Hallo ihr Lieben! đ
Erneut möchte ich den traditionellen Rezensionsdienstag zweckentfremden und hoffe, dass ihr nicht sofort eine entrĂŒstete Petition startet. Heute möchte ich mit euch ĂŒber ein Thema diskutieren, dass mich seit einer Weile beschĂ€ftigt. Genauer: seit dem 10.10.2019. An diesem Tag wurde bekannt gegeben, wer mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wird. Die Verleihung dieses Jahres war ungewöhnlich, weil gleich zwei Personen geehrt wurden. Den Preis fĂŒr 2019 erhielt der Ăsterreicher Peter Handke. ZusĂ€tzlich wurde die Polin Olga Tokarczuk nachtrĂ€glich fĂŒr 2018 gewĂŒrdigt.
Wieso gab es dieses Jahr zwei Verleihungen? Weil die Vergabe letztes Jahr ausgesetzt wurde. Wieso fiel die Vergabe letztes Jahr aus? Die Antwort liegt im komplexen Strudel eines schockierenden Skandals, der die Schwedische Akademie, die den Preis im Auftrag der Nobelstiftung verleiht, ernstlich in Misskredit brachte. Nun sollte man annehmen, ein Jahr spĂ€ter wĂ€re all das bereits kalter Kaffee, doch da die diesjĂ€hrige Auswahl des PreistrĂ€gers Peter Handke gelinde gesagt ebenfalls umstritten ist, wurden die VorfĂ€lle natĂŒrlich abermals aufgekocht. Die Schwedische Akademie umgibt Drama in HĂŒlle und FĂŒlle. Anlass fĂŒr mich, mir unbequeme Fragen zu stellen. Ist der Literaturnobelpreis ĂŒberhaupt noch zeitgemĂ€Ă? Ist die Verleihung noch immer angemessen oder ist sie ĂŒberholt, ein Relikt, das sich lĂ€ngst selbst ĂŒberlebt hat?
Diese Punkte werden wir heute und in den nĂ€chsten Tagen diskutieren. DafĂŒr werde ich euch tief in die Materie einfĂŒhren; wir werden die Entwicklung des Literaturnobelpreises vom legendĂ€ren Testament von Alfred Nobel bis zu seiner aktuellen Ausrichtung betrachten, die Auswahlmechanismen hinterfragen, die mögliche Kandidat_innen nominieren, den empörenden Skandal um die Schwedische Akademie aufschlĂŒsseln und die bisherigen PreistrĂ€ger_innen analysieren, mit einem speziellen Augenmerk auf die diesjĂ€hrige Ehrung von Peter Handke. Ihr seht, wir haben viel vor, also macht es euch bequem, holt euch ein paar Snacks und schon starten wir mit unserer Untersuchung des Literaturnobelpreises!
Erbschaft mit Folgen
Alfred Bernhard Nobel wurde am 21. Oktober 1833 im schwedischen Stockholm geboren. WĂ€hrend seiner Lebenszeit war er ein angesehener Chemiker und Erfinder, der 355 Patente erteilte. Er starb am 10. Dezember 1896 in Italien. Er hatte keine Kinder, deshalb verfasste er ein Jahr vor seinem Tod ein Testament, das festlegte, dass der GroĂteil seines erheblichen Vermögens (ca. 94%) von etwa 31,2 Millionen Kronen in eine Stiftung flieĂen sollte, die jĂ€hrlich diejenigen ehren sollte, die im vergangenen Jahr den gröĂten Gewinn fĂŒr die Menschheit errungen hatten.
