Kapitel 2

Kapitel 2

Robert E. Howard: Der tragische Koenig der Kurzgeschichte

Teil 2

Teil 2

Angestachelt vom plötzlichen Erfolg seiner ersten Verkäufe schrieb Robert E. Howard ab 1925 fieberhaft und wie im Wahn, nicht selten 12 Stunden pro Tag. Es gibt Hinweise darauf, dass Hester ihn in der Verwirklichung seines Traums unterstützte; wie sein Vater auf die Schreiberei reagierte, ist hingegen nicht bekannt. Mark Finn mutmaßt, dass Isaac abwartete, wie viel Geld die Bemühungen seines Sohnes einbrachten. Robert lebte ja noch immer in ihrem Haus und steuerte zuerst nichts zum Auskommen der Familie bei. Er war permanent pleite, denn mehr als ein kleines Taschengeld stellten ihm seine Eltern nicht zur Verfügung.

Im Frühling 1925 sah er sich daher gezwungen, einen Nebenjob anzunehmen, um seine Ausgaben zu decken. Er versorgte die örtlichen Zeitungen mit Nachrichten von den Ölfeldern. Es war der erste von vielen harten, oft unterbezahlten Jobs, die Robert ertragen musste, bis er als Schriftsteller so erfolgreich war, dass er vom Schreiben leben konnte und vermittelt einen Eindruck davon, was sein prinzipielles Problem mit diesen Stellen war. Er musste mit Leuten, die er nicht mochte, über ein Thema sprechen, das er nicht mochte.

Egal, wo er Arbeit in Cross Plains und Umgebung fand, überall kam er in Kontakt mit dem Ölboom, den er so leidenschaftlich verfluchte: Entweder mit den Ölfirmen oder mit den Arbeitern auf den Ölfeldern. Cross Plains profitierte unterm Strich von der Ölindustrie und tätigte kluge städtische Investitionen (zum Beispiel wurde eine neue Schule gebaut), aber Robert wollte das nicht anerkennen und konzentrierte sich stets auf die negativen Aspekte des Booms. Er lehnte alles, was irgendwie mit dem Öl in Verbindung stand, kategorisch ab.

Außerdem hatte Robert so seine Schwierigkeiten mit Autorität. Bereits in der Schule widerstrebte es ihm, dass ihm vorgegeben wurde, was er zu denken, zu lesen und wie er sich zu verhalten hatte. Im Berufsleben wurde das natürlich nicht besser. Jetzt musste er Anweisungen von Menschen ausführen, die er oft weder mochte noch respektierte, ob diese ihm nun sinnvoll erschienen oder nicht. Sein aufbrausendes, hitziges Temperament tat sein Übriges. Das konnte nicht gutgehen und er kündigte mehrfach, weil er sich mit seinen Vorgesetzten in die Haare bekommen hatte.

Bis zu einem gewissen Grad kann ich das nachvollziehen. Diese Jobs sollten ihn finanzieren, bis er hauptberuflich als Schriftsteller arbeiten konnte. Sein Herz hing am Schreiben, nicht an den Aushilfestellen, die er in Cross Plains übernahm. Es war ihm nicht wichtig, was er tat; das Geld war das Einzige, das zählte. Trotzdem wäre ihm etwas mehr Pragmatismus wohl gut bekommen. Meiner Meinung nach setzte er alles auf eine Karte und ging damit ein unnötiges Risiko ein.

So sehr ich seine Zielstrebigkeit bewundere und obwohl sein Erfolg letztlich alle Kritik als obsolet kennzeichnet, bestand immer die Möglichkeit, dass ihm niemals der große Durchbruch gelungen wäre. Warum also nicht aufs College gehen, einen Beruf erlernen, der ihm als Standbein hätte dienen können und nebenbei weiterschreiben? Robert E. Howards Karriere ist ein leuchtendes Beispiel für die Früchte unerbittlicher Arbeit. Scheitern kam für ihn einfach nicht in Frage. Aber der Leistungszwang, den er dadurch auf sich selbst ausübte, war ungesund und nicht nachahmenswert. Rückblickend scheint es fast, als hätte er unter Zeitdruck gestanden.

