Hallo ihr Lieben! :)
Normalerweise bin ich um diese Uhrzeit nicht mehr fit genug, um zu bloggen. Da ich heute allerdings Spätschicht hatte und eben erst heim gekommen bin, sind mein Hirn und ich noch wach. Promi Big Brother hat zugeschlagen. Wisst ihr, das Schlimme ist nicht, dass ich wegen diesem Quatsch eine Stunde länger arbeiten musste. Nein, das Schlimme ist, dass ich gezwungen war, mir diesen Quatsch auch noch anzusehen. In einer Redaktion kann man sich dem nicht entziehen, weil man ja mitbekommen muss, falls da irgendetwas… Berichtenswertes passiert. Man muss reagieren können. Also läuft der Müll tatsächlich von Anfang bis Ende. Mit Ton. Ich habe Dinge, die ich nie wissen wollte, über Personen herausgefunden, die ich nie kennen wollte. Ich kann nur versuchen, die Namen der betreffenden Personen schnellstmöglich wieder zu vergessen. Also dachte ich, ich gebe meinem Kopf eine Aufgabe und beantworte noch schnell die Montagsfrage vom Buchfresserchen Svenja, bevor ich mich ins Bett begebe.
Habt ihr ein schlechtes Gewissen gegenüber Protagonist_innen, wenn die z.B. hungern müssen und ihr nebenher futtert?
Nein. Obwohl ich durchaus in der Lage bin, intensiv mit den Figuren einer Geschichte zu fühlen, für und um sie zu weinen, mich für sie zu freuen oder sie für ihre Entscheidungen zu verfluchen, hat mein Mitgefühl definitiv Grenzen. Das ist gut so, denn zu viel Nähe halte ich für ungesund. Eine Geschichte soll unterhalten, egal, ob die Hauptfigur nun gerade wie ein König speist oder sich von Abfällen aus der Gosse ernähren muss (um mal bei dem Beispiel zu bleiben). Sicher gibt es Ausnahmen, beispielsweise Bücher mit sehr starken moralischen Botschaften, doch die meisten Bücher sollen in mir positive Gefühle auslösen. Ich mache mir keine Vorwürfe, wenn es mir besser geht als den Charakteren und ich bezweifle, dass dies die Wirkung ist, die die meisten Autor_innen erzielen wollen. Mir ist stets bewusst, dass ich zwar eine Geschichte erlebe, aber kein Teil selbiger bin. Ich weiß, dass die Figuren fiktiv sind. Mein Leben hat nichts mit ihren Leben zu tun und nur selten sind sie überhaupt vergleichbar. Betrachten wir doch mal ein anderes Beispiel: als ich „Was fehlt, wenn ich verschwunden bin“ von Lilly Lindner gelesen habe, habe ich starkes Mitgefühl für April (und Phoebe) empfunden. Doch habe ich mich schlecht gefühlt, weil meine Eltern verständnisvoll und liebevoll mit mir umgehen, weil sie mir stets das Gefühl geben, bedingungslos geliebt zu werden? Habe ich mich schlecht gefühlt, weil ich nicht an einer Essstörung leide? Habe ich mich schlecht gefühlt, weil es mir gut geht? Nein, habe ich nicht. Ich habe Dankbarkeit empfunden. Ich denke, ein schlechtes Gewissen gegenüber den Figuren ist beim Lesen ein fehlgeleitetes Gefühl; etwas, das man vielleicht empfindet, weil eine bestimmte Szene ungewollt auf eine Verhaltensweise hinweist, die man sowieso ändern möchte oder sollte, aber nicht, weil man sich in Bezug auf die Charaktere tatsächlich schuldig fühlt. Ich bin der Ansicht, ein schlechtes Gewissen ist nur dann angebracht, wenn man an einer Situation etwas ändern kann und es nicht tut, obwohl man weiß, dass es richtig wäre. Es ist angebracht, wenn man eine Wahl hat und die falsche Wahl trifft. Ich habe ja auch kein schlechtes Gewissen, weil ich als Europäerin geboren wurde und in einem Luxus lebe, den sich Menschen in anderen Teilen der Welt nicht einmal vorstellen können. Schließlich war das keine bewusste Entscheidung, sondern einfach Glück (oder Schicksal, je nachdem, woran man glauben möchte). Ähnlich verhält es sich mit Buch-Charakteren. Ich trage keine Schuld an ihren Lebensumständen und ich habe nicht die Macht, sie zu ändern. Mein schlechtes Gewissen hilft ihnen nicht weiter und mir selbst erst recht nicht. Es würde nur bewirken, dass ich mich überflüssig schlecht fühle, weil ich dieser Empfindung keine Taten folgen lassen kann. Oder soll ich aufhören zu essen, nur weil eine Figur hungert?
Wie weit geht euer Mitgefühl für Figuren?
Ich freue mich wie immer auf eure Meinungen und Kommentare und werde mir morgen früh bei einer schönen Tasse Kaffee Zeit für eine ausgiebige Stöberrunde nehmen. Gute Nacht allerseits und einen wundervollen Start in die neue Woche! :)
Alles Liebe,
Elli
Hi Lilli,
hoffentlich kommst du ohne Albträume durch deinen Schlaf bei dem Bildungsfernsehprogramm zuvor. ;o)
Ein schlechtes Gewissen hat sich mir ehrlich gesagt, egal in welcher Situation, auch noch nie beim Lesen gezeigt. Ein direkter Vergleich der Leben von mir und meinen Romanfiguren stellt sich in dem Maße eigentlich nicht. Empathie – definitiv ja, schlechtes Gewissen – nein.