Die Auszeichnung sollte gleichmĂ€Ăig auf fĂŒnf Felder aufgeteilt werden: ein Teil fĂŒr die Person, die die wichtigste Entdeckung im Bereich der Physik gemacht hatte; ein Teil fĂŒr die Person, die die wichtigste chemische Entdeckung oder Verbesserung ermöglicht hatte; ein Teil fĂŒr die Person, die die wichtigste Entdeckung in den Disziplinen Physiologie oder Medizin realisiert hatte; ein Teil fĂŒr die Person, die im Bereich der Literatur das herausragendste idealistische Werk geschaffen hatte und ein Teil fĂŒr die Person, die am meisten fĂŒr VölkerverstĂ€ndigung, die Abschaffung oder Reduzierung stehender Heere und die Einrichtung und Bewerbung von Friedenskongressen getan hatte. Die Preise fĂŒr Physik und Chemie sollten von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm verliehen werden; die Verleihung des Preises fĂŒr Physiologie oder Medizin sollte dem Karolinska-Institut ĂŒbertragen werden; die Auszeichnung fĂŒr Literatur sollte die Schwedische Akademie ĂŒbernehmen und die Ehrung fĂŒr Friedensstreiter sollte dem norwegischen Storting zufallen, dem norwegischen Parlament in Oslo. Nobel bestimmte ausdrĂŒcklich, dass die NationalitĂ€t bei der Auswahl der PreistrĂ€ger_innen keine Rolle spielen sollte. Es sollten die wĂŒrdigsten Personen ausgezeichnet werden, unabhĂ€ngig davon, ob es sich um Skandinavier_innen handelte oder nicht. Den entsprechenden Absatz seines Testaments in Englisch könnt ihr hier nachlesen:
âAll of my remaining realisable assets are to be disbursed as follows: the capital, converted to safe securities by my executors, is to constitute a fund, the interest on which is to be distributed annually as prizes to those who, during the preceding year, have conferred the greatest benefit to humankind. The interest is to be divided into five equal parts and distributed as follows: one part to the person who made the most important discovery or invention in the field of physics; one part to the person who made the most important chemical discovery or improvement; one part to the person who made the most important discovery within the domain of physiology or medicine; one part to the person who, in the field of literature, produced the most outstanding work in an idealistic direction; and one part to the person who has done the most or best to advance fellowship among nations, the abolition or reduction of standing armies, and the establishment and promotion of peace congresses. The prizes for physics and chemistry are to be awarded by the Swedish Academy of Sciences; that for physiological or medical achievements by the Karolinska Institute in Stockholm; that for literature by the Academy in Stockholm; and that for champions of peace by a committee of five persons to be selected by the Norwegian Storting. It is my express wish that when awarding the prizes, no consideration be given to nationality, but that the prize be awarded to the worthiest person, whether or not they are Scandinavian.â
(Auszug aus dem vollstÀndigen Testament von Alfred Bernhard Nobel, von der offiziellen Website des Nobelpreises, abgerufen am 09.11.2019 um 13:13 Uhr: https://www.nobelprize.org/alfred-nobel/full-text-of-alfred-nobels-will-2/)
Es ist nicht belegt, wieso Alfred Nobel sich entschied, mit dem GroĂteil seines hinterlassenen Geldes die GrĂŒndung einer Stiftung zu veranlassen. Zeugen zufolge soll er bei der Testamentsunterzeichnung geĂ€uĂert haben, er wolle Wissenschaftler_innen honorieren, weil diese hĂ€ufig mit wirtschaftlichem Gegenwind zu kĂ€mpfen hĂ€tten. Eine andere Theorie behauptet, er habe ein schlechtes Gewissen gehabt, weil seine Erfindungen zu Kriegszwecken verwendet wurden und er RĂŒstungsunternehmen besaĂ. Allerdings hinkt dieses Argument insofern, dass er den Kriegseinsatz seiner Erfindungen gar nicht mehr erlebte. Ich nehme an, dass beide GrĂŒnde eine Rolle spielten. Nobel war Wissenschaftler, er wusste, wie schwierig es war, Forschung zu finanzieren. DarĂŒber hinaus war er ein kluger Mann; er hatte sicherlich keine Illusionen hinsichtlich des zerstörerischen Potentials seiner Erfindungen, darunter das Dynamit und die Sprenggelatine.
