Montagsfrage: Rechtsextremismus auf der Frankfurter Buchmesse?
Hallo ihr Lieben! :)
Ist euch aufgefallen, dass meine Sidebar letzte Woche zwischenzeitlich völlig anders aussah, als ihr es gewohnt seid? Ja, WordPress hat mal wieder ein Update gelauncht, das dazu führte, dass alle Widgets, die ich für meine Sidebar definiert hatte, plötzlich verschwunden waren und eine Standardauswahl ausgegeben wurde. Als ich das entdeckt habe und es fixen wollte, stellte sich heraus, dass sie den Widget-Editor im Backend komplett überarbeitet haben. Unglücklicherweise ist der neue Editor nicht mit meinem Theme kompatibel. Überhaupt musste ich bestürzt feststellen, dass es mein Theme eigentlich nicht mehr gibt. Ja, ihr seht hier ein Geister-Theme. Das erklärt so einige der Schwierigkeiten, die sich dieses Jahr bemerkbar machten. Das Widget-Problem konnte ich über den Live-Editor lösen, aber jetzt ist endgültig Schluss. So geht es nicht mehr weiter. Ich bin nicht bereit, ein neues Theme festzulegen und das gesamte Design des aktuellen wortmagieblogs anzupassen, obwohl ich weiß, dass meine Tage hier gezählt sind.
Stattdessen werde ich in den nächsten Wochen mit Hochdruck daran arbeiten, den neuen wortmagieblog zu launchen und das Fremdhosting damit endlich hinter mir zu lassen. Er wird dann noch nicht vollständig sein und ich werde im Hintergrund weiter Seiten, Beiträge und alles andere überarbeiten müssen, doch ich werde eine Version veröffentlichen, die zumindest so weit passabel und öffentlichkeitsfähig ist, dass ihr euch darauf zurechtfindet. Deshalb werde ich das Schreiben von Rezensionen bis zum Launch ruhen lassen. Ich schaffe nicht beides, also muss ich mich entscheiden. Das neuste WP-Update und die Erkenntnis, dass mein aktuelles Theme nicht mehr unterstützt wird, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Diese und nächste Woche geht jeweils noch eine vorbereitete Rezension online, aber danach nehme ich vorerst nur noch an der Montagsfrage teil. Ich hoffe, dass ich auf diese Weise noch dieses Jahr umziehen kann. Der Großteil der wichtigsten Inhalte steht bereits, also sieht es eigentlich nicht so schlecht aus. Drückt mir die Daumen!
Nach dieser folgenreichen Ankündigung und bevor ich mich nun der Montagsfrage von Antonia von Lauter&Leise widme, noch ein kurzes Update zu meiner Hautproblematik: Ich werde mir eine zweite Meinung einholen. Meine bisherige Hautärztin ist offenbar der Ansicht, dass wir nicht herausfinden können oder müssen, was den Ausschlag und Juckreiz an meinem Handgelenk auslöst. Sie hat mir ein frei verkäufliches Allergiemittel verschrieben und einen Kontrolltermin im Januar gegeben. Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Es ist schockierend, wie gleichgültig ihr meine Situation ist. Also suche ich mir jemanden, der oder die wirklich bereit ist, mir zu helfen.
So, nun aber. Auf zu meiner heutigen Antwort!
Sollten Verlage oder Autor_innen von Buchmessen ausgeschlossen werden können?
Tja, mit dieser Frage versaut mir Antonia also den Montagmorgen. ;) Nicht mit der Frage an sich, die ist völlig in Ordnung und notwendig, sondern mit der Hintergrundthematik. Offenbar habe ich letzte Woche tatsächlich unter einem Stein gelebt – einem Stein namens „Arbeit“ – und habe nicht mitbekommen, dass eine Diskussion über Meinungsfreiheit auf der Frankfurter Buchmesse entbrannt ist. Es könnte auch daran liegen, dass mich die Buchmessen eher wenig interessieren. Wie dem auch sei, ich habe den Streit nicht wahrgenommen, habe mich nun mit der Faktenlage befasst und wie es nicht anders zu erwarten war, regt mich das Thema fürchterlich auf.
Ich habe es so satt, dass sich Veranstalter_innen hinter der Meinungsfreiheit verstecken, um sich nicht positionieren zu müssen. Wenn ein_e Autor_in sich aus Angst um sein_ihr Leben nicht traut, die Frankfurter Buchmesse zu besuchen, macht die Frankfurter Buchmesse ganz offensichtlich etwas falsch. Ich verstehe nicht, was es da zu diskutieren gibt. Es steht mir wirklich bis hier. Stellt euch eine entsprechende Handbewegung vor.
