Hallo ihr Lieben! :)
Ich habe eine unfassbar stressige Woche hinter mir. Kennt ihr diese Filme, in denen die beste Freundin einer schwangeren Frau zu einer hysterischen, überspannten Nervensäge mutiert, weil sie eine Babyparty planen muss? Ich kann die beste Freundin jetzt verstehen. Meine liebe Freundin R. ist hochschwanger und wir haben im Freundeskreis für sie am Samstag eine Babyparty veranstaltet. Hätte ich geahnt, wie viel organisatorischer Aufwand das ist, hätte ich behauptet, dass ich mich aus religiösen Gründen leider nicht beteiligen kann. Geschenke, Verpflegung, Gäste, Logistik, Spiele, Musik und noch mehr Geschenke, die bitte nicht zu kitschig sein dürfen. Ich hätte gelogen, dass sich die Balken biegen, um diesem Wahnsinn zu entkommen.
Nein, natürlich nicht. Ich hätte trotzdem geholfen. 🙄 Die Party war ein Erfolg, aber ich hoffe aufrichtig, dass so schnell niemand weiteres aus meinem Umfeld schwanger wird. Ich bin richtig froh, dass ich mich nun wieder nur mit meinem ganz normalen Alltagsstress auseinandersetzen muss und ich freue mich, dass ich die Woche mit meinem entspannten Montagmorgen-Ritual beginnen kann – der Montagsfrage von Antonia von Lauter&Leise.
Lyrik: ausgedient oder am Aufblühen?
Lyrik. Habe ich eine Beziehung zu Lyrik? Mal überlegen. In meiner Schulzeit haben mich Gedichtanalysen ebenso genervt wie vermutlich alle anderen Schüler_innen auch, obwohl mir diese Aufgabe leicht von der Hand ging. Die Struktur einer Analyse ist immer gleich: man muss ein paar Fakten auswendig lernen, wie die Merkmale der entsprechenden historischen Epoche und Stilmittel, wendet diese an und darf dann wild herumspekulieren, was der Autor oder die Autorin (wobei wir wenig Gedichte von Frauen besprochen haben) wohl aussagen wollte. Ich fand das einfach. Nur die Metrik bereitete mir lange Zeit Probleme, bis ich selbst begann, Gedichte zu schreiben und ein Gefühl für sprachlichen Rhythmus entwickelte. Danach war es noch einfacher. Den Interpretationspart, der für viele meiner Mitschüler_innen eine Herausforderung darstellte, empfand ich immer als Kinderspiel, weil man alles in ein Gedicht hineinlesen kann, solange man fundierte Beweise dafür im Text findet. Ich war stets von meiner Meinung überzeugt und hatte Spaß daran, meinen Lehrer oder meine Lehrerin durch eine geschickte Argumentation ebenfalls davon zu überzeugen, dass sie gerechtfertigt war. Mich nervte nur, dass Gedichtanalysen so oft auf dem Lehrplan standen. Immer und immer wieder dieselben sprachlichen Mittel durchzukauen und darüber zu diskutieren, wieso sie wie eingesetzt wurden und inwiefern dieser Gebrauch Rückschlüsse über die Geisteshaltung des Autors zuließ, fand ich ermüdend. Selbstverständlich sah ich auch nicht, welchen Nutzen diese Fähigkeit bzw. dieses Wissen für mein weiteres Leben haben sollte. Kapiere ich bis heute nicht, denn mich hat noch nie jemand in der Gemüseabteilung aufgefordert, Goethes „Prometheus“ zu analysieren.
Heutzutage erkenne ich die Schönheit von Gedichten. Es gibt einige lyrische Werke, die ich sehr schätze. Erstaunlicherweise sind das fast alles Gedichte, die mir im Laufe meiner Schulzeit irgendwann einmal vor die Nase gehalten wurden, denn seit ich aus der Schule raus bin, habe ich mich mit dieser Gattung so gut wie gar nicht mehr beschäftigt. Sie passen nicht in meinen Alltag. Ich würde gern Gedichte lesen, aber ich musste feststellen, dass ich ohne den Rahmen einer Analyse keinen Zugang zur Bedeutungsebene finde.
Ich hatte jahrelang Walt Whitman’s „Grashalme“ auf dem Nachttisch liegen. Der Vorsatz lautete, jeden Abend vor dem Einschlafen ein Gedicht zu lesen. Das hat überhaupt nicht funktioniert, weil ich nicht dahinter kam, was mir der alte Hippie sagen wollte. Ich grübelte und grübelte, konnte nicht einschlafen und drehte mich mit meinen Gedanken im Kreis. Ich lernte, dass ich offenbar kein Mensch bin, der Gedichte einfach so lesen kann, weil sie hübsch sind. Ich bin zu analytisch dafür, ich will ein Gedicht auseinandernehmen und bis in den tiefen Kern vordringen, um die mutmaßliche Intention des Autors oder der Autorin offenzulegen. Ich begreife Gedichte als Kompositionen, deren Elemente alle einem bestimmten Zweck dienen. Kann ich diesen Zweck nicht ermitteln, bleibt mir die Bedeutung ganzheitlich verschlossen. Ergo müsste ich für jedes Gedicht, das ich lese, eine Gedichtanalyse anfertigen, was im Alltag schlicht viel zu viel Arbeit ist. Deshalb passen sie momentan nicht in mein Leben.
Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass der Tag kommen wird, an dem ich fähig sein werde, Gedichte um ihrer selbst willen zu lesen. Ich weiß nicht, woher ich diese Überzeugung nehme, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich Geduld haben und älter werden muss. Ich sehe das nicht als Hindernis oder Problem, weil ich ohnehin glaube, dass alles im Leben seine Zeit hat. Ich fürchte nicht, dass die Lyrik ausgestorben ist, bis ich soweit bin, denn einerseits schätze ich das Risiko bei Poeten, deren Werke bereits Jahrhunderte überdauerten, als gering ein und andererseits denke ich ebenso wie Antonia, dass diese Gattung aktuell einen zweiten Frühling erlebt. Die modernen Medien erlauben jedem Menschen, die eigenen Gedanken in die Welt hinauszuposaunen, wieso sollten sie nicht für Gedichte genutzt werden? Außerdem bin ich der Meinung, dass diverse Rapkünstler_innen stark dazu beitragen, die Lyrik frisch zu halten. Obwohl das gar nicht meine Musik ist, weiß ich durch den Lieblingsmenschen, dass Raptexte immer ausgeklügelter werden und einige Musiker_innen weit über plumpe Haus-Maus-Reime hinausgehen. Vielleicht müssen wir die Lyrik heutzutage einfach anders betrachten und dürfen nicht auf traditionelle Formen beharren. Wer weiß, möglicherweise werden zukünftige Generationen im Unterricht Raplines analysieren?
Ist Lyrik ein Teil eures Lebens?
Ich freue mich wie immer auf eure Beiträge und Kommentare und wünsche euch allen einen wundervollen Start in die neue Woche!
Alles Liebe,
Elli ❤️
Hallo Elli,
ich mag ebenfalls Gedichte und verstehe dich, wenn du sagst, dass du die Intention des Autors selbst entdecken willst. Aber für manche Gedichte braucht man Lebenserfahrung, für manche einfach nur den Sinn für die verwendete Sprache. Gedichte müssen einen mitnehmen auf eine Reise, dann haben sie ihren Zweck erfüllt. Wohin die Reise dann auch immer gehen mag.
Manches überdauert die Zeit, um dann in einem neuen Rahmen wieder zu neuem Leben erweckt zu werden.
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Elii,
ja, es gibt sicherlich Literatur, zu der man sich erst später hingezogen fühlt. Ich glaube allerdings, dass es sehr viele lyrische Werke gibt, bei denen die Intention des Autors auch ohne Analyse recht schnell zum Tragen kommt ;)
VG
Der Büchernarr
Liebe Elli, die Lyrik wird sich irgendwann bei Dir einschmuggeln und sei es zum Entspannen oder/und Nachdenken . Da bin ich ganz sicher und Poetry Slam gehört auch zur Lyrik und begeistert junge Menschen sehr. Zu den sogenannten Klassikern findet man vielleicht in schwierigen Lebensphasen ;-) ,,,,
GLG Angela
Hallo Elli,
an die Gedichtanalysen kann ich mich im Detail nicht mehr erinnern. Schlimmer waren Interpretationen von irgendwelchen vollkommen uninteressanten Büchern mit verquerer Sprache, die gefühlt schon hunderte Jahre alt war. Da gibt es aus meiner Sicht kein falsch oder richtig. Wenn man wissen will was der Verfasser meinte, muss man dort nachfragen und nicht bei den Schülern. ;)
Trotzdem haben meine Deutschlehrer es nicht geschafft mir den Spaß am Lesen zu rauben. Erst auf der weiterführenden Schule habe ich dann eine Deutschlehrerin gehabt, die den Namen verdient hat und versucht hat die Schüler für Literatur zu begeistern. Die war übrigens auch eine tolle Vorleserin.
Gedichte sind irgendwie ein Thema was ich offenbar mundgerecht serviert bekommen muss in form eines guten Vortrages.
Vielleicht kommt ja in Zukunft noch eine Zeit, wo ich mich mehr mit dem Thema beschäftige.
LG
Torsten
Liebe Elli!
Ja! Ich kann Dir nur zustimmen: Alles hat seine Zeit, bzw. manches braucht ebenselbe!
Darum lasse Dich bitte nicht stressen!
Apropos Stress: Um weitere Babypartys zu umgehen, solltest Du vielleicht bei jeder passenden – oder vielmehr: unpassenden – Gelegenheit „dezent“ Kondome verteilen! Ich verspreche Dir, Du wirst nie wieder gebeten, eine Babyparty zu organisieren!
Gruß
Andreas
Hallo Elli,
wow, Raplines in der Schule? Darüber habe ich noch gar nie nachgedacht. Solange es nicht Gangsta Rap ist, der irgendwelche Randgruppen diskriminiert oder „disst“, warum nicht? Man weiß nie, was die Zukunft bringt.
Ich mag Gedichte auch, aber im Analysieren war ich nicht so gut. Das fiel mir bei Prosa leichter. Außerdem habe ich es gehasst, Gedichte auswendig zu lernen.
Schöne Woche noch!
Liebste Grüße
Emma
Juhu Elli,
oh je, da hast du aber was mitgemacht mit der Babyparty :D
Ach danke für dein Beispiel mit „Prometheus“ von Goethe… Ich wusste gar nicht, dass das Gedicht auch noch in mir schlummert. Aber dein Prblem seh ich auch bei den ganzen Interpretationen. Mich hat bis heute auch noch nie jemand am Gemüseregal überfallen oder aus dem Schlaf gerissen, um ein Gedicht zu analysieren. Das ist ja die Krux dabei, dass man als Schüler Dinge lernen muss, die einem fürs Leben nichts bringen und man dann eine extreme Abneigung dagegen entwickelt. Mir fiel es immer leicht, wie dir und es hat mir sogar Spaß gemacht.
Lyrik ist nicht verstaubt. Sie kann so toll sein und je mehr Klassiker ich durch die Montagsfrage wieder lese, umso mehr Lust bekomme ich auch wieder darauf. So und jetzt suche ich mir einen schönen Gedichtband, der in mein Regal einziehen darf :)
LG Kathi
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