Was auch immer ihn motivierte, seine Hinterlassenschaft einer Stiftung zuzusprechen, eines sollte hier bereits deutlich werden: die Nobelpreise waren von Anfang an als finanzielle Auszeichnungen definiert. NatĂŒrlich sollten die PreistrĂ€ger_innen aufgrund idealistischer Aspekte ausgewĂ€hlt werden, schlieĂlich lĂ€sst die Formulierung âmost importantâ in seinem Testament keine Zweifel offen, dass er diejenigen ehren wollte, die den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und multikulturellen Fortschritt förderten. Doch abgesehen vom Prestige, das mit dieser Auszeichnung verbunden ist, dem Erhalt einer hĂŒbschen Medaille aus Gold sowie einer Urkunde, handelt es sich bei den Nobelpreisen primĂ€r um eine finanzielle Zuwendung. 2019 erhielten die PreistrĂ€ger_innen umgerechnet etwa 831.000 Euro (9 Millionen schwedische Kronen). Eine Menge Schotter. In der Forschung von Physik, Chemie, Medizin und in der Realisierung globaler Friedensprojekte ist dieses Geld garantiert gut angelegt. Aber zu welchem Zweck erhalten eigentlich die PreistrĂ€ger_innen des Literaturnobelpreises diese gewaltige Summe?
Wer das Testament von Alfred Nobel liest, muss feststellen, dass die Bedingungen fĂŒr die Verleihung der Preise ungenĂŒgend formuliert sind. In der Praxis reicht es nicht aus, dass der Erfinder verlangte, die Personen auszuzeichnen, denen die wichtigsten Entdeckungen oder Errungenschaften in ihrem Bereich gelungen sind, unabhĂ€ngig von ihrer NationalitĂ€t, denn diese Vorgabe trifft keine Aussagen ĂŒber Nominierungs- und Auswahlprozess. Ebenso verzichtete Nobel darauf, die Organisationsstruktur der zukĂŒnftigen Stiftung festzulegen. Dadurch entstanden bei der GrĂŒndung der Nobelstiftung diverse rechtliche Probleme, weshalb diese erst 1900, also vier Jahre nach Nobels Tod, errichtet wurde. AnlĂ€sslich der Errichtung bestimmte der schwedische König Oscar II. per Dekret die Statuten, nach denen die Stiftung agieren soll und die darĂŒber hinaus den Vergabeprozess der Preise regeln. Die Statuten können angepasst werden; dafĂŒr bedarf es allerdings eines Vorschlags von einem der Preisvergabekomitees oder von einem der Stiftungsvorstandsmitglieder.
Die rechtlich bindenden Statuten der Nobelstiftung sind gar nicht so kompliziert. Dennoch habe ich beschlossen, hier lediglich diejenigen Paragrafen zu erwĂ€hnen, die fĂŒr das VerstĂ€ndnis des Skandals um die Schwedische Akademie und die Vergabe des Literaturnobelpreises von Belang sind. Die Organisation der Stiftung bis ins Detail aufzuschlĂŒsseln, wĂŒrde zu weit fĂŒhren.
Die Nobelstiftung wird von einem Aufsichtsrat geleitet, der aus sieben Mitgliedern besteht und mit vier Mitgliedern beschlussfĂ€hig ist. Diese mĂŒssen schwedische oder norwegische StaatsbĂŒrger_innen sein und werden von BevollmĂ€chtigten der preisverleihenden Einrichtungen gewĂ€hlt. Es gibt insgesamt 15 BevollmĂ€chtigte, die von den Einrichtungen selbst fĂŒr zwei Kalenderjahre ernannt werden. FĂŒr eine beschlussfĂ€hige Mehrheit sind neun BevollmĂ€chtigte nötig. Die BevollmĂ€chtigten agieren als BrĂŒcke zwischen der Nobelstiftung und den Nobelkomitees der Akademien, die diese einzurichten haben. Ein Nobelkomitee setzt sich aus drei bis fĂŒnf Mitgliedern der jeweiligen Institution zusammen, kann falls nötig jedoch durch externe Expert_innen erweitert werden.