Die Frankfurter Buchmesse bemüht sich seit Jahren, die Diversität und Vielfalt der literarischen Welt abzubilden. Gesellschaftspolitische Themen und Konflikte spielen dabei eine entscheidende Rolle, das zeigt die Auswahl der Gastländer, die Auswahl der Speaker_innen, die Auswahl der Keynotes. Und trotzdem bietet sie einem Verlag Raum, der diese angestrebte Diversität und Vielfalt unbestreitbar offen ablehnt? Da platzt mir wirklich die Hutschnur. Wie ist das bitte vereinbar? Ich sage es euch: Gar nicht.
Es besteht überhaupt kein Grund, einem solchen Verlag zu erlauben, dort einen Stand zu betreiben. Im Gegenteil, meiner Meinung nach bestehen gute Gründe, es eben nicht zu tun. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man die eigenen Ansichten bei jeder sich bietenden Gelegenheit verbreiten darf. Du kannst gern meinen, was du willst, aber wenn die Ausübung deiner Meinung dazu führt, dass sich eine andere Person unsicher und bedroht fühlt, ist diese Ausübung nicht durch das Grundrecht geschützt, weil jeder Mensch das Recht hat, sich sicher zu fühlen und dieses Recht höher priorisiert wird als das Recht auf Meinungsfreiheit. Dass eine Autorin fürchten muss, auf der Frankfurter Buchmesse beleidigt, bedroht und angegriffen zu werden, ist ein Armutszeugnis für die gesamte Veranstaltung.
Die Veranstalter_innen der Frankfurter Buchmesse haben auf der Frankfurter Buchmesse das Hausrecht. Sie müssen nicht Hinz und Kunz erlauben, dort aufzuschlagen. Ich nehme an, wird am Eingang festgestellt, dass eine Person Waffen mitführt, darf sie das Gelände ja auch nicht betreten. Sie hätten diesen Verlag also durchaus ausschließen können, ohne irgendeine Rechtsgrundlage zu verletzen. Dass sie es nicht getan haben, zeigt mir, dass ihre Prioritäten krumm ausgelegt sind. Es ist ihnen wichtiger, unpolitisch zu erscheinen, als eine Autorin zu schützen. Ich gratuliere. Das ist so ein Unsinn, ich könnte schreien. Niemand ist unpolitisch. Weder die Olympischen Spiele noch der Literaturnobelpreis und auch die Frankfurter Buchmesse ist es nicht. Das ist einfach nicht möglich, weil wir in einer politischen Welt leben. Ich kann nicht nachvollziehen, dass Veranstalter_innen immer wieder versuchen, die Illusion von Neutralität aufrechtzuerhalten. Ich finde es sogar gefährlich.
Abgesehen davon, dass sich besagte Autorin bedroht fühlte, muss man sich fragen, welche weiteren Folgen die Anwesenheit des Verlages haben könnte. An den Publikumstagen kann jede_r die Buchmesse besuchen. Unter den Besucher_innen sind sicher auch junge Menschen, deren Meinungen und Ansichten noch nicht gefestigt sind. Es ist hinreichend belegt, dass besonders junge Geister anfällig für menschenfeindliches, rechtsextremes Gedankengut sind. Demnach riskiert die Frankfurter Buchmesse sehenden Auges, dass sich dieser braune Dreck weiter verbreitet und unterstützt indirekt Radikalisierung. Auch unter den Besucher_innen gibt es garantiert Menschen, denen die Mitarbeiter_innen so eines Verlages gefährlich werden können.
Es geht also nicht um einen Einzelfall oder individuelle Empfindsamkeit. Es geht darum, dass dieser Verlag grundlegend für Werte steht, die nicht mit Demokratie und Humanität vereinbar sind und allem widersprechen, was sich die Frankfurter Buchmesse sonst öffentlichkeitswirksam auf die Fahnen schreibt. Sie hätten eine Grenze ziehen müssen. Sie hätten den Verlag ausschließen müssen, statt das Opfer zu zwingen, Konsequenzen zu ziehen.
