Nathanael West – The Day of the Locust

Cover des Buches "The Day of the Locust" von Nathanael West

Autor_in: Nathanael West

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 192 Seiten

Verlag: Penguin Classics

Sprache: Englisch

ISBN-10: 0141023651

Genre: Klassiker

Ausgelesen: 14.01.2014

Bewertung: ★★☆☆☆

“The Day of the Locust” von Nathanael West sollte ich im Rahmen eines Kurses lesen, der sich mit amerikanischer Literatur von 1900 bis 1945 beschäftigt. Unter anderen Umständen wäre ich vermutlich auf dieses Buch, das 1939 erstmals erschien, nie gestoßen, obwohl es beispielsweise auf Amazon in einem Atemzug mit „Unter Null“ von Bret Easton Ellis genannt wird, eines meiner Lieblingsbücher.

Wests Werk wird zu den Hollywood-Romanen gezählt, da die gesamte Handlung in dieser Glitzer- und Glamourwelt spielt. Der Leser begleitet den Maler Tod Hackett, der in Amerikas Filmhauptstadt noch relativ neu ist und dort als Set Designer arbeitet. Er ist hoffnungslos dem Filmsternchen Faye Greener verfallen, um deren Aufmerksamkeit er permanent buhlt, obwohl er selbst erkennt, wie aussichtslos und selbstzerstörerisch seine Bemühungen sind. Hierbei steht er in Konkurrenz mit verschiedenen anderen Männern die seine Leidenschaft für Faye teilen, neigt die junge Möchtegern-Schauspielerin doch dazu, sich ausschließlich mit Menschen zu umgeben, die ihr Selbstwertgefühl steigern und sie bestätigen. Tod beginnt, sich immer weiter in der Welt Hollywoods zu verlieren, bis er schließlich ganz von ihr verschluckt wird, symbolisiert durch seine versehentliche Involvierung in Ausschreitungen anlässlich einer Filmpremiere.

„The Day oft the Locust“ gehört zu den Büchern, deren Symbolgehalt sich Leser_innen bewusst machen müssen, um ihre Bedeutung zu verstehen. Während der Lektüre war mir das nicht klar, wodurch meine Bewertung weniger positiv ausfällt. Erst durch die Besprechung des Buches innerhalb meines Kurses eröffnete sich mir die Intension, die Nathanael West vermutlich verfolgte.

Zwischen der Realität an der Oberfläche und der Realität unter der Oberfläche besteht eine sehr hohe Spannung, nichts ist das, was es auf den ersten Blick zu sein scheint. Im Mittelpunkt stehen die verschiedenen Charaktere, die Handlung ist nur sekundär von Belang. Auch spielt potentielle Sympathie für die Figuren kaum eine Rolle, da diese komplett überspitzt und grotesk dargestellt sind. Wests Absicht war nicht, dass Leser_innen seine Charaktere mögen, sondern dass ihnen bewusst wird, was sie symbolisieren.

Das zentrale Thema des Buches ist die Entwertung von Persönlichkeit und Individualität, wie sie in Hollywood regelrecht erzwungen wird. Der Mensch wird auf seine vermarktbaren Eigenschaften reduziert, daher sind auch Wests Figuren degenerierte Individuen. Am deutlichsten ist dies am Beispiel des Homer Simpson zu sehen, der am Ende der Geschichte nicht einmal mehr in der Lage ist zu sprechen. Er hatte von Beginn an keine Eigenschaften oder Fähigkeiten, die für die Filmindustrie von Wert gewesen wären, folglich wurde er von ihr verschlungen, durchgekaut und das, was von ihm übrig blieb wieder ausgespuckt. Ein ähnliches Schicksal ereilt Tod, der jedoch im Gegensatz zu Homer für die Welt des Films brauchbar ist und den für ihn vorgesehenen Platz einnimmt, indem er die Distanz des Künstlers aufgibt und zu einem Teil von ihr wird.

Eine nähere Betrachtung verlangt auch der Titel des Buches selbst. Übersetzt bedeutet er „Der Tag der Heuschrecke“ und man kommt dementsprechend nicht umhin, die biblische Assoziation zu bemerken. Heuschrecken sind in der Bibel eine allesverschlingende Plage; in Bezug auf den Roman legt das die Interpretation nahe, dass die Figuren nicht nur Opfer, sondern auch Täter sind. Hollywood ist nur das, wozu es durch Menschen wie Tod, Homer oder Faye gemacht wurde. Sie wurden verschlungen, um selbst zu verschlingen.

Die Bewertung von „The Day oft the Locust“ fiel mir schwer, da mir zwar (mittlerweile) einerseits sein symbolischer Wert bewusst ist, ich aber andererseits trotzdem nicht begeistert von dem Werk bin. Anders als „Unter Null“ bietet es Leser_innen keinerlei moralisches Zentrum; es gibt keinen Clay, der deutlich macht, wie stumpf, flach und degeneriert Hollywoods Charaktere sind. Ich kann nicht behaupten, dass ich besonders viel aus dem Buch mitgenommen habe, obwohl die Thematik heute wohl aktueller ist denn je. Ich werde daher keine Empfehlung für „The Day oft the Locust“ aussprechen. Wer es lesen möchte, soll das tun, sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Dinge, die West nicht schildert, die nur zwischen den Zeilen stehen, den eigentlichen Wert des Romans darstellen.

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