WĂ€hrend die Nobelkomitees primĂ€r mit der Auswahl der PreistrĂ€ger_innen betraut sind, kĂŒmmert sich der Aufsichtsrat um die Verwaltung der Stiftung, vor allem in finanzieller Hinsicht, und legt beispielsweise fest, wie viel Geld den Institutionen fĂŒr den Vergabeprozess zur VerfĂŒgung steht. Die BevollmĂ€chtigten wiederum bestimmen die GehĂ€lter der Aufsichtsratsmitglieder und können diese auch entlassen.
Um die Struktur der Stiftung verstÀndlicher zu gestalten, habe ich euch ein kleines Schaubild gebastelt, das diese darstellt, wie ich sie interpretiere:

Die Statuten regeln nicht nur die Organisation der Nobelstiftung, sie legen auch fest, wie Nominierungs- und Vergabeprozedur abzulaufen haben. Ich fasse die wichtigsten Punkte fĂŒr euch zusammen:
1. Die Preise werden an die jĂŒngsten Errungenschaften des jeweiligen Bereichs vergeben. (Die Auslegung von Nobels testamentarischer Anforderung, die Personen auszuzeichnen, die âim letzten Jahrâ die wichtigsten Erfolge erzielten.)
2. Um fĂŒr die Vergabe in Frage zu kommen, muss eine Arbeit publiziert sein.
3. Verstorbene Personen kommen fĂŒr die Vergabe nicht in Frage. Verstirbt ein_e Gewinner_in jedoch, bevor der Preis verliehen werden konnte, wird diese Person dennoch ausgezeichnet.
4. Eine Arbeit darf nur dann ausgezeichnet werden, wenn ihre QualitÀt und Bedeutsamkeit durch fachliche Expertise bestÀtigt wurde.
5. Ein Preis darf nur nach einer Nominierung durch eine Person, die ĂŒber die nötige Kompetenz verfĂŒgt, vergeben werden. Persönliche Bewerbungen werden nicht berĂŒcksichtigt.
6. Sollte keine Arbeit vorliegen, die den testamentarischen QualitĂ€tsansprĂŒchen gerecht wird, kann die Verleihung fĂŒr ein Jahr ausgesetzt und nachtrĂ€glich im folgenden Jahr durchgefĂŒhrt werden. Das Preisgeld wird reserviert. Sollte sich dies im folgenden Jahr wiederholen, flieĂt das Preisgeld zurĂŒck in das Vermögen der Stiftung.
7. Lehnt ein_e Gewinner_in den Preis ab oder versĂ€umt es, den Scheck ĂŒber das Preisgeld einzulösen, flieĂt das Preisgeld in das Vermögen der Stiftung zurĂŒck.
8. Die Entscheidungen der Nobelkomitees sind nicht anfechtbar.
9. Die komplette Nominierungs- und Vergabeprozedur unterliegen fĂŒr 50 Jahre der Geheimhaltung.
AuĂerdem ist festgehalten, dass sich der Begriff âLiteraturâ nicht ausschlieĂlich auf âBelles Lettresâ (ein veralteter Ausdruck fĂŒr Belletristik) bezieht, sondern auch auf alle anderen Werke, die aufgrund ihrer Form und ihres Stils literarischen Wert enthalten. Die Formulierung âliterarischer Wertâ ist nicht definiert.
ZusĂ€tzlich zu diesen allgemeinen Vorgaben existieren separate Statuten fĂŒr jede einzelne der preisverleihenden Einrichtungen. Da uns hier lediglich der Literaturnobelpreis interessieren soll, schauen wir uns die Statuten der Schwedischen Akademie an (wieder zusammengefasst):
1. Das Recht zur Nominierung ist Personen vorbehalten, die Mitglieder der Schwedischen Akademie oder Ă€hnlicher Akademien, Institutionen und Gesellschaften sind, Professor_innen der Literatur und Linguistik, frĂŒheren LiteraturnobelpreistrĂ€ger_innen und Vorsitzenden von SchriftstellerverbĂ€nden, die die Literatur ihres jeweiligen Landes reprĂ€sentieren.