Sammy Amara von der Band Broilers hat es mal sehr schön ausgedrückt. Er sagte, wir können darüber diskutieren, ob Ananas auf eine Pizza gehört oder nicht. Wir können darüber streiten und trotzdem Freunde bleiben. Aber sobald es um Rechtsextremismus, Faschismus, Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit geht, können wir nicht diskutieren und keine Freunde sein. Es gibt da nichts zu diskutieren. Diese Ansichten sind abstoßend und ich bin zutiefst enttäuscht, dass die Frankfurter Buchmesse nicht entsprechend gehandelt hat. Ein Grund mehr, dort niemals hinzufahren.
Wie seht ihr den Fall der Frankfurter Buchmesse?
Ich freue mich wie immer sehr auf eure Beiträge und Kommentare und wünsche euch allen einen munteren Start in die neue Woche!
Alles Liebe,
Elli ❤️
Ich kann Deinen Ärger über WP voll nachvollziehen; das war genau der Grund, weshalb ich vor einem Jahr spontan auch auf Self-Hosting umgestiegen bin (nur mit einem wesentlich rudimentäreren Blog-Zustand in dem Moment, in dem ich auf „Live“ umgeschaltet habe, und dementsprechend noch viel verbleibender Arbeit hinter den Kulissen).
Den Disput auf der Frankfurter Buchmesse habe ich auch nicht mitbekommen (steckte diese Woche zwischen einer Notsituation im Job und einem anderen größeren Projekt fest — letzteres hat übrigens mit der BookLikes-Community zu tun; schick mir eine PM auf Goodreads, wenn Du neugierig bist) … ich dachte / hoffte eigentlich, nachdem Akif Pirincci (ausgerechnet!) wegen ähnlich extremer, aber viel generellerer Äußerungen seinen Verlag verloren hatte, wussten wir, wo die deutsche Buchwirtschaft zu dem Thema steht!? :(
Ich finde es vor allem völlig unmöglich, dass ich vorher nie explizit informiert werde, wenn sie etwas ändern. Wird Zeit, dass das endet. -.-
Offensichtlich nicht. :(
Nee, wieso sollte es auch … :(
So sehr ich auch die Inhalte der entsprechenden Verlage ablehne, aber wenn du schreibst: „Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man die eigenen Ansichten bei jeder sich bietenden Gelegenheit verbreiten darf.“, dann halte ich dagegen und sage: „Doch, exakt das bedeutet sie!“ Natürlich bedeutet sie nicht, dass ich anderer Leute Meinungen gut finden muss.
Zudem findet die Meinungsfreiheit lediglich „ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
Der Jugendschutz, die von dir angesprochenen jungen Menschen, „deren Meinungen und Ansichten noch nicht gefestigt sind“ können sich zu Hause über das Internet sicherlich leichter, besser und unbeobachteter radikalisieren, als über eine Buchmesse. Zudem dürften auch junge Menschen den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen.
Was das Recht der Menschen auf Sicherheit angeht, so gibt es dieses Recht in expliziter Form nicht, Sicherheit ist kein Grundrecht, sondern eine Staatsaufgabe. „Gegen das „Grundrecht auf Sicherheit“ wird eingewandt, dass es die Grundrechte entindividualisiere, die Freiheitsrechte in ihr Gegenteil verkehre und im Übrigen die Sicherheit des Einzelnen insbesondere durch die Grundrechte betreffend Leben, Gesundheit und Freiheit ausreichend geschützt sei.“ heißt es dazu vom Bundestag.
Und somit landen wir eben doch beim subjektiven Sicherheitsempfinden einzelner Personen angesichts einer vermeintlichen Bedrohungslage. Solange aber die Inhalte der rechten Verlage nicht gegen geltendes Recht verstoßen, kann man aus subjektivem Empfinden einfach kein Verbot ableiten.
Sicherlich stehen diese Verlage „grundlegend für Werte“, „die nicht mit Demokratie und Humanität vereinbar sind“, aber das tut die AfD auch – und mit Verbotsverfahren tut man sich dort ja auch eher schwer.
Nicht dass wir uns falsch verstehen: Die handelnden Personen hinter den rechten Verlagen sowie ihre Inhalt sind verabscheuungswürdig und der Buchmesse würde nichts fehlen, wenn nichts davon da wäre. Aber nicht alles, was verabscheuungswürdig ist, ist auch verbotswürdig.