Bis August 1926 arbeitete Robert in sage und schreibe sieben verschiedenen Jobs. Nebenbei schrieb er, soweit es seine Zeit zuließ und verkaufte sein Material weiterhin an Wright und Weird Tales. Im Juli 1925 erschien endlich „Spear and Fang“ und im April 1926 war seine Geschichte „Wolfshead“ das Coverfeature. Das vielleicht einzig Positive, das sich über seine unterschiedlichen Anstellungen sagen lässt, ist, dass er ein weiteres Ventil für seine angestaute Frustration entdeckte, als er im lokalen Gemischtwarenladen angestellt war.

Nach der Arbeit hielt er sich gern im Neeb Ice House auf. Dabei handelte es sich um ein professionelles Kühllager, das viele der Händler der Stadt nutzten, weil noch keine private Möglichkeit bestand, Waren kühl zu halten. Als Nebenverdienst bot das Ice House gekühlte Getränke an – unter dem Mantel der Verschwiegenheit bekam man dort selbst in Zeiten der Prohibition Alkohol. Robert hatte eine Vorliebe für Bier entwickelt, das war jedoch nicht der Hauptgrund für seine Besuche.

Vielmehr waren es die inoffiziellen Amateurboxkämpfe, die ihn anzogen. Hier konnte er beweisen, dass er ebenso fit und stark war wie die verhassten Ölfeldarbeiter. Für seine Biografie ist dieses Erlebnis von Belang, weil er – wie alles, was ihm etwas bedeutete – seine Erfahrungen als Kämpfer und Zuschauer in seinen Geschichten verarbeitete.

Ein guter Deal

Porträt von Dr. Isaac Howard

Dr. Isaac Howard, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Im August 1926 war Robert vollkommen ausgelaugt. Die harte Arbeit forderte ihren Tribut und er machte mit der Schriftstellerei nicht die Fortschritte, die er gern erreicht hätte, schon gar nicht finanziell, weil Weird Tales immer erst mit Veröffentlichung auszahlte. Deshalb ließ er sich bereitwillig auf einen Deal mit seinem Vater ein. Vermutlich stellte dieser Isaacs letzten Versuch dar, seinen Sohn doch noch zu einer ordentlichen Berufslaufbahn zu überreden.

Er erklärte sich bereit, für einen Buchhalter-Kurs an der Howard Payne Business School zu bezahlen. Danach sollte Robert ein Jahr Zeit bekommen, um sich als Autor mit regelmäßigem, akzeptablem Einkommen zu etablieren. Gelang ihm das nicht, würde er die Schreiberei aufgeben und sich eine Stelle als Buchhalter in der Stadt suchen.

Es war ein Ultimatum mit angemessenen Bedingungen. Unter normalen Umständen wäre Robert wohl längst aus dem Haus gewesen, hätte Geld verdient und vielleicht sogar schon eine Familie gegründet. Mark Finn drückt es niemals so deutlich aus, aber wie ich das sehe, lag er seinen Eltern auf der Tasche. Ich finde es nur verständlich, dass Isaac seinen Sohn in die finanzielle Unabhängigkeit schubsen wollte. Tatsächlich erscheint es mir für die Zeit recht milde, dass er ihm noch eine Chance zugestand, seinen Traum zu realisieren und ihm nicht sofort die Pistole auf die Brust setzte.

Ich glaube hingegen nicht, dass es Isaac darum ging, dass Robert auszog. Hester brauchte intensive Pflege, doch da ihre Ehe aus verschiedenen Gründen in Trümmern lag, wollte Isaac in seinem Beruf, der ihn ja oft stunden- oder sogar tagelang fernhielt, wahrscheinlich nicht kürzertreten. Kurz: er wollte nicht mehr Zeit mit seiner entfremdeten Frau verbringen als nötig. Dass Robert noch zu Hause wohnte, kam ihm gelegen. Trotzdem wollte er, dass sein Sohn finanziell auf eigenen Füßen stand.