2. Die Nobelstiftung finanziert die Nobelbibliothek der Schwedischen Akademie, die die Vergabe des Literaturnobelpreises unterstĂŒtzen soll.
3. Mitglieder der Akademie, die auĂerhalb von Stockholm leben und nicht persönlich anwesend sein können, sollen Wahlunterlagen fĂŒr die Ernennung der BevollmĂ€chtigten (s. oben) einreichen. Möchten diese Mitglieder an Entscheidungen die Vergabe des Preises betreffend teilnehmen, steht ihnen eine Erstattung ihrer Reisekosten zu, deren Höhe die Akademie festlegt.
Das warâs. Das sind die gesamten offiziellen Richtlinien, die die Vergabe des Literaturnobelpreises direkt betreffen. Nicht viel, oder?
Was hier nicht erwĂ€hnt wird, ist, dass das Nobelkomitee fĂŒr Literatur im September des Vorjahres 600 bis 700 nominierungsberechtigte Personen (wie oben definiert) anschreibt und um VorschlĂ€ge bittet. Aus diesen VorschlĂ€gen, die bis zum 31. Januar eingehen mĂŒssen, wird dann in einem recht aufwendigen Prozess zwischen Nobelkomitee und Schwedischer Akademie eine immer kleinere Liste möglicher Kandidat_innen erarbeitet. Ist diese Auswahl auf eine Shortlist mit fĂŒnf Optionen reduziert, nutzt das Komitee den Sommer, um das Werk aller potenzieller PreistrĂ€ger_innen kennenzulernen. Im September werden diese diskutiert und im Oktober folgt schlussendlich die alles entscheidende Abstimmung, fĂŒr die eine einfache Mehrheit ausreicht. Der Name des PreistrĂ€gers oder der PreistrĂ€gerin wird anschlieĂend bekannt gegeben; alle ĂŒbrigen Kandidat_innen unterliegen der oben erwĂ€hnten 50-jĂ€hrigen Geheimhaltungspflicht. Tadaaa, wir haben einen/eine LiteraturnobelpreistrĂ€ger_in.
So funktioniert das also. Fassen wir noch einmal zusammen, bevor wir uns dem unerhörten Skandal widmen, der der Schwedischen Akademie beinahe das Genick brach.
Was haben wir gelernt?
Wir wissen nun, dass Alfred Nobels Testament seine WĂŒnsche nicht sehr prĂ€zise wiedergab, weshalb anlĂ€sslich der GrĂŒndung der Stiftung Statuten erlassen werden mussten, die Preisvergabe und Struktur der Stiftung regeln. Heute ist die Nobelstiftung ein einwandfreies Wirtschaftsunternehmen, dessen Aufsichtsrat fleiĂig daran arbeitet, das (erhebliche) verfĂŒgbare Vermögen zu mehren. Der Aufsichtsrat wird durch BevollmĂ€chtigte der preisverleihenden Institutionen (und externe Auditoren) kontrolliert und legt fest, wie viel Geld diese Institutionen fĂŒr den gesamten Vergabeprozess ausgeben dĂŒrfen. In den Institutionen werden Nobelkomitees eingerichtet. Im Falle des Literaturnobelpreises erhĂ€lt das Komitee VorschlĂ€ge, aus denen es den PreistrĂ€ger oder die PreistrĂ€gerin auswĂ€hlt. Diese mĂŒssen lebendig sein, ihre Arbeit muss aktuell sein, publiziert vorliegen und einer QualitĂ€tsprĂŒfung durch Expert_innen standhalten. Expert_innen sind als Mitglieder der Schwedischen Akademie und Ă€hnlicher Institutionen, Literatur- und Linguistikprofessor_innen, frĂŒhere LiteraturnobelpreistrĂ€ger_innen und Vorsitzende von SchriftstellerverbĂ€nden definiert. Die Details der Vergabeprozedur sind geheim und werden fĂŒr 50 Jahre unter Verschluss gehalten. Die Entscheidungen der Nobelkomitees können nicht angefochten werden.