Ziemlich erschreckend finde ich zugegebenermaßen dein „Ich verstehe nicht, was es da zu diskutieren gibt.“ bzw. dein „Es gibt da nichts zu diskutieren.“, denn: Es gibt IMMER etwas zu diskutieren. Man muss ja schließlich nicht einer Meinung sein, das sind wir hier ja jetzt auch nicht. Einen Diskurs allerdings von Anfang an auszuschließen, ist mir zu einfach.
Okay, halten wir pro forma fest: Grundsätzlich sind wir derselben Meinung, wir sprechen uns nur für einen unterschiedlichen Umgang mit rechtem Gedankengut aus.
Soweit ich weiß, leitet sich aus Meinungsfreiheit nicht automatisch eine Ausübungsfreiheit ab. Ich kann mich hinstellen und laut verkünden, dass ich meinen Chef für einen Idioten halte, aber schreibe ich ein Buch darüber, dass mein Chef ein Idiot ist, wird das unter Garantie Konsequenzen haben.
Ich glaube, die Diskussion schweift auch gerade ab. Ich habe nicht dafür plädiert, diesen rechtsextremen Verlag zu verbieten, obwohl ich das natürlich gut fände. Das wäre in der Tat schwierig, solange sich alle veröffentlichten Inhalte innerhalb des geltenden Rechts bewegen. Es ist aber überhaupt kein Problem, einen solchen Verlag von einer Buchmesse auszuschließen, auf der die Veranstalter_innen wie gesagt das Hausrecht haben. Ob sich dann am Ende eingeklagt würde, sei mal dahingestellt, doch meiner Ansicht befinden sich die Veranstalter_innen in einer hervorragenden Position, um eine eindeutige Grenze zu ziehen. Warum das nicht geschehen ist, kann ich nicht nachvollziehen.
Zum Thema Jugendschutz: Klar, im Netz lässt es sich natürlich leicht radikalisieren, das will ich in keiner Weise bestreiten. Aber deswegen muss ich solchen Menschen ja nicht noch die Gelegenheit bieten, in den persönlichen Kontakt zu treten.
Für mich gibt es da wirklich nichts zu diskutieren. Rechtsextremist_innen haben auf einer Buchmesse, die kulturellen Austausch, Diversität und Vielfalt fördern soll, nichts zu suchen. Wir können gerne über andere Grenzen sprechen, aber für mich ist dieser spezielle Fall eine Null-Toleranz-Situation. Menschen, die vom Verfassungsschutz aufgrund dieses Gedankenguts beobachtet werden, müssen nicht in so eine Veranstaltung inkludiert werden.
Die vorangeschickte Grundannahme können wir guten Gewissens so stehen lassen. Sollten wir auch. :-)
Was die Äußerungsfreiheit angeht, so steht in Artikel 5 GG explizit: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (…)“. Da steht natürlich nicht dazu „wann immer es ihm passt.“ aber ebensowenig steht da „nur in folgenden Fällen:“ Insofern bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass jeder das Recht hat, seine Meinung frei zu äußern, wann und wo es ihm auch immer gerade in den Kopf kommt. Das Beispiel mit dem idiotischen Chef taugt hier nur bedingt, weil man damit das Fundament der Meinungsfreiheit verlässt und das der Beleidigung betritt. Ich bin aber kein Verfassungsrechtler, das mag man also anders sehen.
Dass du nicht für das Verbot des Verlags an sich, sondern nur für seinen Ausschluss von der Buchmesse plädierst, ist mir schon klar. Insofern habe ich vielleicht etwas irreführend formuliert. Und ja, sicherlich wäre es der Buchmesse möglich gewesen, die betreffenden Verlage auszuschließen, zu den Grundsätzen der Buchmesse gehört aber eben auch, dass in ihren AGB steht: „Der Veranstalter führt keinerlei Zensur durch.“ Nur im Falle von „Werke, deren Herstellung, Verbreitung oder Einfuhr durch Gerichte der Bundesrepublik Deutschland verboten ist“ würde man jemanden ausschließen. Man kann nun vielleicht darüber diskutieren, ob die Buchmesse ihre eigenen Grundregeln überarbeiten sollte. Solange die Bestand haben, können sie aber nicht dagegen handeln. Und einen Verlag auszuschließen, deren Machwerke nicht gegen geltendes Recht verstoßen, würde dann doch schon sehr nah an Zensur dran sein.
Ich verstehe den Punkt zum Jugendschutz und kann aufgrund der Tatsache, dass ich noch nie auf einer Buchmesse war, nicht angemessen beurteilen, wie viele unbegleitete Minderjährige da rum laufen, dennoch müssen wir uns in dem Punkt einig sein, uns uneinig zu sein.