Folglich war Robert im September zurück an der Business School in Brownwood und ließ sich zum Buchhalter ausbilden. Selbstverständlich schrieb er weiterhin und sah seine Erzählungen in der Collegezeitung „The Yellow Jacket“ und in Weird Tales veröffentlicht. Er verfasste seine erste erhaltene Boxgeschichte „Cupid Vs. Pollux“ und bergeweise Gedichte. Howards Lyrik wird oft übersehen. Allein von Anfang der 1920er bis Mitte der 1930er dichtete er über 800 Werke, die er hauptsächlich in Briefen niederschrieb, zum Teil aber auch an Magazine schickte.

Seine Poesie verkaufte sich nicht ansatzweise so gut wie seine Prosa, Mark Finn bescheinigt ihm jedoch eindeutig Talent. Ich habe nur ein, zwei seiner Gedichte gelesen. Deshalb möchte ich davon absehen, sie in dieser Beitragsreihe näher zu besprechen, denn ich habe schlicht keine Ahnung und glaube, dass ihre Interpretation sehr umfangreich wäre, weil Robert laut Finn exakt aufschrieb, was in ihm vorging, ohne sich hinter verschleiernden Metaphern zu verstecken. Vermutlich könnte man seine gesamte emotionale Entwicklung anhand seiner Lyrik rekonstruieren. Beschränken wir uns auf die Fakten und seine Prosa, einverstanden? Damit haben wir schon mehr als genug zu tun.

Durch eine Maserninfektion im Frühjahr 1927 verzögerte sich sein Abschluss an der Business School um einige Monate bis in den August. Robert dürfte das nicht sonderlich gekümmert haben. Er hatte ja sowieso nicht vor, als Buchhalter zu arbeiten, trotz des Deals mit seinem Vater und den Erwartungen beider Elternteile. Seinem Freund Lyndsey Tyson sagte er „Wenn sie denken, dass ich mich an einen dreckigen Buchhalter-Job kette, sind sie verrückt!“ („If they think I’m going to tie myself down to some grubby bookkeeper job, they’re crazy!”).

Sein Jahr in Freiheit begann. Jetzt hatte er die Gelegenheit, es seinem Vater zu zeigen und zu beweisen, dass er als Autor auch finanziell erfolgreich sein konnte. Er stürzte sich jedoch nicht sofort auf seine Schreibmaschine, sondern unternahm erst einmal eine längere Reise mit seinem Freund Truett Vinson nach San Antonio und Austin, Texas‘ Hauptstadt. Dort trafen sie sich mit Harold Preece, einem alten Kumpel von Vinson und dessen Freund Booth Mooney.

Die vier jungen Männer waren vom selben Schlag: belesen, intellektuell hungrig und mit einem starken Bedürfnis nach Literatur gesegnet. Für sie war es wohl nur naheliegend, einen Literaturkreis zu bilden. Sie nannten sich und ihre kleine Zeitschrift „The Junto“, die im März 1928 zu kursieren begann.

Sword and Sorcery

Foto von Robert E. Howard mit seinem Hund Patch vor dem Haus der Familie

Robert E. Howard mit seinem Hund Patch vor dem Haus der Familie (Jahr unbekannt), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Jede Reise muss einmal enden und so zog Robert ein letztes Mal nach Cross Plains zurück. Nun stand seiner großen Karriere nichts mehr im Weg und er widmete sich voll und ganz dem Schreiben, sehr zur Verwunderung seiner Nachbar_innen. In einer Kleinstadt in Texas mutete es seltsam an, wenn jemand keiner geregelten Arbeit nachging und nur vor der Tür gesehen wurde, um Sportübungen zu vollführen. Robert war diese grundlegende Distanz zu seinen Mitmenschen von Kindesbeinen an bewusst. Ihm war klar, dass er anders war und es gelang ihm nie wirklich, seinen Frieden damit zu schließen. Einerseits verachtete er die Einwohner_innen von Cross Plains für ihre Kleingeistigkeit, andererseits wollte er dazugehören.