Solltet ihr euch fragen, warum ich die Richtlinien nicht gleich so schön und knapp formuliert und euch stattdessen mit dieser ellenlangen Hintergrundrecherche (und einem Schaubild!) gequĂ€lt habe â keine Sorge, das ist durchaus begrĂŒndet. Ihr mĂŒsst wissen, wie die Nobelstiftung funktioniert und mit der Schwedischen Akademie zusammenarbeitet, um die AusmaĂe und Konsequenzen des Skandals zu verstehen. Erst jetzt können wir ans Eingemachte gehen. Ich gebe euch eine Nacht, um ĂŒber die Fakten zu schlafen und morgen wird es dann ernst. Morgen suhlen wir uns im Schmutz.
Alles Liebe,
Elli â€ïž
Okay, ich bin gespannt!
Wow, ich bin jetzt schon schwer beeindruckt und gespannt auf die Fortsetzung!
„In der Forschung von Physik, Chemie, Medizin und in der Realisierung globaler Friedensprojekte ist dieses Geld garantiert gut angelegt. Aber zu welchem Zweck erhalten eigentlich die PreistrĂ€ger_innen des Literaturnobelpreises diese gewaltige Summe?“
Ich wage die Behauptung, dass bei den Physik-, Chemie-, Medizin- und FriedensnobelpreistrÀgern das Preisgeld auch eher bei den PreistrÀgern verbleibt und nicht in die Forschung investiert wird, oder!?
Auf den Skandal-Beitrag bin ich auch schon gespannt, vielleicht erfahre ich da ja noch Informationen, die mir seinerzeit entgangen sind. :-)
Ich denke auch, dass sie im Prinzip damit machen, was sie wollen. Es ist eine Anerkennung ihrer Arbeit und nicht des Instituts, fĂŒr das sie arbeiten / in dem sie arbeiten… Die könnten sich sogar den Tesla Cybertruck davon kaufen ;-)
Dieses Ding, das, wĂŒrde man ein MG oben draufschrauben, ein bisschen aussieht wie ein „Warthog“ aus „Halo“? Nichts gegen Tesla, aber … ;-)
Haha, ich finde, es sieht aus, als wĂ€re es „Minecraft“ entsprungen ;-)
In „Minecraft“ gibt es Warthogs …? ;-)
Nein (glaube nicht, spiele das nicht), aber viele eckige Teile :D
Rein rechtlich sind sie dazu natĂŒrlich nicht verpflichtet, was auch wieder daran liegt, dass Nobel nicht konkret wurde. Trotzdem glaube ich, er plante, dass das Geld reinvestiert wird und genau da liegt fĂŒr mich die Diskrepanz, weil das in der Literatur eben nicht implizit ist.
LG
Elli
Was aber auch vermutlich daran lag, dass es zu Nobels Zeiten in der Forschung noch etwas anders aussah als heutzutage. Heute mĂŒsste es der PreistrĂ€ger wohl ĂŒber zig Ecken irgendwie spenden und dann wĂŒrde das dem Steuerberater nicht gefallen,…
Absolut richtig, wir sprechen hier ĂŒber eine andere Zeit. Nobel und die Stiftung vertrauten stark darauf, dass sich alle Involvierten ehrenhaft verhalten. DarĂŒber sprechen wir morgen noch mal. ;)
Vielleicht bin ich da ein bisschen naiv, aber ich glaube schon, dass es reinvestiert wird. Doch selbst wenn das nicht der Fall ist, kann man davon ausgehen, dass Nobel das Preisgeld mit genau diesem Gedanken festlegte, weil er ja sagte, er will Wissenschaftler_innen helfen, die mit wirtschaftlichem Gegenwind kĂ€mpfen. Wie er sich das fĂŒr die Literatur gedacht hat, ist hingegen völlig unklar.
