Scott Westerfeld – Uglies

Cover des Buches "Uglies" von Scott Westerfeld

Reihe: Uglies #1

Autor_in: Scott Westerfeld

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 425 Seiten

Verlag: Simon Pulse

Sprache: Englisch

ISBN-10: 0689865384

Genre: Science-Fiction > Dystopie > Young Adult

Ausgelesen: 26.02.2019

Bewertung: ★★★☆☆

Ich habe einen interessanten Zeitpunkt gewählt, um „Uglies“ von Scott Westerfeld zu lesen. Das Buch ist mittlerweile 14 Jahre alt und Auftakt der gleichnamigen „Uglies“-Tetralogie. Es lag recht lange auf meinem SuB, etwa dreieinhalb Jahre, weil meine Begeisterung für Young Adult – Dystopien seit dem Kauf deutlich abflaute. Als ich es im Februar 2019 aus dem Regal holte, folgte ich einer spontanen Eingebung meines Bauches. Das Timing hätte nicht besser sein können, denn während meiner Recherchen zum Autor fand ich heraus, dass Westerfeld im September 2018 begann, eine neue Tetralogie namens „Impostors“ im „Uglies“-Universum zu veröffentlichen, die bis 2021 vollständig erscheinen soll. Wir werden sehen, ob er mich so lange bei der Stange halten kann. Mit „Uglies“ erlebte ich auf jeden Fall einen vielversprechenden Start.

Alle Menschen wollen schön sein. Die beinahe 16-jährige Tally ist da keine Ausnahme. Nur noch ein paar Wochen trennen sie von ihrem neuen Gesicht und ihrem neuen Ich. Schluss mit ihrem Dasein als Ugly! Sie wird eine Pretty sein, in New Pretty Town leben und nur noch Spaß haben. Es ist so großzügig von der Regierung, allen Einwohner_innen zu ihrem 16. Geburtstag eine umfangreiche Schönheitsoperation zu schenken! Ist es doch – oder nicht? Tallys Freundin Shay hat Bedenken, denn der Eingriff ist keineswegs freiwillig. Kurz vor ihrer OP läuft sie davon, um in der Wildnis zu leben und bringt Tally damit in ernste Schwierigkeiten. Die Regierung stellt sie vor die Wahl: entweder, sie findet Shay und verrät ihre Freundin oder sie wird niemals operiert werden. Tally muss sich entscheiden. Wird sie Shay opfern, um pretty zu sein?

Ich hatte vor der Lektüre zurückhaltende Erwartungen an „Uglies“. Nur eine weitere Young Adult – Dystopie, nichts Besonderes, glaubte ich. Ich rechnete nicht damit, das Buch zu genießen und war darauf vorbereitet, häufig die Augen zu verdrehen. Deshalb freue ich mich, berichten zu können, dass mich „Uglies“ überraschend gut unterhielt und ich die Botschaft, die Scott Westerfeld vermittelt, sehr wichtig finde.

Wie ihr euch sicher anhand der Inhaltsangabe denken könnt, behandelt die Tetralogie das Konzept von Schönheit. Die Geschichte spielt in einer undefinierten Zukunft, vermutlich mehrere Jahrhunderte nach unserer Gegenwart, nachdem eine fatale Katastrophe die Menschheit beinahe auslöschte. Was genau geschehen ist, lässt Westerfeld offen, er deutet allerdings an, dass umweltschädliches, ressourcenverschwendendes Verhalten verantwortlich war, wodurch „Uglies“ gerade jetzt hochaktuell ist. Einige Vertreter_innen der menschlichen Spezies überlebten und gründeten eine Gesellschaft, die die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden versucht und nach Regeln funktioniert, die auf mich skurril und repressiv wirkten.

Alle Menschen müssen sich anlässlich ihres 16. Geburtstags einer drastischen Operation unterziehen, die ihr Äußeres perfektioniert. Wir sprechen hier nicht über eine kleine Nasenkorrektur, nein, es handelt sich um weitreichende Anpassungen, die den kompletten Körper betreffen. Alle Makel werden beseitigt – was als Makel gilt, obliegt der Regierung. Die Operation dient nicht nur als physische Optimierung, sie ist ebenso ein Initiationsritus, der den Übergang vom Kind zum Erwachsenen markiert. Aus heranwachsenden, durchschnittlichen Uglies werden bildschöne Pretties, die als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft nach New Pretty Town umziehen. Der gesamte Prozess wird als erstrebenswert propagiert und auch die Protagonistin Tally sehnt sich danach, eine Pretty zu werden.

Wozu das Ganze? Offiziell liegt die Annahme zugrunde, dass staatlich verordnete äußerliche Perfektion ein friedliches Zusammenleben garantiert, weil Intoleranz, Diskriminierung und Neid beseitigt werden, wenn alle gleich schön sind. Ein bisschen wie der Effekt, den man Schuluniformen zurechnet. Somit gilt Schönheit als Allheilmittel gegen die Konflikte der Menschheit. Ich sehe darin eine sehr interessante Theorie, die sich zu diskutieren lohnt. Könnte da etwas dran sein?

In der Realität von „Uglies“ ist dieses Gedankenspiel natürlich nicht mehr als eine Illusion, die die wahren, perfiden Absichten der Regierung verschleiern soll, was die burschikose, unkomplizierte und sympathische Hauptfigur Tally im Verlauf der Handlung unsanft herausfindet. Obwohl diese einige Logiklöcher aufweist, fühlte ich mich in meinem Lesespaß nicht gestört. Das Buch las sich leicht und angenehm; ich stolperte nicht über Aspekte, die nicht völlig plausibel waren, weil ich die Aussagen, die Scott Westerfeld über Schönheit, Oberflächlichkeit und Individualität trifft, als wesentlich relevanter empfand als die inhaltlichen Entwicklungen. Er geht dabei nicht subtil vor. Im Grunde könnte seine Intention auch in roten Leuchtlettern auf dem Cover stehen, so offensichtlich ist sie. Da wir jedoch über einen Roman für Jugendliche sprechen, finde ich seine Direktheit nicht zu aufdringlich und sogar angemessen. Geht es um Body Positivity, kann man gar nicht explizit genug werden.

„Uglies“ treibt unsere gesellschaftliche Obsession bezüglich Schönheit auf die Spitze und überraschte mich mit der äußerst konkreten, eindeutigen Botschaft, die der Autor Scott Westerfeld präsentiert. Der Tetralogieauftakt lässt wenig Interpretationsspielraum, den es in diesem Kontext meiner Ansicht nach allerdings auch nicht braucht, weil Westerfeld die Handlung und das Design seiner Dystopie seinem thematischen Schwerpunkt unterordnet. Jede Facette der Geschichte dient dazu, Kritik an übertriebenem Schönheitskult zu üben und dessen Gefahren zu betonen. Das Buch ist aufgrund seiner Unzweideutigkeit lesenswert. Die zielgerichtete Gradlinigkeit von Westerfelds Herangehensweise imponierte mir und überzeugte mich, den Folgebänden eine Chance zu geben. Manchmal ist die Absicht einer Geschichte eben doch essenzieller als ihr Inhalt.

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