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Die Montagsfrage dieser Woche von Libromanie dreht sich um Hörbücher:

Hörbücher gekürzt oder ungekürzt?

Nina möchte gern wissen, ob wir bei Hörbüchern darauf achten, dass es sich um eine ungekürzte Ausgabe handelt.
Unglücklicherweise bin ich bei dieser Frage raus. Ich kaufe und höre keine Hörbücher. Bevor ich euch erkläre, warum, möchte ich klarstellen, dass ich niemanden dafür verurteile, Hörbücher zu nutzen. Meine Erklärung bezieht sich ausschließlich auf mich. Es sind meine Empfindungen, die für niemanden sonst gelten müssen und bedeuten keinerlei Kritik.
Ich höre keine Hörbücher, weil sie sich für mich wie Schummeln anfühlen. Es ist, als würde ich lieber den Film sehen, als das Buch zu lesen. Der leichte Ausweg.
Als Kind habe ich es geliebt, wenn mir vorgelesen wurde – was auch oft vorkam. Doch jetzt, als Erwachsene, die des Lesens schon seit circa 20 Jahren mächtig ist… Mir muss einfach niemand mehr vorlesen. Ich kann das auch allein. Ich kann mich selbst durch ein Buch arbeiten, ob nun mit mehr oder weniger Aufwand.
Aus den 100 Fragen wisst ihr, dass der Satz „Keine Zeit zum Lesen!“ in meinem kleinen Universum nicht existiert. Ich glaube, dass viele BuchfreundInnen Hörbücher nutzen, weil ihnen die Zeit fehlt, sich mit einem Buch hinzusetzen. Das Hörbuch kann nebenbei laufen: beim Putzen, beim Autofahren und so weiter. Ich kann mir jedenfalls keinen anderen akzeptablen Grund vorstellen, warum man statt dem Buch das Hörbuch kaufen sollte. Das triff auf mich einfach nicht zu. Ich habe die Zeit, weil ich mir die Zeit nehme. Ich WILL Zeit zum Lesen haben, also sorge ich eben dafür.
Alle anderen Begründungen verbuche ich für mich unter Faulheit oder – euphemistischer – Bequemlichkeit. Was Bücher betrifft, möchte ich weder faul noch bequem sein. Ich möchte eine LeserIn sein, die mit ihrer eigenen Fantasie, ihrer eigenen Intonation, ihren eigenen Interpretationen an eine Geschichte herangeht. Als Linguistin weiß ich, dass in Intonation und Prosodie unglaublich viele Informationen der Metaebene kodiert sind. Es schimmern immer Meinungen und Gefühle durch einen einfach erscheinenden Ausspruch. Kein menschliches Wesen kann wirklich neutral sprechen.
Ich möchte einen Satz auch fünf Mal lesen können, wenn ich Probleme habe, ihn zu verstehen oder auch, wenn ich ihn besonders schön finde. Ich möchte den Figuren selbst eine Stimme geben. Ich möchte nicht, dass zwischen der Verbindung, die zwischen mir und einem Buch entsteht, dieser einzigartigen Magie, noch jemand steht. Lesen ist für mich intim. Privat. In dieser Beziehung hat niemand sonst etwas zu suchen.
So, nun wisst ihr es. Wie gesagt, bei anderen LeserInnen finde ich Hörbücher überhaupt nicht schlimm. Doch für mich kommen sie eben nicht in Frage.

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