Chance, selbst eine Antwort zu finden. Ich war darauf angewiesen, dass Heitz mich einweihte, doch er ließ mich eiskalt hängen. Es war ein unglaublich frustrierender Ausgang einer ohnehin unbefriedigenden Lektüre. Ich war extrem sauer auf Markus Heitz. Der kleinliche, rachsüchtige Teil meines Ichs wünschte ihm Durchfall an den Hals.

  • Aufgeblasen, unlogisch, widersprüchlich:

    Leider ist „Das Schicksal der Zwerge“ auch abseits meiner Enttäuschung über die fehlende Auflösung der zentralen Frage meiner Meinung nach kein gutes Buch. Mir erschien die Handlung hemmungslos aufgeblasen, häufig unlogisch, an diversen Stellen eklatant widersprüchlich und zu oft vom Zufall abhängig. So gut wie allen Bedrohungen, denen die Zwerge und ihre Verbündeten am Anfang der Geschichte entgegensehen, zieht Markus Heitz Stück für Stück die Zähne und Krallen, sodass die treibenden Konflikte negiert werden.

    Es fühlte sich nicht an, als würden die Hauptfiguren Siege erringen, sondern, als hätten sie ihre Gegenspieler einfach maßlos überschätzt: Huch, so schlimm ist die Lage ja gar nicht. Das empfand ich als schädlich für den Spannungsbogen, weil sich Teile der Handlung dadurch als vollkommen sinn- und zwecklos entpuppten. Ich fragte mich, warum ich mich dann so lange damit aufhalten musste. Zudem neigt Heitz dazu, Abschnitte enorm zu strecken, indem er seine Charaktere wiederholt auf lange Reisen schickt. Ehrlich, ich möchte nicht als Figur in einem seiner „Die Zwerge“-Romane enden, da wird man ja ständig durch die Gegend gescheucht, ohne viel (oder überhaupt etwas) zu erreichen.

  • 250 Jahre fehlender Charakterentwicklung:

    Ich fand es erfrischend, dass „Das Schicksal der Zwerge“ überwiegend aus der Perspektive von Ingrimmsch geschrieben ist. Ich hege durchaus Sympathien für den kleinen Derwisch und nach drei Bänden, in denen Tungdil im Mittelpunkt stand, freute ich mich über die Abwechslung. Da Zwerge über eine deutlich längere Lebensspanne als Menschen verfügen, war er trotz des großen Zeitsprungs eine plausible Wahl. Hätte Markus Heitz es mir nicht am Anfang gesagt, ich hätte jedoch weder ihm noch den anderen Figuren angemerkt, dass seit dem letzten Band ganze 250 Jahre vergangen sind.

    Ingrimmsch hat er sich kein Bisschen weiterentwickelt. Keine der Figuren hat das. Ingrimmsch beklagt sich zwar über diverse Alterszipperlein, das ist allerdings der einzige Unterschied zu seiner jüngeren Version in den ersten drei Bänden. Er behauptet, seinen Wahn, der ihm seinen Spitznamen gab, mittlerweile gut unter Kontrolle haben – ich weiß nicht, woher diese Einschätzung kommt, denn seine Taten in „Das Schicksal der Zwerge“ sprechen eine völlig andere Sprache.

    Ich war sehr enttäuscht darüber, dass Markus Heitz scheinbar nicht mal versuchte, zu erkunden, wohin sich die Persönlichkeiten seiner Charaktere in 250 Jahren entwickelt haben könnten, wie sie sich entfalteten, wer sich wie änderte und vieles mehr. Ernsthaft wütend machte mich aber seine Einführung eines „neuen“ Rodario. Wie ihr euch vielleicht erinnert, ist Rodario in den ersten drei Bänden ein menschlicher Schauspieler und Tunichtgut, der Tungdils Truppe bei ihren Abenteuern begleitete und im Rahmen seiner Fähigkeiten unterstützte.

    250 Jahre später ist er natürlich längst verstorben. Wie lästig. Wer erfüllt in „Das Schicksal der Zwerge“ denn jetzt die Rolle des Schürzenjägers und Pausenclowns? Keine Sorge, Markus Heitz weiß Abhilfe. Er erfindet für den vierten Band einfach einen neuen Rodario, eine schamlose 1:1-Kopie des Originals. Ich traute meinen Augen nicht. Nicht nur, dass er den ursprünglichen Rodario kurzerhand ersetzt, er gibt sich nicht mal die Mühe, den neuen Rodario als eigenständige Persönlichkeit zu etablieren. Hätte mir vorher jemand davon erzählt, ich hätte nicht geglaubt, dass es Autor_innen gibt, die sich sowas wirklich trauen.

  • Problematische Darstellungen von Gewalt und Sexismus:

    Ingrimmsch und Rodario sind aus meiner Sicht exemplarische Repräsentanten von Markus Heitz‘ problematischem Umgang mit Gewalt und Sexismus in „Das Schicksal der Zwerge“. Auf der einen Seite haben wir Ingrimmsch, der freudestrahlend und ohne jegliche Gewissensbisse jedes Lebewesen brutal abschlachtet, das er als feindlich einstuft. Er ist damit nicht allein, alle „Held_innen“ in „Die Zwerge“ sind schockierend gewaltbereit, skrupellos und beinahe mordlüstern.