Das erste Manuskript, an dem er in diesem Spätsommer arbeitete, war „The Shadow Kingdom“. Diese Geschichte begleitete ihn bereits einige Jahre, was für ihn eher ungewöhnlich war. Es war nicht seine Art, sich allzu lange an einem Projekt aufzuhalten, obwohl er viele seiner Geschichten mehrfach umschrieb. Der spezielle Markt der Pulp Magazine, in dem Quantität und Tempo eine große Rolle spielten, ermutigte nicht gerade dazu, lange über einer Geschichte zu brüten und sie ewig in einer Schublade aufzubewahren.

Foto von Robert E. Howard mit seinem Hund Patch vor dem Haus der Familie

Robert E. Howard mit seinem Hund Patch vor dem Haus der Familie (Jahr unbekannt), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Im September stellte er „The Shadow Kingdom“ endlich fertig und schickte sie an Weird Tales. Diese Erzählung mit dem unscheinbaren Titel ist ein Meilenstein in der Literaturgeschichte. Laut Mark Finn ist es die erste Sword and Sorcery – Geschichte, die jemals verfasst wurde. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Wahrscheinlich ist dieser Punkt in der Literaturwissenschaft heftig umstritten. Im entsprechenden Wikipedia-Artikel steht jedoch, dass Sword and Sorcery sich tatsächlich in Pulp Magazinen herausbildete und Robert E. Howard wird als einer der frühen Schriftsteller des Subgenres benannt.

Also wieso eigentlich nicht? Wieso sollte die erste Geschichte von King Kull nicht auch der erste echte Sword and Sorcery – Stoff überhaupt sein? Ich finde, Robert E. Howard steht diese Ehre gut und ich bin gern bereit, sie ihm zuzurechnen.

Sicher war Farnsworth Wright nicht so recht bewusst, dass er mit „The Shadow Kingdom“ eine Weltneuheit auf seinem Tisch liegen hatte. Dennoch gefiel ihm die Geschichte und er bot Robert $100 dafür an, die mit Abstand höchste Summe, die er bisher für eines seiner Werke erhalten hatte. Animiert schrieb Robert sechs weitere Kull-Geschichten. Diese intuitive Reaktion war der Beginn einer Strategie, die er über die Jahre häufig anwandte und schier perfektionierte.

Robert E. Howard hielt seine Charaktere niemals künstlich am Leben. Er schrieb über sie, bis er das Gefühl hatte, alles erzählt zu haben und wandte sich dann – aus der Perspektive seiner Leser_innen – abrupt neuen Projekten zu. Aber solange es noch etwas zu erzählen gab, bemühte er sich, wirtschaftlich das Maximum aus seinen Figuren herauszuholen. Was funktionierte, behielt er bei, bis es nicht mehr funktionierte. Was gar nicht erst funktionierte, verwarf er ohne Sentimentalität.

Absagen wurmten ihn als Kritik an seinem Können und Talent; sie machten ihm nicht zu schaffen, weil er übermäßig an seinen Charakteren hing. Das ist vielleicht unromantisch, doch völlig verständlich. Aus seiner Sicht musste er vom Schreiben leben können. Seine Geschichten mussten Geld einbringen. Er hatte weder die Zeit noch die Ressourcen, sich den Luxus erlauben zu können, diese mit Konzepten zu verplempern, die nicht erfolgreich waren. Konzepte, die sich hingegen rentierten und bei den Pulps Zuspruch fanden, molk er, bis die Quelle seiner Fantasie versiegte. Im Lauf seiner Karriere etablierte er so mehrere Charaktere als Serienfiguren, die ihm ein regelmäßiges Einkommen garantierten.

Kull gehörte leider noch nicht dazu. Von den sechs zusätzlichen Geschichten, die Robert verfasste, kaufte Wright für Weird Tales lediglich eine weitere: „The Mirrors of Tuzun Thune“. Der Rest blieb bis nach seinem Tod unveröffentlicht. Die Ausnahme war „By This Axe I Rule!“, die er auf andere Weise in seine Veröffentlichungen integrierte. Dazu später mehr.

Ende 1927 war Robert die Zahlungsmodalitäten von Weird Tales ohnehin leid. Um seinem Vater zu beweisen, dass die Schriftstellerei lukrativ sein konnte, musste er seine Geschichten in anderen Magazinen unterbringen, die nicht erst bei Veröffentlichung und somit mit monatelangem Verzug zahlten, sondern bei Annahme. Daher arbeitete er an einer längeren Erzählung, die eher zu Argosy passte.