Na ich hoffe es doch, ich will dich ja nicht langweilen! :D
LG
Elli
Mir sei die Bemerkung gestattet, dass Du mich mit Deinen BetrÀgen noch nie gelangweilt hast! Im Gegenteil, ich weià vieles von dem, was Du schreibst, nicht nur, aber eben auch, wegen der immensen Arbeit zu schÀtzen, die dahintersteckt.
Mag sein, dass Deine Annahme naiv ist, aber gegen ein bisschen NaivitÀt ist erst mal nichts einzuwenden.
Ich dagegen nehme an, dass Nobel mit dem wirtschaftlichen Gegenwind gemeint hat, dass Forschung jeglicher Art eben Geld kostet und man dieses Geld, zumindest wenn man wie damals, ganz im Gegensatz zu heute, nirgendwo fest angestellt ist, und auf eigene Kosten Forschung betreibt, eben irgendwo herbekommen muss.
Was den wirtschaftlichen Gegenwind angeht, so weht dieser aber wohl auch einigen Autoren ins Gesicht. Zugegeben, nicht zwingend den NobelpreistrĂ€gern, die ja durchaus renommierter sind, sonst wĂŒrden sie den Preis nicht bekommen. Dennoch gibt es viele Autoren, die, insbesondere Erstlingswerke, nur deshalb zustande kriegen, weil sie durch Stipendien und Ăhnliches gefördert werden. Und auch ein Tomas Tranströmer, seines Zeichens Lyriker und PreistrĂ€ger 2011, wird mit seinen Veröffentlichungen mutmaĂlich weniger verdienen, als wenn Sebastian Fitzeks neues Buch daraus besteht, dass er den Text von „Hoch auf dem gelben Wagen“ in 300 Sprachen und 12 bunten Farben prĂ€sentiert. ;-)
GrundsĂ€tzlich halte ich aber wenig davon, verschiedene Wissenschaften gegeneinander „auszuspielen“ und die Frage zu stellen, was preiswĂŒrdig ist und was nicht.
Das freut mich natĂŒrlich, es ist schön, wenn gerade so ein arbeitsintensives Projekt geschĂ€tzt wird. :)
Da stimme ich dir zu, Schreiben ist (zumindest anfangs) eine brotlose Kunst. Die Frage, die allerdings unbeantwortet bleiben muss, ist, ob Nobel Literat_innen einbezog, als er ĂŒber den wirtschaftlichen Gegenwind sprach. Er sagte „Wissenschaftler“ und meiner Ansicht nach ist Literatur keine Wissenschaft, sondern Kunst. Meine Meinung spielt hier jedoch keine Rolle, das einzige, was zĂ€hlt, ist Nobels Absicht und die kennen wir eben nicht. Wir wissen nicht, was er wollte, was fĂŒr die Auslegung durchaus problematisch ist. DarĂŒber sprechen wir aber noch mal im groĂen Finale, also gedulde dich noch ein wenig. ;)
Meinst du damit, dass du den Nobelpreis grundsĂ€tzlich kritisch siehst oder meinst du, dass es falsch ist, verschiedene Disziplinen gegeneinander „auszuspielen“ (um mal bei deiner Formulierung zu bleiben)?
Ich sehe den Preis grundsĂ€tzlich gleichberechtigt mit den anderen Fachrichtungen, daher mein Hinweis auf das „ausspielen“.
Gut, Literatur ist in dem Sinne keine Wissenschaft, vielleicht könnte man den Preis dahingehend umgestalten, ihn in Zukunft Literaturwissenschaftlern zukommen zu lassen, Literaturwissenschaften ist schlieĂlich ein anerkanntes Feld.
Ich fĂŒrchte nur, das wĂŒrde abseits der PreistrĂ€gerin oder des PreistrĂ€ger sowie des Kommitees keine Sau interessieren … ;-)
Da gehe ich ganz mit dir konform, aber wie gesagt, wir kommen darauf noch mal zu sprechen, Geduld, Geduld. ;)
Geduld ist keine meiner StĂ€rken … merkt man das!? ;-)