    Wie ihr wisst, habe ich nichts gegen Gewalt in der High Fantasy und betrachte sie sogar als wesentlichen Bestandteil des Genres. Woran ich mich in „Die Zwerge“ stoße, ist ein striktes Schwarz-Weiß-Denken, das zu einem gefährlichen, unmoralischen Zirkelschluss führt. Alle Feind_innen der Hauptfiguren verwirken ihr Recht auf Leben allein dadurch, dass sie Feind_innen der Hauptfiguren sind. Keine_r der Protagonist_innen verliert Schlaf darüber, eine andere Person getötet zu haben. War ja in Ordnung, es war schließlich ein Feind oder eine Feindin. Dieser Grundsatz wird nie hinterfragt, womit ich mich mittlerweile sehr unwohl fühle. Ich bin froh, dass die High Fantasy aus dieser binären Sichtweise herausgewachsen ist.

    Auf der anderen Seite können wir Rodario beobachten, den ich nicht grundlos als Schürzenjäger beschrieben habe, weil er Frauen wie Preise behandelt, die es zu gewinnen gilt, und dessen Maskulinität offenbar von seinem Erfolg beim weiblichen Geschlecht abhängt. Nun ist „Das Schicksal der Zwerge“ fast 20 Jahre alt. Ich bin gern gewillt, etwas Nachsicht hinsichtlich der Genderrollen in diesem Roman walten zu lassen, weil mir durchaus bewusst ist, dass wir uns seit dessen Entstehung gesellschaftlich enorm weiterentwickelt haben. Dennoch ist „Das Schicksal der Zwerge“ nach heutigen Maßstäben in inakzeptablem Maße sexistisch und ich frage mich ernstlich, ob Markus Heitz es nicht bereits vor 20 Jahren übertrieb.

    Abgesehen davon, dass Rodarios angeblicher Charme und die Komik seiner Figur entscheidend von seiner permanenten Objektifizierung von Frauen geprägt sind, muss die Maskulinität aller männlichen Figuren regelmäßig durch frauenfeindliches Verhalten und die Betonung stereotyp männlicher Eigenschaften bestätigt werden. Ich fand ersteres nicht lustig und zweiteres unerträglich. Ich habe heutzutage keine Geduld mehr für solche überholten Reflexe, wenn sie nicht kritisch beleuchtet werden oder – wie es hier der Fall ist – sogar völlig unkommentiert bleiben.

  • Weiterlesen oder nicht?

    Ich will ehrlich sein, ich hätte „Das Schicksal der Zwerge“ vermutlich gar nicht gelesen, hätte ich die Reihe „Die Zwerge“ nicht bis einschließlich zum fünften Band vollständig in meinem Regal stehen. Ich hätte sie wahrscheinlich nach dem letzten Band „Die Rache der Zwerge“ abgebrochen. Sie steht aber nun mal hier. Also werde ich in den sauren Apfel beißen, den fünften Band „Der Triumph der Zwerge“ auch noch lesen und dann ohne Bedauern nie wieder ein Zwerge-Buch von Markus Heitz in die Hand nehmen.

    2021 und 2022 sind ja zwei weitere jeweils zweiteilige Bände (von der Teilung wollen wir mal gar nicht erst anfangen) erschienen. Beide werden auf keinen Fall bei mir einziehen. Für mich fühlt sich die Reihe einfach zu sehr nach Zeitverschwendung an. Ich glaube nicht daran, dass meine Erfahrung mit „Der Triumph der Zwerge“ besser ausfallen wird als meine Lektüre von „Das Schicksal der Zwerge“. Ich glaube auch nicht daran, dass die beiden neuen Bände besser sind. Ich weiß, dass bei allen verbleibenden Bänden viel Zeit zwischen den Veröffentlichungen vergangen ist, aber meine Schwierigkeiten mit „Die Zwerge“ sind so grundsätzlich, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das für mich irgendwas ändert. Ich bevorzuge nun mal andere Spielarten der High Fantasy.

Leseempfehlung?

Ich kann für „Das Schicksal der Zwerge“ keine Leseempfehlung aussprechen. Ich weiß, wie sehr Fans die Reihe lieben. Ich kann diese Begeisterung jedoch nicht im Geringsten nachvollziehen. Obwohl ich sehen konnte, dass Markus Heitz versuchte, mit „Das Schicksal der Zwerge“ frischen Wind in die „Die Zwerge“ zu bringen, ist ihm das meiner Ansicht nach nicht gelungen, weil er an der falschen Stelle ansetzte. Was die Reihe meiner Meinung nach wirklich braucht, ist eine neue Herangehensweise. Der binäre Ansatz hängt mir wahnsinnig zum Hals raus und ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

Zudem bin ich doch etwas baff, wie ungenügend das schriftstellerische Handwerk ist, das Markus Heitz in diesem Band zeigt. Ich habe ihm mehr zugetraut. Wenn ihr also nicht gerade überzeugte Hardcore-Fans von „Die Zwerge“ seid, rate ich euch, „Das Schicksal der Zwerge“ lieber auszusetzen. Die Lektüre lohnt sich nicht.

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