„Solomon Kane“ schildert die Abenteuer eines puritanischen Schwertkämpfers im 16. Jahrhundert und war das erste Stück der Sword and Sorcery, das die Öffentlichkeit zu sehen bekam („The Shadow Kingdom“ brachte Weird Tales erst 1929). Robert schickte die Geschichte an Argosy. Das Magazin lehnte sie im Februar 1928 ab, sandte jedoch einen aufmunternden Brief des Herausgebers mit dem Manuskript zurück, in dem dieser einige Änderungen vorschlug. Robert entschied wahrscheinlich aus finanziellen Gründen, keinen zweiten Anlauf zu wagen und schickte „Solomon Kane“ stattdessen an Weird Tales, wo sie einen Monat später akzeptiert wurde.

Wright änderte den Titel in „Red Shadows“ und ließ sie in der August-Ausgabe drucken, für die Verhältnisse des Magazins ziemlich rasch nach Annahme. Robert erhielt dafür $80. Parallel begannen Schecks von früheren Abgaben einzutrudeln. Im September war er für acht seiner Werke bezahlt worden, wartete auf weitere Schecks und musste sich endlich keine Sorgen mehr darum machen, einen Nebenjob annehmen zu müssen.

Foto von Robert E. Howard (vermutlich 1920er Jahre)

Robert E. Howard (vermutlich 1920er Jahre), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

1928 war eine Experimentierphase für Robert. Er versuchte, Argosy zu knacken und darüber hinaus bei Ghost Stories und dem neugegründeten Fight Stories zu erscheinen, hatte aber kein Glück. Im Frühling ließ er sich auf eine Zusammenarbeit mit seinem Kindheitsfreund Fowler Grafford ein. Dieser hatte einen Westernroman namens „West of the Rio Grande“ geschrieben, der sich einfach nicht verkaufen ließ. Robert sollte das Manuskript überarbeiten, Actionszenen hinzufügen und Graffords Erzählstil etwas kompakter gestalten. Nun, es gab wohl Gründe dafür, dass „West of the Rio Grande“ keinen Verleger fand.

Die Überarbeitung kostete Robert Monate und lohnte sich nicht; weiterhin hatte kein Verlag Interesse an dem Buch. Ähnlich erfolglos blieb sein Versuch, eine Sammlung seiner Gedichte mit dem Titel „Singer in the Shadows“ zu verkaufen, ebenso wie seine Ausflüge in die realistische Fiktion, darunter der autobiografisch angehauchte Roman „Post Oaks and Sand Roughs“.

Zusätzlich weist ein Brief an Tevis Clyde Smith vom November 1928 darauf hin, dass Roberts Beziehung zu seinen Mitmenschen in Cross Plains einen Tiefpunkt erreicht hatte. Er schrieb bitter und zornig „God damn their souls to Hell“ und beschwerte sich, dass sie ihn nicht verstanden. Das angespannte Verhältnis hatte sogar Auswirkungen auf seine Familie. Seine Mutter beendete die Freundschaft mit den benachbarten Butlers, weil Mrs. Butler sich über Roberts Singerei, das Klappern der Schreibmaschine und das laute, fast geschriene Vorlesen seiner Texte zu jeder Tag- und Nachtzeit beklagte.

An dieser Stelle sollte ich einschieben, dass Roberts Selbstwahrnehmung als Außenseiter in seiner Gemeinde vermutlich ein wenig einseitig war. Es mag stimmen, dass die wenigsten Einwohner_innen in Cross Plains wirklich begriffen, womit der junge Howard sein Geld verdiente, sich über sein Verhalten wunderten und er Gegenstand des städtischen Klatsches und Tratsches war. Nichtsdestotrotz erläutert Mark Finn, dass Robert entsprechend der Erziehung seiner Mutter im Gespräch freundlich und höflich war und sich besonders die männliche Bevölkerung an ihn als nett, hilfsbereit, athletisch und begeisterungsfähig erinnerte.