Und, letztlich, was die Diskussionsbereitschaft angeht: Und schon befinden wir uns im Diskurs, den du eben noch kategorisch ausgeschlossen hast. Um nichts anderes ging es mir.
Grundsätzlich können wir uns, denke ich, darauf verständigen, im eigentlichen Anliegen einig zu sein, die Wahl der Mittel aber unterschiedlich zu betrachten.
Genau den Eindruck habe ich auch, ich bin da wohl etwas radikaler verortet. ;) Macht aber nichts, wir können uns durchaus uneinig sein. Mit der Aussage, dass ich darüber nicht diskutiere, will ich ausdrücken, dass für mich kein Diskussionsbedarf besteht, weil ich eine sehr eindeutige Meinung dazu vertrete. Womit sich der Kreis irgendwie schließt.
Hi Elli,
die Autorin Jasmina Kuhnke hat getwittert „Ich rede nicht mit Nazis. Ich höre Nazis nicht zu. Ich lese keine Bücher von Nazis“ und viele, die sich dem Boykott anschließen, sind dieser Argumentation gefolgt. Das ist in meinen Augen aber grundlegend falsch. Jeder sollte sich auch mit dem auseinandersetzen, wo man nicht dahintersteht. Und ja, ich habe mir das Wahlprogramm der AfD durchgelesen (in Auszügen), einfach um zu wissen, wofür die stehen. Und ja, ich war auf der Webseite des besagten Verlags, um zu schauen, was die überhaupt veröffentlichen. Das Ignorieren von Rechten hat in der Vergangenheit schon nicht funktioniert und wird es auch nicht in der Gegenwart.
Ich habe mittlerweile auch Beiträge gelesen, in denen es um Rechtsfragen geht, ob es überhaupt zulässig wäre, einen Verlag von der Messe auszuschließen.
Dein Argument hinsichtlich der Jugendgefährdung lasse ich so nicht gelten, denn es sind auch Verlage auf der Messe anwesend, die Bücher veröffentlichen, in denen Gewalt verherrlicht wird, in denen Sexpraktiken aus den Richtungen BDSM&Co. dargestellt wird oder sonst wie nicht jugendfrei sind. Das ist bei Bücher bekanntlich nicht hinreichend geregelt, da es sowas wie eine FSK oder USK nicht gibt. Ein Buch kann immer noch verboten werden, aber dann muss da schon „krasses Zeug“ drinnen stehen.
Viele Grüße
Frank
Hey Frank,
ich finde, sich mit rechtsextremen Inhalten kritisch auseinandersetzen und einem rechtsextremen Verlag eine Bühne geben, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Es geht mir nicht ums Ignorieren, überhaupt nicht. Zur Sensibilisierung ist es unvermeidlich, dass man weiß, womit man es zu tun bekommt. Dafür musste dieser Verlag aber nicht auf der Buchmesse präsent sein. Im Gegenteil, meiner Ansicht nach wäre ein Ausschluss das exakte Gegenteil, ein Statement im Sinne von „Wir wissen, was ihr tut. Wir wissen, was ihr veröffentlicht. Genau deshalb wollen wir euch hier nicht haben.“
Zur Rechtslage kann ich mich selbstverständlich nicht qualifiziert äußern. Laienhaft berufe ich mich darauf, dass die Veranstalter_innen auf der Buchmesse das Hausrecht haben, aber ich weiß nicht sicher, ob das in diesem Fall tatsächlich ausreicht. Dennoch, selbst der Versuch eines Ausschlusses hätte ja bereits eine eindeutige Botschaft gesendet.
Auch da besteht für mich ein Unterschied. Natürlich gibt es haufenweise Bücher, die nicht jugendfrei sind und möglicherweise wäre eine FSK-Angabe nicht die schlechteste Idee. Nur muss man hier eher nicht fürchten, dass die Mitarbeitenden der Verlage, die diese Bücher veröffentlichen, versuchen könnten, Jugendliche auf einem Messestand davon zu überzeugen, dass BDSM (als Beispiel) die einzig wahre Praktik ist. Vermutlich hätte ich das noch mal deutlicher formulieren müssen: Ich beziehe mich dabei nicht auf die Bücher dieses Verlages, die dort präsentiert und verkauft werden. Ich beziehe mich auf die Personen am Stand, die diese Situation ausnutzen könnten.
Liebe Grüße,
Elli