Kathy Reichs – Der Tod kommt wie gerufen

Cover des Buches "Der Tod kommt wie gerufen" von Kathy Reichs

Reihe: Temperance Brennan #11

Autor_in: Kathy Reichs

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 366 Seiten

Verlag: Heyne

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3453434625

Genre: Krimi & Thriller

Ausgelesen: 11.03.2014

Bewertung: ★★★☆☆

In meinem letzten Beitrag zu „Knochen zu Asche“ von Kathy Reichs erteilte ich den Rat, zwischen zwei Bänden der Temperance – Brennan – Reihe einige Zeit verstreichen zu lassen, damit deren starres Gerüst nicht ins Gewicht fällt. Wie dieser Beitrag zeigt, habe ich mich ausnahmsweise nicht an meinen eigenen Rat gehalten und direkt begonnen, Band 11 zu lesen. Ich hatte einfach das Gefühl, mit Tempe noch nicht fertig zu sein und wollte einen weiteren ihrer spannenden Fälle kennenlernen. Es war eine impulsive Entscheidung, die ich zwar glücklicherweise nicht bereut habe, es zeigt sich aber deutlich, dass die zeitliche Nähe Auswirkungen auf meine Einschätzung des elften Bandes hat.

In „Der Tod kommt wie gerufen“ ist Tempe gezwungen, sich mit mehreren Morden in Charlotte, North Carolina, auseinander zu setzen, die allem Anschein nach Ritual – Charakter haben. Zuerst wird in einem Keller ein Altar entdeckt, zu dessen Bestandteilen menschliche sowie tierische Knochen gehören. Kurz darauf taucht an einem Strandabschnitt eine Leiche auf, in deren Haut satanische Symbole geritzt sind. Unglücklicherweise ist es weder Tempe noch den ermittelnden Polizisten möglich, die Funde vor der Presse geheim zu halten; so werden diese zu einem gefundenen Fressen für einen lokalen Politiker, der die Öffentlichkeit kurzerhand zu einer Hetzjagd auf die Täter aufruft. In der aufgeheizten Stimmung muss Tempe nun versuchen, den Opfern einen Namen zu geben und herauszufinden, wer die schrecklichen Taten begangen hat.

Ich werde mich hier nicht erneut zu den Charakteren äußern, da der Leser es mit denselben Protagonisten wie bereits zuvor zu tun bekommt und sich diese nicht verändert haben. Der Handlungsverlauf entspricht natürlich grob dem bereits genannten Rahmen, Tempe begibt sich durch die Ermittlungen erneut in Gefahr. Die Details der Handlung unterscheiden sich jedoch stark von „Knochen zu Asche“.

Kathy Reichs streift in Band 11 der Temperance – Brennan – Serie mehrere alternative Religionen wie den Wicca – Kult, Santería und Palo Mayombe, was ich zwar als sehr interessant empfand, aber bei mir auch den Eindruck hinterließ, dass „Der Tod kommt wie gerufen“ weniger tief und detailliert ausgearbeitet ist als dessen Vorgänger. Reichs streift diese Religionen eben nur, statt intensiver auf sie einzugehen. Dem Hintergrundwissen gestattet sie zu wenig Raum; die Ermittlung ist wesentlich dominanter. Ich fand das schade, da sie an dieser Stelle einiges Potential verschenkt, das den Roman lehrreich hätte auflockern können.

So empfand ich die Aufklärung der Fälle als etwas zu verbissen; eine Tendenz, zu der Tempe als Protagonistin ohnehin neigt. Diese Verbissenheit gipfelt in einer persönlichen Konfrontation zwischen ihr und dem Täter (damit verrate ich sicher nicht zu viel), die ich als völlig unnötig und überflüssig einschätzte. Ich wusste bereits vorher, dass es auf diese Situation hinauslaufen wird, einfach, weil Reichs ihre Romane immer auf diese Weise enden lässt, aber dieses Mal störte es mich. Der direkte Angriff auf Tempe war mir einfach zu weit hergeholt, genau wie ihre permanente Involvierung in die Ermittlungen. Wie stark die freundschaftlichen, kollegialen Bande zwischen ihr und den betreffenden Polizisten auch sein mögen, es erscheint mir nicht realistisch, dass eine forensische Anthropologin zu jeder Hausdurchsuchung und Befragung eingeladen wird. Sie ist eine Spezialistin ohne jegliche polizeiliche Ausbildung, ergo letztendlich auch nur eine Zivilistin, wie wahrscheinlich ist es dann, dass jeder Detective sie diskussionslos in Kontakt mit Verdächtigen kommen lässt?

Ansonsten ist die Handlung natürlich spannend wie eh und je, auch das hatte ich nicht anders erwartet. Tempe bekommt von Reichs einige Male die Gelegenheit, ihre weniger angenehmen Charaktereigenschaften zu zeigen; Situationen, die ich persönlich sehr zu schätzen weiß, da sie die Protagonistin menschlich und real werden lassen. Ich bin stets begeistert, wenn Romanfiguren nicht perfekt sind, sondern auch Fehler haben.

Bis zum nächsten Band der Temperance – Brennan – Reihe werde ich definitiv wieder mehr Zeit verstreichen lassen. Die Ähnlichkeit der Entwicklungen zwischen den einzelnen Romanen ist meines Erachtens nach zu frappierend, als dass ich diese nach einer zeitnahen Lektüre einfach ignorieren könnte. Mein Urteil über „Der Tod kommt wie gerufen“ hat dementsprechend ein wenig darunter gelitten, dass ich direkt davor bereits „Knochen zu Asche“ gelesen habe. Es ist ein guter, solider Thriller, dessen Thematik ich an sich sehr genossen habe und den ich ohne Bedenken weiterempfehlen kann. Man darf von Kathy Reichs anscheinend jedoch nicht erwarten, dass sie von der (offenbar funktionierenden) Struktur ihrer Romane abweicht.

Bewerte diesen Beitrag!