Er scheint nicht geschnitten oder offen beleidigt und angegriffen worden zu sein. Es ist möglich, dass Robert unschuldige, wohlgemeinte Kommentare oder Nachfragen in den falschen Hals bekam. Ihm war eben nicht egal, was Cross Plains von ihm hielt und die Unterstellung, er würde keinem ordentlichen Beruf nachgehen, muss an ihm genagt haben, so arglos sie vielleicht auch daherkam (zum Beispiel in Form von Hinweisen auf freie Stellen).

Eventuell war der längere Western „Drums of the Sunset“, den er für $20 an die Cross Plains Review verkaufte, ein Versuch, seinen Nachbar_innen zu zeigen, was er tat, denn mit dieser Geschichte kam er ihrem Geschmack und Verständnishorizont eindeutig entgegen. Ich denke, er wünschte sich die Anerkennung seiner Heimatstadt. Ob seine Taktik aufging, ist nicht bekannt.

Nach dieser etwas schwerfälligen Phase ging es für Robert professionell wieder bergauf. Ende November erhielt er endlich eine Zusage von Ghost Stories (Mark Finn erwähnt leider nicht, für welche Geschichte) und bereits kurz darauf traf der versprochene Scheck über $95 ein. So hatte sich der aufstrebende Autor das vorgestellt. Isaac Howard war nun auch überzeugt und fing an, mit seinem erfolgreichen Sohn anzugeben. Eine Karriere als Buchhalter wurde nie wieder angesprochen.

Für Robert war diese Platzierung wichtig, um sich selbst zu beweisen, dass er sich auch andere Märkte als Weird Tales erschließen konnte. Ghost Stories wurde jedoch nicht zu einem permanenten Standbein. Diesen Titel verdient ein anderes Magazin, durch das Robert über ein Thema schreiben konnte, das er kannte und das ihm vielleicht mehr am Herzen lag als jedes andere: Das Box-Pulp Fight Stories.

Robert E. Howard und das Boxen

Foto von Robert E. Howard als boxender Teenager

Robert E. Howard als boxender Teenager (Jahr unbekannt) vor dem Haus der Familie in Cross Plains, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Boxen war zu Lebzeiten von Robert E. Howard ein sehr beliebter und prestigeträchtiger Sport. Er war sogar populärer als Football. Robert war bereits als Kind daran interessiert und boxte seit seiner frühen Jugend zum Spaß mit seinen Freunden. Mit 18 begann er, systematisch zu trainieren und wuchs von einem großen, schlaksigen Teenager zu einem muskulösen, kräftigen jungen Mann heran. Sein Sportprogramm war rigoros. Fitnessstudios gab es natürlich noch nicht, also nutzte er alles, was ihm in seiner Umgebung zur Verfügung stand: Er spaltete Holz, machte Klimmzüge, stemmte Gewichte und verausgabte sich am Boxsack (eventuell selbst gebaut).

Irgendwann fragte ihn sein Vater, warum er sich das alles eigentlich zumutete. Laut Dr. Howard antwortete sein Sohn, dass er als Kind drangsaliert worden sei und er das Bodybuilding betrieb, um sich jetzt verteidigen zu können (er verwendete wesentlich drastischere Worte – typisch Texaner). Hm. Wurde Robert als Kind also gemobbt?

Mark Finn schreibt, diese Frage sei umstritten. In Roberts Briefen finden sich Hinweise darauf, dass dies tatsächlich der Fall war und Tevis Clyde Smith erinnerte sich daran, dass ihm sein Freund erzählt hatte, er habe sich als Junge nicht vom Grundstück seiner Familie getraut, weil ältere Kinder ihn geärgert hätten. Dagegen spricht jedoch, dass er körperlich stets recht eindrucksvoll war und leicht Freundschaften schloss. Robert beschrieb auch niemals spezifische Vorfälle, jedenfalls nicht in den Dokumenten, die erhalten sind. Kurz gesagt: Wir wissen es nicht.