Mein Beitrag :o)
Liebe Grüße
Patricia
Hey Patricia,
*hust* ich heiß Elli. :D
Alles bestens, keine Albträume. ;)
Viele liebe Grüße,
Elli
Ok, es war kein automatisches Korrekturprogramm – ähm zählt der frühe Morgen nach einer nahezu unfreiwillig schlaflosen Nacht? ;o) Sorry, liebe Elli! *schäm*
Kein Problem, dir sei verziehen. :D
Hach, wat binsch nu froh! Nein, ist mir echt unangenehm. Normal achte ich extra drauf, dass ich mich entweder neutral halte oder aber den richtigen Namen nutze. Bin derzeit irgendwie durch den Wind …
Ist wirklich nicht schlimm, ich wollte es nur korrigieren, damit ich am Ende nicht jahrelang mit dem Namen Lilli leben muss. :D
;o)
Guten Morgen Elli,
das hast du wirklich treffend formuliert! Mitgefühl mit Buchcharakteren entwickle ich auch auf jeden Fall, aber ein schlechtes Gewissen, weil es ihnen schlechter geht als mir, hatte ich noch nie.
Liebe Grüße
Bella
Hallo Bella,
dazu besteht meiner Meinung nach auch überhaupt kein Anlass. :)
Viele liebe Grüße,
Elli
Hallo Elli
Dein Job wäre ja so gar nichts für mich. Ich arbeite in der Jugendhilfe und das ist es mir schon mal passiert, dass ich schreiend bei so einer Sendung aus dem Raum gerannt bin. Zur Belustigung meiner Klienten natürlich.
Was die Frage angeht, sehe ich es so wie du. Mitgefühl für Protagonisten ja. Schlechtes Gewissen? Nein!
LG Patricia
Huhu Patricia,
na ja, glücklicherweise ist das ja nur ein kleiner Teil meines Jobs. ;)
Viele liebe Grüße,
Elli
Huhu Elli :)
auch ich habe ein sehr bildliches Lesevermögen und versetze mich schnell in die Rollen der Protagonisten, dennoch habe ich gegenüber fiktiven Charakteren KEIN schlechtes Gewissen ;)
Liebe Grüße,
Tanja ♥
Hallo Elli,
du hast die Frage gestellt, wie weit unser Mitgefühl für die Figuren geht. Nun ja, ich würde sagen, dass mein Mitgefühl gegenüber den Figuren schon recht weit geht, jedoch bin ich in der Lage zwischen der realen und der fiktiven Welt zu unterscheiden. Aus diesem Grund habe ich auch kein schlechtes Gewissen, wenn meine Figuren im Buch gerade Hunger leiden und ich esse. Ich persönlich habe mich für eine andere Frage entschieden, die sich aus der Ursprungsfrage ebenso ergibt. Wie wichtig ist uns unser Essen? Wie präsent ist es?
Meine Antwort findest du auf vielleserin.de
viele Grüße,
Marie
Das ist eine eigenartige Frage. Ja, natürlich fühle ich mit den Figuren mit, aber es sind eben nur fiktive Personen. Die hat sich jemand ausgedacht, in genau diese jeweilige Situation versetzt und das doch ganz sicher mit Bedacht, also weshalb sollte ich ein schlechtes Gewissen kriegen?!
Tut mir Leid, dass du so einen Scheiß-Start in die neue Arbeits-Woche hattest. Sieh es positiv – schlimmer kanns nun nicht mehr werden. In diesem Sinne: eine schöne Woche
Ich kann mich dir zu 100% anschließen! Mitgefühl ja, schlechtes Gewissen nein. Wie du schon sagst, das ist nur angebracht, wenn man tatsächlich etwas ändern könnte und sich dagegen entscheidet. Zumal das aber ohnehin nur fiktive Charaktere sind, steht das aber sowieso außer Frage.
Liebe Elli,
wie mich ein Buch berührt oder nicht, ob ein Protagonist hungert oder z.B. traurig ist, kommt natürlich auch immer ganz darauf an, ob es sich um eine fiktive Geschichte handelt oder nicht.
Auch fiktive Geschichten berühren mich oder machen mich betroffen, wütend, traurig usw. und dass ist auch gut so. Aber ein schlechtes Gewissen, wenn ein Protagonist in einer erfundenen Story verhungert, habe ich definitiv nicht.
Anders ist meine Lese-Situation natürlich, wenn ich weiß dass es sich um eine reale Geschichte handelt. Ich möchte nicht unbedingt sagen, dass ich dann ein schlechtes Gewissen habe, aber ich werde dadurch angestoßen meine eigenen Handlungen im Alltag zu überdenken, um verantwortungsbewusster zu agieren. Diese Reaktion bzw. Haltung halte ich für absolut gesund und wichtig.
Viele Grüße
Nisnis
Hallo Nisnis,
ja, das sind genau die Ausnahmen, die ich angesprochen habe. :)
Viele liebe Grüße,
Elli
Hallo liebe Elli :)
Ich kann dir bei deinen Ausführungen nur zupflichten. Auch bei mir gibt es Grenzen was die Empathie anbelangt, da ich beim Lesen nie aus den Augen lasse, dass es sich bei alldem doch nur um fiktive Geschichten handelt. Ich kann mich auch nicht jedes Mal schlecht fühlen, nur weil mein aktueller Protagonist gerade eine schwere Zeit durchmacht. Natürlich fiebere ich mit den Protagonisten mit, aber sobald ich das Buch zuschlage, bin ich wieder in der normalen Welt angekommen!
Liebe Grüße,
Lisa von Prettytigers Bücherregal