Foto von Robert E. Howard als boxender Teenager

Robert E. Howard als boxender Teenager (Jahr unbekannt) vor dem Haus der Familie in Cross Plains, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Ob sein Training nun eine Reaktion auf schmerzhafte Kindheitserinnerungen war oder nicht, beim Boxen halfen ihm seine Fitness und Stärke definitiv. Wie bereits erwähnt, begann er irgendwann zwischen 1926 und 1927 im Neeb Ice House gegen die Ölfeldarbeiter anzutreten und hielt sich gut. Er verfolgte dieses Hobby, bis er 1931 plötzlich ausstieg. Mark Finn glaubt, der Grund dafür war seine schriftstellerische Karriere, ich kann mir allerdings vorstellen, dass auch die zunehmend intensive Pflege seiner kranken Mutter ein Faktor war, denn da er von zu Hause aus arbeitete, schien Isaac von ihm er erwarten, dass er sich um Hester kümmerte.

Trotz dieser Wendung in seinem Leben besteht kein Zweifel daran, dass Robert das Boxen liebte. Er äußerte bei einigen Gelegenheiten, dass er lieber Profiboxer als Schriftsteller geworden wäre, wäre da nicht sein schwaches Herz, das unter Stress zu rasen begann. Er verfolgte Publikationen, die sich mit dem Sport befassten und war ein aufmerksamer Leser des Magazins „The Ring“, dem er sogar einen Leserbrief mit einer Liste der seiner Meinung nach besten Schwergewichtsboxer aller Zeiten schickte.

Aus dieser Auflistung wird deutlich, dass Robert mit sogenannten Iron Men sympathisierte – Boxer, die sehr viele Treffer einstecken konnten, ohne k.o. zu gehen. Diese Präferenz ist nicht überraschend, schließlich tendierte er im Ring selbst zum Iron Man und war auch in anderen Bereichen fähig, Rückschläge zu verkraften, ohne aufzugeben. Seine Karriere in den Pulp Magazinen war im Grunde eine einzige große Übung in Durchhaltewillen, Disziplin und Hartnäckigkeit.

Foto eines freundschaftlichen Boxkampfs zwischen Robert E. Howard und Dave Lee

Robert E. Howard & Dave Lee (vermutlich 1920er Jahre), als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Als Fight Stories 1928 auf den Markt kam, versuchte Robert sofort, herauszufinden, welche Geschichten das Pulp akzeptierte. Er schrieb in diesem Jahr mindestens drei Boxer-Erzählungen: „The Spirit of Tom Molyneaux“, „The Right Hook” und „The Weepin’ Willow”. Alle drei wurden ursprünglich abgelehnt; „The Spirit of Tom Molyneaux“ konnte er aber immerhin noch unter dem neuen Titel „The Apparition in the Prize Ring“ bei Ghost Stories unterbringen. Er probierte es mit einer Fortsetzung, „Double Cross“, schickte diese offenbar jedoch niemals ab. Im April 1929 verkaufte er eine weitere Boxer-Geschichte an Argosy, womit er endlich erstmals in diesem Magazin erschien. Er musste „Crowd Horror“ drastisch einkürzen und erhielt für die finale Version $100.

Parallel dazu erreichte ihn die Nachricht, dass ihm Einlass bei Fight Stories gewährt wurde: Sie kauften „The Pit of the Serpent“. Es war meiner Meinung nach ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis Robert und Fight Stories zueinander fanden, weil er wie gemacht dafür war, für dieses Pulp zu schreiben.

Mit „The Pit of the Serpent“ gelang ihm allerdings gleich zu Beginn ihrer Zusammenarbeit ein Meisterstreich. Sie handelt von dem Seemann und Boxchampion Steve Costigan, dessen humoristische, Slapstick-geprägte Abenteuer so gut bei den Leser_innen ankamen, dass Robert ihn als Serienfigur für Fight Stories (mit gelegentlichen Gastauftritten in Action Stories) aufbauen konnte. Costigan entwickelte sich zu einem Dauerbrenner, der regelmäßig Schecks produzierte.

Obwohl Robert die Genre-Pulps fleißig mit Geschichten aus dem Boxer-Milieu versorgte, hinderte ihn das nicht daran, weiter für Weird Tales zu schreiben. Im Oktober 1929 begann das Magazin, „Skull-Face“ als Serie zu drucken. Das war damals nicht unüblich; längere Geschichten wurden gern mal aufgeteilt und über mehrere Ausgaben gestreckt. Entsprechend hoch war der Verdienst. Weird Tales zahlte $300. Robert untersuchte darin abermals das Motiv von Zivilisation gegen Barbarei.

Was mich daran erheitert, ist der Name des Helden: Steve Costigan, nicht zu verwechseln mit dem Boxer Steve Costigan. Robert E. Howard war nie sensationell kreativ mit den Namen seiner Figuren, er verwendete einige mehrfach oder in geringer Variation. Da fragt man sich, ob das die Grenze seiner scheinbar doch nicht uneingeschränkten Fantasie darstellte.

Stunk im Hause Howard

Finanziell ging es Robert 1929 durch die zuverlässig und reichlich eintreffenden Schecks demzufolge gut – privat hing der Haussegen bei den Howards hingegen schief. Aus einem nicht näher erläuterten Grund hatte die Familie wieder einmal Untermieter aufgenommen. Das hatten sie in der Vergangenheit bereits öfter getan, Mark Finn erklärt nur leider niemals, wieso. Ich nehme an, dass die Mietzahlungen als Zuschuss gedacht waren, doch angesichts des vielen Geldes, das Robert 1929 verdiente, ergibt das für mich ohne Kontext wenig Sinn. Ich weiß nicht, wie wohlhabend, abgesichert oder mittellos die Howards insgesamt waren.

Wie dem auch sei, das Haus war voll. Zusätzlich lief die Ehe zwischen Hester und Isaac schon seit Jahren nicht mehr besonders friedlich oder harmonisch. Robert befand sich zwischen Fronten und erlebte garantiert diverse unschöne, unangenehme Szenen. Möglicherweise entschied er deshalb im Juli, das Schlachtfeld zu verlassen und nach Brownwood zu ziehen. Über seinen Aufenthalt dort ist leider nichts bekannt, man weiß nur, dass er im Dezember wieder nach Cross Plains ins Haus seiner Eltern zurückkehrte. Vielleicht war es ein Versuch, endgültig auszuziehen, denn Robert war zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt. Ich schätze, sollte es so gewesen sein, scheiterte das Vorhaben an Hesters beeinträchtigter Gesundheit. Sie brauchte mehr Pflege, als Isaac allein stemmen konnte oder wollte.

Eine Ablenkung von den Konflikten daheim fand Robert in seinem Literaturkreis The Junto. Abgesehen von den generellen Vorteilen des Austauschs mit anderen jungen Intellektuellen wurde sein Werk während des Bestehens der Gruppe bis 1931 vor allem durch die Freundschaft mit Harold Preece beeinflusst. Die beiden teilten eine Leidenschaft für keltische Kultur und Geschichte, die in Roberts Fall zu zahllosen irischen und halbirischen Charakteren und Namen führte.

Wie praktisch, dass Farnsworth Wright ihn ausgerechnet 1930 ansprach, ob er nicht Lust hätte, zu seinem neuen Pulp Magazin Oriental Stories beizutragen, in dem er historische Fiktion über „die Kreuzzüge, Dschingis Khan, Tamerlane (Timur), und die Kriege zwischen Islam und Hinduismus“ publizieren wollte. Robert war Feuer und Flamme und gab sich seinem historischen Interesse voll und ganz hin. In der ersten Ausgabe vom November 1930 erschien seine Geschichte „The Voice of El-Lil“, die im antiken Sumer spielte.

Danach wandte er sich hauptsächlich den Kreuzzügen zu und erfreute die kleine, aber dankbare Leserschaft des dahinstolpernden Magazins mit ungewöhnlich ambivalenten Charakteren. Oriental Stories, das später The Magic Carpet hieß, überlebte die Auswirkungen der Großen Depression nicht und quittierte den Dienst 1934. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Robert jedoch längst zu neuen Ufern aufgemacht.

Header-Bildquellen

  • Wild West – Landschaft: Seita/Shutterstock.com

  • Schwert im Felsen: KUCO/Shutterstock.com

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